MICHAEL ARENS' SOUL TRAIN

 

 

 

 

 

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MICHAEL ARENS' SOUL TRAIN - Your monthly Mag for Soul, Funk, RnB, Smooth Jazz & Urban Grooves

 

kurz vorgestellt... / last minute reviews...

 

 

 

 

 

 

 

Various – General Key Riddim (Oneness Records)

Anthony Cruz - Fight With All Your Might (VP Records/Groove Attack)

Dada Muzungu – Die Fluchmaschine (Fotofon)

 

Auch im SOUL TRAIN ist Reggae ein Thema. Oft sind die Grenzen fließend, die große BLACK MUSIC-Musikfamilie besteht halt nicht nur aus Soul-Grooves, Funk-Breitseiten oder Jazz Vibes. Und so steckt auch Oneness Records aus München seine Nase tief in Reggae, der als reiner Roots-Vibe zwar nicht unmittelbar in Soul getränkt ist, jenen aber respektvoll mit sich trägt. 16 Tracks von Prezident Brown (“Leaders“), Nosliw (“Dein Dein Dein“), Tippa Irie (“Oneness“) oder Prince Malachi (“Gideon Road“) bestätigen den ersten Eindruck, den das Album abgibt: Geschlossenheit und Leichtigkeit.

 

Geschlossenheit passt auch auf Anthony Cruz’ Longplayer “Fight With All Your Might“. Auffallend ist hier, dass die Beats als solches wesentlich weiter gestreut sind als das Oneness-Ding, was freilich kein Qualitätsmerkmal ist, sondern vielmehr eine objektive stilistische Beobachtung. Cruz’ besondere Qualität ist seine eigenbrödlerische Stimme, der er bewusst eine gewisse Holprigkeit und Selbstironie verpasst. Mein persönlicher Favorit: Die Lover’s Rock-Interpretation des Soul-Klassikers “For The Love Of You“.

 

“Eine fließende Grenze zwischen Sprache und Gesang“ prophezeit Dada Muzungu mit “Die Fluchmaschine“. Papa Tea und Rob Kenius alias Dada Muzungu machen etwas, was sicher hierzulande den Kinderschuhen noch entwachsen muss: German Dub Poetry. Überall ist das Spoken Word, die Spoken Poetry, oder wie immer man das Kind nennen will, auf einem massiven Vormarsch. Wie sich das mit Reggae- und Dub-Kostüm anhört, belegt vorliegende Fluchmaschine. Die Reise ist eine durchwachsene. “Fehler Im System“ zum Beispiel überzeugt textlich und erinnert mich in seiner Ausrichtung und der minimalistischen stimmlichen (nicht textlichen) Umsetzung an Stephan Remmler von Trio. Und bitte, das ist durchaus ein Kompliment. Wenn dann aber bei “Hip Hop Hein“ Phrasen wie “Boomshakalak Raggamuffin“ ins Mikro gehaucht werden, und ich bin mir durchaus der Selbstironie bewusst, kommt ein leichtes Gefühl der Schadenfreude in mir auf. Schön ist dann wieder “Tanz Maria“, bei dem die Ironie eine klarere Fortführung findet. Durchwachsen, möge man sagen. Punkten kann das Album dann letztlich mit Innovation. Denn wie Eingangs gesagt – German Dub Poetry fängt gerade erst richtig zu atmen an.

 

Shantel - Disko Boy EP (Bucovina/Essay Recordings/Crammed Discs)

Die “Disko Boy EP” von Shantel kommt mit insgesamt sechs Tracks aus dem Gebüsch. Der Radio Edit und die Bucovina Dub Version von “Disko Boy“ eröffnen das Lustspiel zwischen Dancefloor und Komödie. Vier Versionen von “Disko Partizani“ vervollständigen Shantels neueste Veröffentlichung. Man muss ihn einfach mögen. Tatsächlich sind alle Tracks so sympathisch, dass es mir schwer fällt, einen Favoriten auszumachen. Bei Alben kann man die Zusammengehörigkeit, die Einheit der Songs als Schuldigen ausmachen, wenn es darum geht, einen Lieblingstrack zu benennen. Doch hier bleibt kein Ausweg. Und so entscheide ich mich für den herrlich durchgeknallten “Eletrico Remix“ von “Disko Partizani“ von Tommy Yamaha, der gar mit schmucken Versatzstücken aus frühem Achtziger Electro liebäugelt. Shantel auch heute noch immer als Balkanpop abzutun ist eigentlich eine Sünde. Längst ist er einer der Vorreiter der elektronischen Dancefloormusik überhaupt. Weltweit.

