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INTERVIEW/KONZERTBERICHT

 

 

 

 

 

Bettye LaVette - Die Stimme des Rhythm and Blues

Aktuelles Album: Bettye LaVette - The Scene Of The Crime (Anti/SPV)

 

Bettye LaVette

 

Bettye LaVette

Live in Bochum,

22. August 2008

Foto © Christoph Giese

 

 

 

Bettye LaVette

 

 

Bettye LaVette

 

 

Bettye LaVette

 

 

 

 

Bettye LaVette -

The Scene Of The Crime

(Anti/SPV)

 

Bettye LaVette -

I've Got My Own

Hell To Raise

(Anti/SPV)

 

 

Bettye LaVette - Die Stimme des Rhythm and Blues

Aktuelles Album: Bettye LaVette - The Scene Of The Crime (Anti/SPV)

 

Betty LaVette ist seit nunmehr 46 Jahren im Showgeschäft. Das muss ihr erst einmal jemand nachmachen. In dieser langen Karriere, die sie mit 16 Jahren und ihrem Debüt, der Hit-Single “My Man, He’s A Loving Man“ im Jahre 1962 begann, lernte LaVette, oder Betty Haskins, wie die aus Muskegon, Michigan stammende Sängerin eigentlich heißt, alle Höhen und immer wieder auch Tiefen kennen.

 

So erfand sich die sagenhaft agile Sechzigern erst vor wenigen Jahren neu. Ihr Comeback-Album aus dem Jahre 2005, das von Joe Henry produzierte “I’ve Got My Own Hell To Raise“ (Anti/SPV), schlug ein wie eine Bombe.

 

Die Vermischung von Soul, Blues, Jazz, Gospel, Rock und vor allen Dingen Country & Western war so in dieser Form bis dato einzigartig. LaVette, schon seit je her fest in Rhythm and Blues, Soul und Blues verankert, hat in ihrer Stimme diese Schwere, die es benötigt, entsprechende Themen glaubhaft zu vermitteln. Eine Spur von Reibeisen ist permanent zugegen. Ausdrucksstärke.

 

Das zweite Album, ebenfalls auf dem Anti-Label veröffentlicht, “The Scene Of The Crime“ brachte Bettye zurück zu ihren Wurzeln, den legendären Muscle Shoals-Studios in Alabama. Southern Soul. Aber eben auch Blues, Jazz. Und noch mehr als beim Vorgänger: Country & Western. Das Album entstand zusammen mit der Country & Western-Band Drive-By Truckers, die jedoch angenehm im Hintergrund blieben und der Grand Dame des Soul stimmlich und stilistisch des Zepter überließen.

 

Seit ihren Anfängen war die Künstlerin Bettye LaVette immer wieder auch durch ihre Bühnenpräsenz geprägt. Mehr, als die meisten anderen ihrer Kollegen und Kolleginnen. So wundert es nicht, dass an einem Freitag Abend in der Bochumer Jahrhunderthalle während er Eröffnung der RuhrTriennale 2008 eine sehr lebendige Bettye LaVette die Bühne betritt, vornehmlich, um Hits aus den beiden Comeback-Alben “The Scene Of The Crime“ und “I’ve Got My Own Hell To Raise“ zu singen.

 

Die Band – sparsam, Jazzorientiert. Rhythm and Blues. Joe Henry, zugleich Kurator der RuhrTriennale, spricht die Begrüßungslaudatio und mischt sogar mit. Alleine das eine Augen- und Ohrenweise.

 

Bettye singt, was das Zeug hält, kraftvoll, emotional, selbstironisch, auch mal traurig. Immer wieder versucht sie, dass Publikum, von dem sie beim Interview später zu Recht behauptet, dass sie sicher sei, das “keine zehn Leute im Publikum jemals von ihr gehört haben“ zum Tanzen zu animieren, zu emotionalen Regungen. So gut das Konzert selbst auch ist, so wild gestikulierend die Soul-Legende Bettye LaVette auch auf der Bühne agiert, dass Publikum bleibt bei Ruhe und Contenance.

