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INTERVIEW

 

 

 

 

 

Zuco 103 - Brasoulgroove

Aktuelles Album: Zuco 103 - After The Carnaval (World Connection/edel)

 
 

Zuco 103 (Lilian Vieira, Stefan Schmid, Stefan Kruger)

 

 

Zuco 103 - Brasoulgroove

Aktuelles Album: Zuco 103 - After The Carnaval (World Connection/edel)

Ob Zuco 103 nun, wie im Presseinfo zu lesen, die “Erfinder des Begriffs “Brazilectro” und der gleichnamigen Musikgattung” sind, sei einmal dahingestellt. Was aber tatsächlich den Kern trifft ist ihr zielsicheres Auftreten als Formation mit eben jenem Musikgefühl, dass sich mittlerweile unter dem Deckmantel “Brazil“ versammelt.

 

Da haben wir zuerst einmal brasilianische Musik, Bossa Nova, Samba, brasilianische Songwritingkunst, Texte. Dann mischen sich elektronische Musik, Lounge, Chill, aber auch Clubtaugliche House-Einflüsse in den Mix. Oben drauf das Sahnehäubchen aus Jazz, Soul, Pop, Rock, Folklore – und eben allem, was Groovetechnisch gefällt und harmonisiert. So ist sie, die Musik von Zuco 103.

 

Das Trio besteht aus der brasilianischen Frontfrau- und Sängerin Lilian Vieira, Schlagzeuger und Beatbastler Stefan Kruger, der aus Amsterdam stammt, sowie dem Münchener Keyboarder Stefan Schmid. Die drei trafen 1998 zum ersten mal aufeinander und entdeckten schnell ihre gemeinsame Affinität zum Thema Brazil, brasilianische Musik im Wendekreis der Brazilectro-Bewegung, die, zugegeben, in der Folge erst durch Zuco 103 so richtig zur Reife kam.

 

Auf ihrem mittlerweile fünftem Studioalbum “After The Carnaval“ (World Connection/edel) setzen die Zucos ihren Selbstkreierten Trend fort, hieven ihn gar auf eine neue Höhe, die sich immer mehr auch durch Harmonie und eine ganz eigene Gangart der Band, eine Identifikation, konzentriert.

 

Auch auf dem neuen Longplayer vermischt das internationale Trio viele Stile und Effekte. Was sicher aber zwischen den Zeilen immer mehr herauskristallisiert, ist, erfreulich aus SOUL TRAIN-Sicht, das stetig steigende Soul-Gefühl, dass den Brazilectro-Groove von Zuco 103 zart umhüllt und dem Groove noch mal den Extra-Druck verleiht, der ein gutes Album konzeptionell ausmachen sollte.

 

Lex wollte von Zuco 103-Keyboarder und Ideengeber Stefan Schmid für den SOUL TRAIN wissen, was es damit auf sich hat…

 

 

Lex: “Glückwunsch zu “After The Carnaval“ - ein sehr gelungenes,  geschlossenes und vor allen Dingen sehr schönes und unterhaltsames Album! Was ist, mit deinen Worten, der hauptsächliche Unterschied von “After The  Carnaval“ zu all den Zuco 103-Alben davor? Und wie würdet Ihr euren ureigenen Stil, den Zuco 103-Stil, beschreiben?“


Stefan Schmid: “Danke für das Kompliment - wir versuchen bei jedem Album einen  anderen Sound zu finden. Wir haben bei “After The Carnaval“ versucht, wieder näher an den  brasilianischen Roots zu bleiben, sowohl was die Auswahl unserer Gastmusiker betrifft, als auch weniger  mit Samples zu arbeiten. Einen Teil des Albums in Rio aufzunehmen hat sicher auch dazu  beigetragen dass die Platte organischer und “brasilianischer“ klingt als zB  “Whaa!“. Die Frage, was unser Stil denn nun eigentlich ist, wird natürlich öfter  gestellt und bleibt für uns schwer zu beantworten. Unsere Musik lebt einerseits von den  Gegensätzen unserer verschiedenen Backgrounds. Lilian hat den Samba und den Bossa Nova mit der Muttermilch  abbekommen, wohingegen Stefan K. und ich schon früh mit Black Music im weitesten Sinne (Jazz, Funk, Soul, Afro, Kubanische Musik, Hip Hop) in Berührung kamen. Unsere Gemeinsamkeiten wie die Liebe zur Musik, der Spaß an der Suche nach neuen Klängen und Grooves sind andererseits der treibende Faktor um immer weiter zu  experimentieren. Etiketten wie “Brazilectro“ oder “Nu-Brazil“ sind  sowieso nur Verkaufsschubladen.“

 