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Hiromi’s Sonicbloom - Beyond Standard (Telarc/In-Akustik)

Ich gebe es zu. Ich war bisher nicht gerade der größte Hiromi Uehara-Fan. Ihre Alben zeigten bisher zwar durchweg eine spielerische Brillanz, jedoch fehlte mir der Unterhaltungswert. Dass ihr neuestes Album nun nicht unter eigenem Namen, sondern unter dem Projektnamen Hiromi’s Sonicbloom herauskommt, macht mich Neugierig. Und dann noch dieser Albumtitel. Schon nach wenigen Sekunden ist dann klar – hier haben wir es mit einer anderen Hiromi zu tun. Die Pianistin bewegt sich erkennbar und frisch weg vom verkopften Jazzthema hin zum kurzweiligen Fusionjazz. Ihre Band tut ihr übriges, den Richtungswechsel zu unterstützen. Nennen wir es Fusion. Und hier und da setzt sogar ein Standard ein, den wir sonst nur von, und das meine ich als Kompliment, Smooth Jazz-Alben (“Ue Wo Muite Aruko“) kennen. Hiromi beweist mit “Beyond Standard“ Wandlungsfähigkeit, von der sich die meisten der Konkurrenz eine Scheibe abschneiden kann. Bravo!

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Giant Panda - Electric Laser (Tres Records/Rough Trade)

Das nenne ich mal Beats. Sofort der Opener “Laser Beam (Scotty’s Theme)“ wirkt wie der beste Track, den Gang Starr nie gemacht hat. Pumpt richtig durch. Und es geht interessant weiter. Fast mystisch. “Justin Case“ überrascht mit Sounds jenseits des Normalen. Die Raps stehen den Beats kaum nach. Und so reiht sich ein Track an den anderen, ohne das auch nur eine Sekunde Langeweile aufkommt. Stücke wie “Aim“ erinnern gar an die Jungle Brothers; “Laser Ray“ geht wieder klar nach vorne. Der Albumname “Electric Laser“ ist dabei durchaus Programm, da das Album immer mal wieder von kleinen digitalen Spielereien lebt, die den wunderbar futuristischen, aber tief im selbstironischen HipHop verankerten Giant Panda-Sound zu einem ganz Besonderen macht. Beispielhaft: “Same Old $#!+“, dass eigentlich alles in sich birgt, für dass das Album steht: nach vorne gerichtete Beats, konkrete Raps, humoristische Sichtweisen und verspielte kleine Digitalbasteleien. So macht Hip Hop Spaß!

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Marcus Shelby Jazz Orchestra - Harriet Tubman (Noir Records/MSJO)

Kaum jemand kennt hierzulande Harriet Tubman, der dieses faszinierende Doppel-Album gewidmet ist. Mehr noch: Es handelt von Tubman, eine der ganz großen Vorbild- und Identifikationsfiguren der schwarzen Geschichte Nordamerikas. Tubman gilt u.a. als eine der Schlüsselfiguren des Underground Railroad, dem amerikanischen Untergrund-Netzwerk, mit dem im 19. Jahrhundert tausende Sklaven aus dem Süden der Vereinigten Staaten in den freien Norden geschleust wurden. Marcus Shelby komponierte und schrieb auf seinem 20. Studioalbum eine Art geschichtlicher Lehrstunde unter Mithilfe von Jazz. Das Marcus Shelby Jazz Orchestra schafft es zusammen mit Shelby am Bass und Faye Carol als stimmlichen Ausgleich, die eindrucksvolle Geschichte der fast schon als Heilige verehrten Harriet Tubman, eine ganz besondere Atmosphäre zu schaffen. Fast fühlt man sich wie im Film. Nicht umsonst wurden die einzelnen Sektionen im Booklet in Akte unterteilt. Das hört sich jetzt alles sehr verkopft an. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Denn die zwei CDs und das sehr liebevoll gestaltete Äußere schaffen es, die Geschichtsstunde sehr unterhaltsam und auf höchstem spielerischem Niveau rüber zu bringen. Ein echter Leckerbissen für Freunde Afro-Amerikanischer Geschichte und für Fans ungezwungenem, ehrlichem Jazz, der trotz seiner Leichtigkeit was zu sagen hat.

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Tango Crash - Baila Querida (Tango Crash/Galileo MC)

Das mittlerweile dritte Album von Daniel Almada und Martin Iannaccone alias Tango Crash verfolgt den selbst gesteckten Weg der ersten beiden Longplayer konsequent weiter. Wem also bisher der markige, erzindividuelle Stil des Duos nicht behagten sollte auch von “Baila Querida“ die Finger lassen. Die Fans werden sich jedoch freuen. Auch hier ist gerne von “Electro-Tango“ die Rede, was vielleicht den Kern betrifft. Tatsächlich aber ist der Flickenteppich von Tango Crash so reichhaltig, dass es fast nach einer Hausaufgabe klingt, das Album gänzlich verstehen zu wollen. Individuell ist erst der Anfang. Zwölf Titel - Zwölftausend Überraschungen.

