MICHAEL ARENS' SOUL TRAIN - Your monthly Mag for Soul, Funk, RnB, Smooth Jazz & Urban Grooves |
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CD-BESPRECHUNG / CD-REVIEW |
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Various - The Northern Soul Story Vol.1: The Twisted Wheel Various - The Northern Soul Story Vol.2: The Golden Torch Various - The Northern Soul Story Vol.3: Blackpool Mecca Various - The Northern Soul Story Vol.4: Wigan Casino Sony-BMG
Das auch in Deutschland immer beliebter werdende Northern Soul-Phänomen rückt nun langsam auch in den Aufmerksamkeitsradius der hiesigen Musikindustrie. Mit dieser vier CDs umfassenden, gerade für Anfänger und Einsteiger in das Genre repräsentativen Kompilation, springt nun auch Medienriese Sony-BMG auf den Zug auf.
Doch was genau ist eigentlich Northern Soul? Sucht man im Internet oder in Büchern nach einer Definition von Northern Soul wird schnell klar, dass es keine klare, eindeutige Definition gibt. Die Zugehörigkeit eines Stückes in den Bereich wird eigentlich erst durch die Zustimmung der Fans manifestiert. Geprägt hat den Begriff angeblich Journalistenkollege und einer der führenden Soul-Experten Weltweit, der Engländer Dave Godin, der in einem Bericht im renommierten englischen Blues & Soul-Magazine im Jahre 1971 den eigentlichen Begriff erstmalig im Zusammenhang mit der Nordenglischen Clubszene mit entsprechender Musikfarbe benutzte. Und doch: Northern Soul ist Soul Musik, vornehmlich der Sechziger und Siebziger Jahre, obwohl es dem Anschein nach auch neuzeitlichen Northern Soul gibt. Und da geht dann auch die Verwirrung auch los.
Die eigentliche Definition von Northern Soul ist freilich weitaus schwammiger, zugleich für jeden Fan individueller als die anfänglich erwähnte. Tatsächlich ist für die Entscheidung, dass ein Track in die Nische Northern Soul fällt, von so viel mehr als der reinen Musik abhängig. Persönliche Erinnerungen des Fans, Playlisten der wenigen, legendären DJs und/oder der einschlägigen Clubs (wo wir beim Thema der Kompilation um die vier wohl legendärsten Nordenglischen Northern Soul-Clubs der Siebziger Jahre wären) oder Meinungsmache der handvoll Plattenläden der Ära im England der Sechziger und Siebziger Jahre und der Gegenwart. Es geht aber noch diffiziler: Die schlichte geografische Einordnung der Musik durch das Zusammenspiel zwischen Clublandschaft und Musikfarbe. Southern Soul? Niemals, Nur wo Northern Soul auch geografisch nordisch herb ist, ist auch von echtem Northern Soul die Rede.
Das klingt alles bizarr, unlogisch, und, mit einem Augenzwinkern, sogar ein wenig bescheuert. Ist es auch. Denn Northern Soul ist eines auf keinen Fall: Logisch. Northern Soul besteht aus puren Emotionen. Bis ins Mark. Northern Soul ist fast schon ein Lebensstil, eine Philosophie. Und nur so lässt sich eine Kategorisierung vornehmen. Überhaupt gilt die Northern Soul-Gemeinde als Elitär und engstirnig, was ich allerdings aus eigenen Erfahrungen nicht bestätigen kann. Und doch liest man in einschlägigen Kolumnen immer wieder von Aussagen wie: "Ein echter Northern Soul-DJ legt nur Singles auf" (denn: Für „Echte“ Northern Soul-Fans existiert Musik ausschließlich auf Singles…ja genau, die kleinen, runden, schwarzen Dinger mit je einem Song auf Vorder- und Rückseite). "Echte" Northern Soul-Singles werden auf den entsprechenden Börsen hoch gehandelt und erzielen schon mal Preise von 1000 Euro und mehr.
Sofern man die Musik selbst also überhaupt objektiv beschreiben kann, sollte man also zunächst mal von, Northern Soul-Fans mögen es mir verzeihen, "klassischem" Soul aus (überwiegend) Sechziger und Siebziger Jahren sprechen. Vorsichtige Anleihen an Jazz und Blues sind dabei durchaus erwünscht und auch charakteristisch. Der Mainstream-Bekanntheitsgrad der Künstler ist dabei sehr unterschiedlich, wobei, wie bei jeder anderen Musikrichtung, Underground natürlich ein echtes Plus ist.
Die vorliegende Kompilation gibt hier sehr schöne Beispiele: Sogar Stilblüten von Paul Anka, Otis Blackwell oder Taj Mahal (Wigan Casino-Kompilation) wären im Songpool zu finden. Künstler und Acts wie Major Lance, The Trammps, The Ovations, Little Richard (The Golden Torch), Lou Courtney, Patti Austin, Van McCoy, Lou Ragland, Morris Chestnut, Earth, Wind & Fire (Blackpool Mecca) oder James Carr, Oscar Toney, Lee Dorsey, Peaches & Herb, The Vibrations (The Twisted Wheel) sind dabei sicher die größeren Namen, die auch im Soul-Mainstream einen Klang haben.
"The Northern Soul Story Vol. 1-4" wurde mit ausführlichen, interessanten Liner Notes zu jeder einzelnen Clubszene von Northern Soul-Experte Ian Dewhirst versehen. Umfangreiche Infos zu jedem Titel und eine Vielzahl an Fotos sowie ein wunderschönes, dem Stil gerecht werdenden Design von Cover-Edel-Designer The Unknown (www.the-unknown.co.uk) machen die vier CDs zu einem gelungenen Rundumschlag in Sachen Northern Soul. Echte Fans werden Müde gähnen. Für „Allgemeine“ Soul-Fans wie mich und solche, die ihren Soul-, Jazz-, Funk- und Disco-Horizont erweitern möchten und erstmalig in die Welt des Northern Soul eintauchen wollen, ist "The Northern Soul Story Vol. 1-4" allerdings ein Schlaraffenland und eine echte Zeitreise mit fluffigem Heimelig-Faktor.
© Michael Arens
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