Lex: “Bei "After The Carnaval" sind die  Inhalte, die Texte, wie immer bei Zuco 103, ein sehr wichtiger Baustein. Trotzdem ist das  Genre, in dem sich das Album bewegt ein Genre, das zu einem  nicht unwichtigen Teil von den Beats, dem Groove, gekennzeichnet ist. Wie genau funktioniert dieses Zusammenspiel? Ein weiterer, wichtiger Baustein für Zuco 103 ist dabei auch die Energie der Musik, die Frische, die spritzige Dynamik, die trotzdem zugleich auch harmonisch und ausgewogen ist. Soulig irgendwie…“

 

Stefan Schmid: “Die Energie ist sicher wichtig, ob im Groove oder in den Texten. Die 
Beats sind oft das Grundgerüst - sie transportieren den Inhalt/die Aussage der Stücke. Vielleicht kann man unsere Einstellung  dazu mit dem Samba vergleichen: der Rhythmus ist zum Feiern, die  Texte manchmal traurig, politisch oder sarkastisch. Bei Leuten, die Lilians Texte nicht verstehen, versuchen wir, über die Beine das Herz zu erreichen.“

 

Lex: “Erzähl’ mir von der eigentlichen, musikalischen Entstehung des  Albums!“

Stefan Schmid: “Zuerst versuchen wir, uns einen globalen Sound des Albums 
vorzustellen, wie eine Grundfarbe, die sich in verschieden  Schattierungen durch alle Stücke ziehen soll. Meistens wird hierdurch die Art, wie wir an das komponieren, aufnehmen und mischen der Musik herangehen, deutlich. Für “After The Carnaval“ waren das z.B. Stichwörter wie: Cavacinho-MS20 (eine kleine 4-saitige brasilianische Gitarre contra einem analogen Synth der 80er), der Film “Orfeu Negro“, auf Banjomusik 
tanzende Acidfreaks.... Die meisten Stücke entstehen in unserem Studio in Amsterdam, wo wir  zu dritt unseren Ideen freien Lauf lassen. Das letzte Album wurde 
durch unsere Brasilien-Trips natürlich auch sehr beeinflusst. Einige Tracks sind in einem 
Hotelzimmer in Rio de Janeiro oder dort spontan im Toca de Bandidos-Studio entstanden. Am Ende wurden alle Aufnahmen strukturiert, arrangiert und gemixt in  Amsterdam.“

 

Lex: “Welches sind eure persönlichen Einflüsse, nicht nur musikalisch?  Gibt es bestimmte Songs, Politiker, Persönlichkeiten oder Ereignisse, die euch, und damit auch eure Musik, eure Persönlichkeiten, besonders geprägt haben?“

 

Stefan Schmid: “Eine Sache, die uns alle drei bei der Entstehung des Albums sehr  beeinflusst hat, war unser Trip nach Rio, der mit einigen Workshops  und Konzerten in den Favelas (die zahlreichen Armenviertel der großen Städte)  begann. Durch die Organisation der Stiftung IBISS (www.ibiss.info, Anm. d. Red.), die die  Lebensbedingungen der Favela Kids durch Ausbildung, Sport und Musik verbessern will, erlebten wir hautnah den  krassen Kontrast zwischen Gewalt, Armut, Hoffnung und Lebensfreude.  Wir waren in der Kulisse des Films “Cidade de Deus“ (City Of God) mit  bewaffneten Kindern und ummauerten Ghettos. Gerade in dieser Umgebung  erlebten wir, wie wichtig Musik sein kann - bis hin zu den für die Kids  Lebensentscheidenden Fragen: Entweder man wird Drogenkurier mit 12 oder man schließt sich einer Samba Batucada Gruppe an und versucht, durch die Musik aus dem Ghetto zu entfliehen. Unsere größte Bewunderung gilt hier dem Niederländer Nanko van Buuren, der mit  seiner Organisation IBISS versucht, die Lebensbedingungen der Bewohner der Favelas zu verbessern und vor allem der Jugend Chancen bietet, aus dem Teufelskreis von Armut, Drogen und fehlender Schulbildung  auszubrechen.“

 

Lex: “Wie geht es weiter mit Zuco 103? Was kommt als Nächstes?“

 

Stefan Schmid: “Es gibt noch viele Pläne... nächstes Jahr wollen wir ein Remix-Album 
herausbringen, auf Tour gehen mit den brasilianischen Gästen auf  unserem Album, Sergio Chiavazzoli und Marcos Suzano. Und hoffentlich  endlich wieder in Nord- und Südamerika auftreten. Das Ende des Karnevals bedeutet auch immer: Der Nächste kommt bestimmt! Wir wollen an dieser Stelle unsere Fans und Freunde in Deutschland 
grüssen. Wir sehen uns hoffentlich nächstes Jahr!“

 

© Lex

 

Lilian Vieira

 

Stefan Schmid

 

Stefan Kruger

 

Zuco 103

 

 

 

 

 

 

 
 

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