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Soul Buddha - Heavenly (Slopshop Records/Our Distribution/Soulfood)

Soul Buddha ist das Alter Ego von Produzent Timax alias Soul-O-Matic. Die üppig gestaltete Doppel-CD ist in zwei Bereiche unterteilt: CD1 nennt sich “Home”, CD2 “DJ/Club“. Lounge oder Chillout hätte man CD1 noch vor einigen Jahren genannt. Ein House-Beat hier, eine elektronische Beatbastelei dort. Dabei machen die 15 Stücke dieser ersten Albumhälfte durchaus Sinn. Sind schlüssig. Auch die Ausgewogenheit der Stücke wurde sensibel gehandhabt, obgleich gerade Tunes wie “The Vibe“ doch eigentlich schon zu bewegt, zu sehr Soul im Dancefloor-Kleid sind, um in die Lounge-Kategorie zu gehören. “Trip To Ibiza“ nimmt seinen Titel gleich gar als Marschroute – konsequent House. Und CD2? House. Ibiza. Druck. Als Gesamtes kann man das Album als Exkurs durch zeitgenössische Dancebeats sehen. Mit Chillout im Gepäck. Ich sehe allerdings nicht wirklich, wo sich das Album von der riesengroßen Konkurrenz unterscheidet. Ich sehe aber ebenfalls nicht, dass es irgendetwas schlechter macht. Und das alleine ist dem Soul Buddha dankend abzunehmen.

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Fredrika Stahl - Tributaries (Sony-BMG)

Das neue Album von Fredrika Stahl, die sich Paris als Wohnort ausgesucht hat, folgt dem Pfad, den die Schwedin 2006 mit ihrem Debüt “A Fraction Of You“ eingeschlagen hat. Dabei singt Stahl in Englisch und Französisch und wandelt geschickt zwischen Jazz, Pop und mittlerweile kleinen, feinen Spritzern aus Chanson. Der rote Faden ist dabei Stahls Stimme, die nach wie vor skandinavisch unterkühlt, aber nicht kalt, konkret ins Schwarze trifft. Groovigere Tracks wie “Irreplaceable“ oder Hommagen an die Zwanziger Jahre (“Oh Sunny Sunny Day“) bilden eine gelungene Abwechslung und halten das Album auf einem wechselhaften, farbenfrohen Niveau, ohne in nerviges Genremischen abzugleiten. Was wie erwähnt Fredrikas Stimme zu verdanken ist. Natürlich darf ihre Muttersprache nicht fehlen: “Dina Ögon Bla“ ist eines der freigängerischsten, humoristischsten Stücke von “Tributaries“, auch, wenn mein Schwedisch doch ziemlich eingerostet ist. Das letzte Stück des Albums, “One Man Show“ unterstreicht abschließend, worum es hier wirklich geht. Und ich bin mir nicht zu schade, es auch ein drittes Mal zu sagen: Fredrika Stahls Stimme ist des Pudels Kern. Ihr Nachname ist Programm.

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Steffen Waltenberger Band - Advanced Clubbing (Jazz’n’Arts/Soulfood)

Herrlich. Wie unaufdringlich Saxofonist Steffen Waltenberger hier dem Groove huldigt, hat Respekt verdient. Seine Band, bestehend aus Thomas Siffling (Trompete, Flügelhorn), Martin Meixner (Rhodes), Dirk Blümlein (Bass) und Michael Germer (Drums) unterstützt das nachhaltig. Brandy Butler ist eine der Gäste. Ihre Vocals auf dem einzigen Gesangstrack des Albums, “On My Mind“, sind punktgenau und kurzweilig. Die zehn Titel sind Soul, Funk, und erst in dritter Linie Jazz. Die warmen Rhodes oder die knackigen Bläsersätze lassen dabei allen Kopfschmerz hinter sich und gehen gradlinig, harmonisch und melodisch aus sich heraus, ohne den selbst gesteckten Rahmen aus Groove, Groove und immer wieder Groove zu verlassen. Fast wäre ich geneigt, einen Vergleich mit dem energetischen Funk eines Tower Of Power-Albums oder eines siebziger Jahre Jazzfusion-Albums von Idris Muhammad zu ziehen. Aber nur fast. Denn die Steffen Waltenberger Band hat ihren ganz eigenen, unüberhörbaren Charme, der mich von Anfang bis Ende restlos überzeugt.