 

Was dem Konzertgenuss grundsätzlich keinen Abbruch tut. Es müsste für viele junge Nachwuchssängerin zur Pflicht werden, sich einen Gig wie diesen anzusehen. Das ist es, was eine Stimme kann. Punkt. Schade ist es lediglich, dass Bettye, dem “kulturellen“ Anlass entsprechend, ihr Repertoire auf die Jazz-orientierteren Songs herunterfahren muss. Natürlich darf ihr erster Erfolg, “My Man, He’s A Loving Man“, nicht fehlen. Die Disco-Ära der Siebziger und Achtziger Jahre, ihre Jahre mit Gospel oder, im weitesten Sinne, Pop, werden fast vollends ausgespart. Was, wie gesagt, der Qualität und dem Unterhaltungswert des Auftrittes keinen Abbruch tut.

 

Nach über eine Stunde verlässt Bettye LaVette die Bühne. Noch stundenlang hätte ich ihrer Stimme lauschen können. Doch wie heißt es so treffend: Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist.

 

“Dann der nächste Tag, Ein kühler, aber sonniger Tag. Bettye LaVette sitzt mir in der Lobby des Bochumer Marriot-Hotels gegenüber. Im Schneidersitz – barfuss. Was ziemlich genau die unbedingte Natürlichkeit belegt, die ihre Musik auszeichnet. Und offensichtlich den Menschen. Bodenständig. Wie sang sie doch beim Konzert so schön: “I have both feet on the ground!“

 

Diese Gelegenheit konnte sich der SOUL TRAIN einfach nicht entgehen lassen. Findet auch Bettye LaVette, die sehr ungezwungen, offen und ehrlich, redefreudig, aus ihrem Leben plaudert…“

 

 

Michael Arens: “Als ich kürzlich ein Interview mit Rena Scott geführt habe, musste ich feststellen, dass es durchaus Parallelen zwischen euren Karriereverläufen gibt. Auch bei ihr gab es immer wieder Zeiten, in denen Alben von Labels nicht veröffentlicht wurden, Erfolge immer in falschen Momenten kamen, Misserfolge die Karriere plagten, usw..“

 

Bettye LaVette: “Wenn man nach Deutschland oder in Länder wie Norwegen kommt, kann man so sein wie Rena Scott. In den USA weiß überhaupt niemand, wer Rena Scott ist. Ich kann das sagen, weil ich bereits 25 Jahre im Geschäft war, als Rena anfing zu singen.“ (lacht)

 

Michael Arens: “Sprechen wir übers Konzert im Zuge der RuhrTriennale in Bochum.“

 

Bettye LaVette: “Das Konzert letzte Nacht war nicht wirklich meine Show. Ich musste sie angleichen, um den Kontext der RuhrTriennale und dem Thema “Century Of Song“ zu treffen. Meine Shows sind in der Regel sehr dramatisch, aufregend. Und so verlief mein bisheriges Leben. Dramatisch, aufregend. Und ich mag, es in dieser Art und Weise darzustellen.“

 

Michael Arens: “Leider sah das Konzert gestern keine Energie vor. Alles schien recht kopflastig…“

 

Bettye LaVette: “Um ehrlich zu sein, ich fühlte mich recht seltsam und deplaziert letzte Nacht während des Konzertes. Ich fühlte mich wie etwas, das zu sehr aus der Menge herausragt. Alle waren so ruhig. Deshalb ging ich auf der Bühne hin und her und zeigte mit dem Finger auf sie, um sie zu animieren. (macht harsche Bewegungen und kopiert die Gesten vom Konzert) Ich musste also einigen Leuten sozusagen auf den Kopf schlagen, um sie aufzuwecken. Einige der Leute im Publikum sahen gar so aus, als wenn sie sich weigerten, es zu mögen. So grimmig. An eine Person erinnere ich mich, einen Mann, schätzungsweise zwischen sechzig und siebzig Jahre alt, und ich sagte mir selbst “Some of this shit happened to YOU!“ – und ich blickte ihm DIREKT in die Augen. Das sind aber die Dinge, die dir passieren. Manchmal willst du die Menschen dafür bestrafen, beschimpfen, was aber keine Klasse hätte. Es hat sehr viel mit Schmerz zu tun…“

 

Michael Arens: “…mit Ehre.“

 

Bettye LaVette: “Ja, eigentlich musste ich sogar MICH mit dem Thema zusammenbringen, weniger die Band. Hätte ich eher gewusst, was genau diese RuhrTriennnale auf sich hat, mit dem Thema “Century Of Song“ insbesondere, hätte ich das Konzert sogar noch viel mehr auf die Show als solches zugeschnitten. Aber ich bin gerade auf Tour und komme nur für diesen Gig nach Bochum. Ich musste also ein Segment meiner eigenen Show nehmen, und es irgendwie auf das Konzert in der Jahrhunderthalle zurecht schneiden. Ich hätte meine Show lieber auf das Publikum zugeschneidert. Meine Karriere umspannt so viele Jahre. Ich war Steptänzerin, war am Broadway, hätte also meine Show sehr leicht auf das Publikum zuschneiden können.“