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Jimmy Abney - Return To Forever (Yoruba Records/Groove Attack)

Jimmy Abney ist das neueste Pferd im Yoruba Records-Stall. Entdeckt wurde das Soul-Genie von keinem geringerem als Soul-und House-Eklektiker Osunlade, der hier als ausführender Produzent fungiert und Liner Notes beisteuert. Abney selbst hat das Album dann nicht nur selbst produziert, er hat auch Keyboard gespielt, Drums, Bass, Percussion… den Gesang nicht zu vergessen. Ach ja, den überwiegenden Teil des Albums hat er ebenfalls geschrieben. Hatte ich den Gesang erwähnt? Das Ganze hat durchaus seine Berechtigung und seine Faszination, ich werde aber das leicht flaue Gefühl nicht los, dass weniger hier mehr gewesen wäre. Vielleicht hätte Osunlade Abney etwas mehr vom Handwerk abnehmen sollen? Klar – der Gesang ist NuSoul der feineren Sorte, die Beats sind extrem seelenvoll und warmherzig, der Soul scheint wie ein warmer Frühlingsmorgen aus allen Poren. Trotzdem erscheint bei aller Schönheit eine fast seltsame Schwachbrüstigkeit, die sich nur schwer fassen und noch schwerer Erklären lässt. Gut, aber eben auch mit einem Fragezeichen im Gepäck…

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Amos Garrett - Get Way Back (Stony Plain Records)

Der Untertitel ist zwar präzise, dürfte aber hierzulande einiges im Unklaren lassen: “A Tribute To Percy Mayfield”. Den meisten dürfte eher der bekannteste Song des 1920 in Louisiana geborenen Songschreibers und Künstlers des klassischen Rhythm and Blues sein: “Hit The Road Jack“, dass er 1961 für Ray Charles schrieb und das von Stund’ an die Erkennungsmelodie des Weltstars Charles werden sollte. Seine Arbeit als Wegbereiter von Blues und ersten Soul-Gehversuchen begann in den Vierziger Jahren und zog sich bis in die Sechziger Jahre. Seine Songs waren durch oft dunkle Texte gekennzeichnet - Mayfield hatte als Erwachsener einen Autounfall, den er nur knapp überlebte, der ihn aber für den Rest seines Lebens fast bis zur Unkenntlichkeit entstellte. Amos Garrett, seit über vier Jahrzehnten Blues-Gitarrist mit Herz und Seele, nahm sich der Hinterlassenschaft Mayfields an und setzte elf seiner persönlichen Favoriten Mayfields in gradlinige Bluesperlen mit Bodenhaftung um. Dabei ist sein Gitarrenspiel eher zurückhaltend, was seiner stimmlichen Orientierung auf Songs wie “To Claim It’s Love“, “Get Way Back“ oder “Stranger In My Own Hometown“ entgegen kommt. “Get Way Back“ ist eine kleine Dokumentation, die, sehr liebevoll gestaltet und mit Infos zu Mayfield bestückt, sich mit einer vermeintlich unbekannteren Ikone des Blues und des Rhythm and Blues befasst. Lobenswert.

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The Roots - Rising Down (Island Def Jam Music Group/Universal)

Ich muss mich auch zu dem Kreis der Leute zählen, denen The Roots bereits von Anfang an als neu und innovativ auffiel. Und das schien von Album zu Album besser und besser zu werden. Mittlerweile hat sich die ganze jazzydiscipledeepwatchamithcallit-Rap-Szene selbst überholt. Neues ist alt. Schwarz ist Weiß. Man muss sich selbst ja nicht immer neu erfinden, aber weiterentwickeln. The Roots bestachen stets durch ihre jazzige Attitüde, ihre soulful Vibes, ihren runden, warmen, unaufdringlichen aber durchdringlichen Rapstil. Und durch innovative Beats. Doch seit zwei, drei Alben ist der Wurm drin. “Rising Down“ ist zwar nicht schlecht als Standard-HipHop-Album, aber eine Katastrophe für The Roots. Nur wegen diesem Bonus schrappt das Album deshalb an einem Verriss vorbei. Wo sind sie die innovativen Raps, die zurückgenommene, aber tiefgehende Abdunkelung, die The Roots so nebelumhüllt in Jazz tauchte und ihren ganz eigenen Illadelph-Anstrich gab? Was “Rising Down“ bietet ist absolut durchschnittlicher HipHop-Standard. Das macht auch die Flut an Gästen wie Mos Def, Talib Kweli oder Common, der in einen ähnlichen Strudel gefangen scheint, nicht wett. Ich schlage eine kreative Pause, eine Neuorientierung vor.

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Esperanza Spalding - Esperanza (Heads Up/In-Akustik)

Esperanza Spalding wurde 1984 in Portland, Oregon geboren. Sie war bereits mit 15 Jahren Konzertmeister der Chamber Music Society of Oregon und bringt nun ihr Debütalbum als Kontrabassistin und Vokalistin heraus. Die überwiegend selbst komponierten Songs machen einen erwachsenen, dabei immer leichtfüßigen Eindruck. Spalding kann sogar singen. Das Talent der 24jährigen ist allgegenwärtig, drückt sich mal durch ihr Bassspiel, mal durch ihre frische, klare Stimme, mal schlicht durch die Struktur der Texte aus. Als wenn das noch nicht reicht, singt Frau Spalding auf Englisch, Spanisch und Portugiesisch. Was für mich aber dein eigentlichen Reiz des Albums ausmacht, ist seine nicht greifbare stilistische Gratwanderung, die mal in zeitgenössischem Jazz liegt, mal in instrumentalen, fast folkloristischen Gefilden daheim ist, dann immer mal wieder vorsichtig in Richtung Soulgefühl pendelt. Auch die Tempi der Songs sind kaum vorhersehbar. Das Album ähnelt einer Expedition. Am Ende hat man sich mit der Machete durch den Klangurwald geschlagen und realisiert, dass die Reise das Ziel war. Also zurück zum Anfang, wo wir sicher wieder weitere, andere Seiten von “Esperanza“ entdecken werden.

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The Black Dog - Radio Scarecrow (Soma Recordings/Rough Trade)

Ken Downie, Martin Dust und Richard Dust sind The Black Dog. Die Jungs zählen zu ersten Garde der britischen Elektronik-Szene. Elektronik – mit einem Spritzer Detroit-Techno und einer Verliebtheit in Soundtrack-Sphären der bewusst bizarren Art. Auch “Radio Scarecrow“ steht den Vorgänger-Alben in nichts nach. Gerne dunkel und verstörend, wird der Klangraum zwischendurch immer wieder durch helle Beats und warme Sounds aufgebrochen. “Radio Scarecrow“ funktioniert als Einheit. Fast bin ich geneigt, es Hörspiel zu nennen. Ganz bestimmt ist “Radio Vogelscheuche“ keine einfache Kost. Hat man sich aber erst einmal am Individual-Electrotech-Sound, der mich, ob das nun gut ist oder nicht, immer mal wieder an bessere Jean-Michel Jarre-Alben erinnert, festgebissen, ist ein loskommen kaum möglich. Sphärisch, verstörend, dunkel. Dabei kurzweilig. Wenn das jetzt noch Sinn macht…

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Various - Broadcasting…Karen P. (Sonar Kollektiv)

Die “Broadcasting…“-Reihe geht in die nächste Runde. Karen P. von BBC1 zeigte sich für die 20 Stücke dieser Folge verantwortlich. Zehn davon sind exklusive Tracks, die es nur auf dieser Kompilation zu finden gibt. Die Stücke bewegen sich zwischen elektronischer Musik, Weltmusik und Experimentellem mit immer wiederkehrendem Ausschlag in Richtung Folk. Klingt bizarr? Wir haben es auch etwas konkreter, beatverliebter, wie bei Woon mit “Robots“ oder “Short Stories“ von Quite Sane, dass irgendwie dem NuSoul zuzuordnen wäre. Doch lassen wir das mit den ganzen Stilrichtungen und Eingruppierungen einfach. Was wir dann haben ist ein angestrengter, komplexer Soundteppich, der einem zwar Arbeit abverlangt, aber zugleich in eine ganz eigene Welt entführt. Die Welt von Karen P..

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Manfred Dierkes - Four Brothers And A Thumb (Acoustic Music/Rough Trade)

Dass ein reines Gitarren-Album nicht Jedermanns Sache ist, liegt in der Natur des Instruments. Oft schwingt dabei eine Art verkrampfte Ökologie mit, die bei Freunden anderer Musikstile Nasenrümpfen hervorruft. Und doch gibt es diese Alben, die uns eines Besseren belehren. Wie dieses. “Four Brothers And A Thumb“ schafft es, die Wogen zwischen Jazz, Pop und Folklore zu glätten und alles in einem leichten Licht erscheinen zu lassen. Ruhig, aber nicht langweilig, virtuos, aber nicht nervig, gradlinig und harmonisch sind Attribute, die sich Jazzgitarrist Dierkes bei “Four Brothers And A Thumb“ vordergründig leichtfüßig erspielt. Denn schwierig genug wird es für ihn gewesen sein, die 13 Kompositionen, einen Mix aus eigenen Stücken und Songs von Jim Hall (“Waltz New“) oder Harold Arlen (“Somewhere Over The Rainbow“) so unbeschwert, teils fast sommerlich zu verbinden. Runde Sache.