 

Michael Arens: ““Ich schreibe keine Songs, ich interpretiere sie.“ ist ein Zitat von dir, das ich recht ungewöhnlich finde. Normaler Weise wollen SängerInnen doch immer lieber ihr eigenes Material singen…“

 

Bettye LaVette: “Ich bin eine Rhythm and Blues-Sängerin. Wenn ich also “Misty“ singe, hat es selbstverständlich einen ganz anderen Klang, wie Sarah Vaughan es sang. Musik sind doch nur Noten auf einem Blatt Papier. Wenn man Beethovens 5. Symphonie als Noten an verschiedene Musiker geben würde, ein Orchester, Count Basie, John Coltrane, dann könnten sie alle diese Noten lesen. Aber es würde sich alles komplett anders anhören, weil sie es alle anders spielen würden. Musik selbst hat also eigentlich keine Persönlichkeit, bis wir, die Künstler, sie interpretieren. Noch mal: Worte, auf einem Blatt Papier. Deshalb beeindrucken mich Songs nicht.“

 

Michael Arens: “Trotzdem sollte es im günstigsten Fall einen persönlichen Bezug zum Inhalt geben.“

 

Bettye LaVette: “Ja, deswegen wähle ich die Songs, die ich singe, selbst aus. Die Songs haben etwas mit mir zu tun. Es ist in etwa so, wie sich einen Liebhaber aussuchen. Du kannst das keinem anderen überlassen. Und ich will, dass mein Publikum versteht, dass es nicht immer ein Soul-Song sein muss. Es kann alles sein, was für dich leidenschaftlich ist.“

 

Michael Arens: “Aber ist nicht irgendwann diese Fülle an Material, dass Du interpretieren möchtest, versiegt?“

 

Bettye LaVette: “Es gibt so viele Schreiber da draußen. Es sieht so aus, als wenn jeder irgendwie schreiben kann. (lacht) Ich würde sehr gerne die Möglichkeit haben, jeden Song, den

ich möchte, singen zu können. Dann gibt es aber auch Songs, die speziell für mich geschrieben werden. Als eine Sängerin ist es dein Job, Songs von Songschreibern zu interpretieren. Ich denke, dass große Songschreiber wie Norah Jones wunderbares Material schreiben. Gerne würde ich zum Beispiel einen Mary J. Blige-Song singen. Ich denke, dass Mary J. Blige dann widerrum etwas singen sollte, dass Beyoncé geschrieben hat, und so weiter. Damals war es so. Ich verstehe nicht, worum es nicht wieder so sein kann.“

 

Michael Arens: “Last but not least muss ich, als echter Soul Man, nach den Muscle Shoals-Studios in Sheffield, Alabama, fragen. Einem der legendärsten Studios überhaupt, in dem unzählige Soul-Klassiker durchgeschleust wurden… ein magischer Ort, an dem Du dein aktuelles Album “The Scene Of The Crime“ aufgenommen hast.“

 

Bettye LaVette: “Die Sache, die in den Muscle Shoals-Studios in Alabama passierte, in Detroit, in Chicago, war die gleiche Sache die in New Orleans passierte, in Memphis, oder in Philadelphia. Man kann diese Dinge nicht unbedingt erklären. Ich glaube, dass Musiker grundsätzlich warten, bis sie sich irgendwo zusammenrotten können. Es liegt doch in unserer Sache, zu unterhalten. Und es gibt immer wieder neue Gruppierungen. Man kann es nicht wirklich erklären. Oder die ganze Bewegung aus England in den Sechziger Jahren… Die einzige Sache die man als Begründung anführen könnte, ist, dass Musiker gerne aufeinander hocken. Und so fangen die Musiker an, darüber zu sprechen, zu schreiben, zu komponieren, zu singen…“

 

© Michael Arens

 

Bettye

LaVette

-

The Scene

Of The

Crime

(Anti/

SPV)

Bettye

LaVette

-

I've Got

My Own

Hell To

Raise

(Anti/

SPV)

 
 
 

 

 

 

 

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