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The Bassface Swing Trio - Tribute To Cole Porter (Stockfisch Records/In-Akustik)

Ganz ehrlich – es ist schon ein Erlebnis, der Soundqualität einer SACD beizuwohnen. Das alleine kann aus einer drittklassigen Aufnahme ein nachhaltiges Klangerlebnis machen. Das haben The Bassface Swing Trio featuring Barbara Bürkle freilich nicht nötig. Ihr Album würde auch ohne die “Direct Cut SACD Hybrid“-Technologie wunderbar funktionieren. Wie der Titel des Albums bereits verrät, geht es dieses mal um Kompositionen des großen Cole Porter. Und die passen so gut zur Soundqualität der SACD-Technologie, dass es einem fast die Tränen in die Augen treibt. Jede noch so kleine Nuance wird bis ins kleinste Atom wahrgenommen… Thilo Wagner (Piano), Jean-Philippe Wadle (Bass), Florian Hermann (Drums) und eben Barbara Bürkle (Vocals) ist es mit “Tribute To Cole Porter“ gelungen, den ohnehin schon eleganten Themen Cole Porter und SACD noch mal eine Sahnehaube aufzusetzen. Dieser Sound…

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Various - Kuckuck-Der Klang der frühen Jahre–Das Beste Von Kuckuck Schallplatten-The Singles 1970-1974

Das 1969 von Eckart Rahn gegründete Label Kuckuck Schallplatten hatte es sich auf die Fahne geschrieben, als eine Art Schnittstelle zwischen deutschen Schlager und englischem und amerikanischen Rock zu fungieren und als Alternative den durch Studentenunruhen gefrusteten oder genervten deutschen Bürger zu neuen musikalischen Ufern zu helfen. Das Münchner Szeneviertel Schwabing war dabei die Heimat der Labelidee zwischen Krautrock und Tanzbarem. Und so hören wir trotz manchmal bewusst zweideutiger Texte dass, aus dem damals auch schon die meiste andere populäre Musik gestrickt war: Streicher, Bläser, Groove und zeitgenössische Anglizismen (“Mr. Monday“). Auf zwei CDs finden wir insgesamt 45 Stücke, die gerne gleich in zwei Versionen, der deutschen und der englischen, faszinieren. Stilistisch sollte das Ganze wohl schon irgendwie in Richtung Protest gehen, wirkt heute aber nur, Verzeihung, niedlich. Die Kuckuck-Singles wurden geremastered und in eine edle Metallbox gesetzt. Die CDs selbst sind in schickem Vinyl-Design. Im Booklet finden sich Infos zu allen Songs und Coverabbildungen. Ebenfalls interessant: Die Songs der ersten CD bebildern die A-Seiten der Singles aus der im Albumtitel zitierten Zeitperiode, CD2 offeriert die B-Seiten. Das ganze Werk ist recht eigenwillig. Für Freunde von Easy Listening ist das Repertoire von Johnny Tame, Jack Grunsky oder Sam Spence sicher zu verbiestert, für echte Freunde von Krautrock ist das Ding vermutlich jedoch zu seicht… eben doch wieder Easy Listening. Was freilich die Bedeutung und den Unterhaltungswert der Doppel-CD nicht schmälern muss. Ich jedenfalls habe mich bestens amüsiert.

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Sandhy Sondoro - Why Don’t We (Revolver)

Sandhy Sondoro schob sich mir als Art Akustik-Soul Künstler ins Bewusstsein. Wie weit jedoch die Klangfarbe in Richtung Akustik pendelt, wurde mir erst nach Erhalt seines Albums “Why Don’t We“ verdeutlicht. Der erste Titel, zugleich Album-Namensgeber, hört sich mehr nach Rod Stewart (!) an, als nach Soul. Den zu finden fällt mir auch nach wiederholtem Hören schwer. Jetzt ist das eigentlich ja keine Aussage über die Qualität. Eher über meine fehlgeleitete Erwartungshaltung. Gerade läuft aber “In The Name Of Peace“. Und wieder höre ich irgendwie Rod Stewart. Und, vorsichtig ausgedrückt, war ich noch nie ein großer Fan Stewarts. Doch lassen wir das endlich hinter uns. Auf seine eigene Art ist Sandhy Sondoro schon ein kennenswerter Paukenschlag, ein Gitarrenspieler und Songwriter, der immerhin alle 12 Songs des Albums selbst komponiert und geschrieben hat. Und in seiner Stimme finden wir hier und da tatsächlich vorsichtige Hinhörer in Richtung Soul, doch das ist eigentlich mehr als Nebensache. Was die Hauptsache ist, ist Sandhys handgespielter Singer/Songwriter-Akustikpop, so will ich es mal nennen, und das Gesamtpaket Sandhy Sondoro. Ein lobenswertes Gesamtpaket. Auch, ich muss es noch einmal abschließend sagen, der Soul von “Why Don’t We“ bleibt für mich im Verborgenen.

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Carmen Souza - Verdade (Carmen Souza/Connecting Cultures Records/Choice Music/Galileo MC)

Die junge kapverdische Sängerin Carmen Souza hat ein wunderbar ausdrucksstarkes, zugleich zurückgenommenes, fast erotisches Stimmorgan. Und so klingt die Musik auf “Verdade“ mehr als einmal irgendwie brasilianisch-leicht. Die Musik ist durchdacht, intelligent, auf handgespielte Gitarren, Bässe und Drums konzentriert. Aber immer wieder auch auf die unverzichtbare Perkussionsinstrumente, die den kulturellen Hintergrund und die große musikalische und kulturelle Bedeutung des winzigen Inselstaates, den Kapverdischen Inseln, untermauern. Dass Souzas Songs etwas zu sagen haben, wird durch zahlreiche Übersetzungen in Englisch, Spanisch, Creole und Französisch und die zahlreichen Fotos im Booklet noch einmal verdeutlicht. Wer auf kapverdische Musik steht, wird sich bei “Verdade“ zu Hause fühlen.

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Dave Specter - Live In Chicago (Delmark Records)

Dave Specter ist ein amerikanischer Gitarrist und nennt Delmark Records seit fast 20 Jahren sein zu Hause. Dass es an dieser Stelle Zeit wurde, mit einem Live-Album aufzuwarten, ist nur logisch. Der Bluesgitarrist beweist auf dem Zusammenschnitt zweier Konzerte aus Chicago im Sommer letzten Jahres, wie sehr er der Blues-Idee verbunden ist. Dabei kommen immer wieder Elemente aus Rhythm and Blues, Jazz und Soul zu Vorschein. Mit von der Partie waren unter anderem Jimmy Johnson oder Sharon Lewis, die den zehn Titeln einen sehr erdigen Fluss geben. Schön auch die unaufdringliche Aura, die das Werk umgibt. Hier wird sich ganz auf die Musik konzentriert. Und die ist schlicht wunderbar. Ein kleiner Leckerbissen, der einem garantiert nicht im Halse stecken bleibt.

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Protassov - Shalina Music (Switchstance Recordings/Groove Attack)

“Auf Protassovs Album gibt es viel zu entdecken” heißt es. Allerdings. Das Ding ist voll mit Sounds, Effekten und Spielereien. Dann sind da noch die Beats, die mal jazzigen, mal hawaiianisch anmutenden Gitarrensounds, die elektronischen Schnipsel, der ausgebremste House-Sound. Auch die Info der Plattenfirma geizt nicht mit Erklärungsversuchen: Von “Broken Beat Pop“ ist die Rede. Oder von“Zen-Soundlandschaften“. Das schöne daran ist, dass alles stimmt. Und seine Berechtigung hat. Sogar richtig klasse Vocals kommen zum Vorschein: “I Wonder“ kommt mit Bajka im Gepäck, deren Stimme bereits Produktionen von den Poets Of Rhythm oder Beanfield veredelt hat. So geheimnisvoll der Titel und das Äußere des Albums, so Geheimnisumwoben ist die darauf befindliche, in Essen entstandene Musik. Mehrmaliges Hören ist angeraten. Ob das Werk verstanden wird, kann jeder für sich selbst herausfinden.

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Various - Lagos Shake-A Tony Allen Chop Up (Honest Jons/Indigo)

Vor ein paar Jahren machte sich Tony Allen, eines der ganz großen Idole des Afrobeat, auf nach Lagos, der Wiege jenes Afrobeats (der SOUL TRAIN berichtete) und Heimat von Fela Anikulapo Kuti, in dessen Band Allen einst mitmischte. Heraus kam “Lagos No Shaking“, was eine Flut an Reaktionen aus der ganzen Welt (der Musik) nach sich zog. Der vorliegende Sampler präsentiert einige der dem Afrobeat verschriebenen Tunes und Allen-Remixe, die von TechHouse-Genies wie Carl Craig (“Kilode“ im Remix) stammen oder von der brasilianischen Bonde Do Role-Formation (“Awa Ne Re“ im remix) kommen. Mir fällt zur Gesamtklangfarbe nur das Wort eklektisch ein. Das Ganze bleibt, dem Gusto des Afrobeat folgend, bodenständig, rau, griffig, angenehm dreckig.

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Sepalot - Red Handed (Compost Records)

Hip Hop. Eigentlich ein Seitenarm des SOUL TRAIN. Oft ein Lohnenswerter, noch öfter ein Überflüssiger. Viele Arme des HipHop haben sich, auf nationaler und internationaler Ebene, totgelaufen. Der Schmiss, die Innovation ist weg. Geld ist der Kurs. Dass es auch anders geht, beweist Sepalot, DJ der Blumentopf-Formation mit “Red Handed“. Der DJ steuert die Beats, die Gäste sprechen den Gesang. Sprachgesang. Rap. Mit dabei sind u.a. Frank Nitty, Saigon, Shuane oder Ladi6. Ganz ehrlich, mir sind die Rapper dabei eigentlich fast egal. Denn die Beats sind die Meinungsträger. Die sind schlicht fett, kontrolliert verdreht, deep. Es wundert nicht, dass Sepalot mit J Dilla verglichen wird. Für ein europäisches Album insbesondere. “Red Handed“ wird den HipHop vermutlich nicht auf einen wahrhaften, bodenständigen Pfad´, weg von Kommerz und peinlicher Attitüde, ziehen können. Es versucht es aber zumindest. Lobenswert.

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Various - Drumpoems Verse 1 (Drumpoet Community/Compost Records/Groove Attack)

Das Züricher Drumpoets Community-Label, das es sich nach Aussage der beiliegenden Info auf die Fahne geschrieben hat, die “kalten und manchmal langweiligen Schemata der Clublandschaft“ musikalisch neu auszustatten, präsentiert auf dieser Kompilation eine erste Werkschau. Vorweg: Die zwölf Titel halten das Versprechen. Elektronische Drumsounds- und loops wo das Ohr hinhört. Wärme und ein sphärisches Albumgefühl lag den Labelmachern Alex Dallas und Ron Shiller wohl am Herzen. Und so höre ich weniger einzelne Tracks von Kawabata (“Kadena“), The Lost Men (“The Return“), Soultourist (“Turn Loose“) oder Thabo (“Take Root“), sondern eher einen flächendeckenden Beatteppich, der eine ganz feste, unaufdringliche Einheit bildet.

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Blaktronics - Mechanized Soul (Rubaiyat/Phazz-A-Delic/Groove Attack)

Der Albumtitel ist vermutlich ein besserer Anhaltspunkt, die Musik der Blaktronics zu beschreiben. Anfänglich schwingt noch alles eindeutig in Richtung HipHop. Je weiter man sich jedoch in die 15 Titel reinhört, je unklarer und verschwommener wird das Bild. Von HipHop zu Elektronik zu Soul. Aber alles im Rückwärtsgang mit einer gehörigen Portion Broken Beat-Bastelei. Einzelne Stücke kann ich kaum ausmachen, irgendwie ist “Mechanized Soul“ eine Achterbahnfahrt im Zeitraffer, auf der mal große Fragezeichen in meinem Kopf erscheinen, mal verhaltene “Ahs“ und “Ahas“. Dazwischen wippt der Fuß, geht der Finger aber auch schon mal in Richtung Pausenknopf. Denn leicht kann man diese Kost beim besten Willen nicht nennen. Die Blaktronics, bestehend aus Ed Dee Pee und seinem Vater (!) Edward Robinson, beide aus Detroit, verstehen es, bewusst oder unbewusst, sich von jeglicher Kategorisierung fern zu halten. Auch, wenn im Eingangs erwähnten Albumtitel als auch in der Info der Plattenfirma vom Kernthema Soul die Rede ist, fällt es mir schwer, den Fokus darauf durchweg nachzuvollziehen. Dazu kommt, dass zwischendurch das Ganze so unruhig und aufgekratzt wirkt, dass ich Probleme habe, mir das Werk von Anfang bis Ende anzuhören. Die elektronischen Effekte, die sich gerne nach kaputter Nähmaschine anhören, tun ihr übriges. Das muss nun gar nicht schlechtes sein, denn sicher gehört dass zum Konzept des Albums. Vielleicht bin ich noch nicht ganz Reif dafür? Wie auch immer - die Musik auf “Mechanized Soul“ bleibt ein undurchdringlicher Mechanik-Dschungel, der mit Hip Hop funktioniert und mit Soul liebäugelt.

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Alle Rezensionen/All reviews © Michael Arens

 

 

 

 

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