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INTERVIEW

 

 

 

 

 

Sister Fa - Rebel Afropop

Aktuelles Album: Sister Fa-Sarabah (Piranha Musik)

 
 

 

 

Sister Fa - Rebel Afropop

Aktuelles Album: Sister Fa-Sarabah (Piranha Musik)

 

 

 

Vor acht Jahren brachte Sister Fa noch als Teenager ihre ersten Selbstproduzierten Demo-Tapes in den Straßen von Dakar in Umlauf, heute ist sie die erste senegalesische Hip Hop-Queen mit internationaler Album-Veröffentlichung.

 

Als erste weibliche Rapperin musste Sister Fa in ihrer Heimat einige Widerstände überwinden, bevor sie sich mit ihrem Talent und Durchhaltevermögen in der männlich dominierten Rap-Szene einen festen Platz erkämpfen konnte. In ihren Songs prangert sie ungeschminkt soziale Missstände an, mit denen sich besonders ihr vorwiegend junges und urbanes Publikum identifizieren kann.

 

Genau deshalb hat Sister Fa als passendes Medium für ihre Texte Rapmusik ausgewählt und präsentiert auf ihrem Debütalbum “Sarabah“ (Piranha Musik) mit lässiger Eleganz einen bewusst afrikanischen Hip Hop-Stil abseits aufgesetzter Gangsta-Rap-Klischees. Über ihren Album-Opener “Milyamba“ sagt sie: “Mein Song (…) ist wirklich typisch afrikanisch, hier kommen Kora, afrikanische Perkussion und Djembes zum Einsatz. Jeder merkt sofort, diese Musik ist aus Afrika.“ Wenn überhaupt, nennt Sister Fa als US-amerikanische Vorbilder Sängerinnen wie Erykah Badu, die sich als weibliche Künstler von der Riege ihrer meist leicht bekleideten Hip Hop-Schwestern abhebt.

 

Fragt man die junge Mutter, die vor zwei Jahren von Dakar nach Berlin gezogen ist, welche besondere Rolle sie der Rap-Kultur als Vermittler für ihre Botschaft zuschreibt, betont sie: “In erster Linie ist der Rap da, um Ungerechtigkeiten zu enthüllen. Als Musikerin sehe ich mich als Botschafterin. Für mich steht nicht das Geldverdienen an erster Stelle. Dabei geht es mir immer darum, auf Missstände aufmerksam zu machen und andere zu verteidigen.“

 

Aber auch andere Tabu-Themen wie die Zwangsverheiratung junger Mädchen (“Bou Souba Si Ngone“) oder dass Rapmusik und Islam in Harmonie zueinander stehen können (“Selebou Yoon“) beleuchtet Sister Fa auf dem Album “Sarabah“, dessen Titelstück sie ihrer früh verstorbenen Mutter gewidmet hat.

 

Seit Beginn ihrer Karriere engagiert sich Sister Fa dafür, die Bevölkerung ihres Heimatlandes für ihren Kampf gegen die Genitalverstümmelung an Frauen (FGM) zu sensibilisieren: “Eine wichtige Botschaft für mich ist beispielsweise die Beschneidung der weiblichen Genitalien, die so genannte Genital-Verstümmelung. Ich bin selbst Opfer.“ Diese Botschaft konnte Sister Fa mit Unterstützung des Goethe Instituts in Dakar 2008 auch auf ihrer Aufklärungstournee mit dem Titel “Education sans Mutilation“ in ländliche Bereiche ihrer Heimat bringen.

 

Als junge Frau im Senegal zu diesem Thema ihre Stimme zu erheben, bedeutet einen erheblichen Tabubruch, mit dem Sister Fa viel Aufruhr ausgelöst hat, nachdem sich zu diesem Thema im Senegal bisher vorwiegend ausländische Unterstützerinnen wie auch die deutsche Schauspielerin Katja Riemann engagiert haben.

 

Sister Fa ist stolz darauf, mit ihrer Musik auch für andere senegalesische Rapperinnen den Weg auf die internationale Bühne freizumachen und mit “Sarabah“ auf dem besten Wege dabei, genauso bekannt wie ihre männlichen Kollegen von Positive Black Soul oder Daara J zu werden.

 

Zeit für den SOUL TRAIN, sich der Akte Sister Fa anzunehmen. Marlene Küster war so frei…

 

Marlene Küster: “Wo bist Du aufgewachsen und wie hast Du angefangen, Rap zu

machen?“

 

Sister Fa: “Ich bin in Dakar, der Hauptstadt des Senegals, aufgewachsen. Immer wieder komme ich darauf zurück, dass ich eine geborene Rebellin bin. Denn schon immer wollte ich den Dingen auf den Grund gehen, alles Mögliche hinterfragen und Ungerechtigkeiten aufdecken. Ich bin in einem Umfeld groß geworden, wo Musik eine wichtige Rolle spielte. Durch meine Cousins zum Beispiel habe ich viele verschiedene Musikstile kennen gelernt. Der eine machte Reggae, den anderen faszinierte die traditionelle senegalesische Musik. Und der Dritte machte Hip Hop. Ich hörte die unterschiedlichsten Musikrichtungen und sehr früh stand für mich fest, dass ich eines Tages Musikerin werden würde. Aber was für

eine Musik passte zu einer Rebellin wie mir? Der Musikstil Mbalax (eine besonders im Senegal und in Gambia populäre Musikrichtung, eine Vermischung regionaler Einflüsse mit Lateinamerikanischer Musik und Rhythm and Blues, Anm. d. Red.) kam ganz bestimmt nicht für mich in Frage. Da geht es nur um die Liebe. Der Rap dagegen ist die einzige Musik, mit der ich mich ausdrücken, Probleme kommentieren und meine Meinung äußern kann. Ich sehe mich als eine Art Sprachrohr und spreche für diejenigen, die keine Stimme haben.“

 

Marlene Küster: “Was bedeutet der Rap für dich?“

 

Sister Fa: “Der Rap hat eine aufklärende Funktion, Rap schärft die Sinne, macht auf Probleme aufmerksam und spricht das an, was nicht in Ordnung ist. Um Rap zu machen, braucht man keine Stimme wie eine Nachtigall oder eine Opernsängerin zu haben, aber natürlich ist eine schöne Stimme von Vorteil. Doch in erster Linie ist der Rap da, um Ungerechtigkeiten zu enthüllen. Als Musikerin sehe ich mich als Botschafterin. Meine Aufgabe ist es, mit meinen Botschaften Menschen zu erreichen und sie zu verteidigen. Für mich steht nicht das Geldverdienen an erster Stelle. Rap ist für mich ein Fenster, eine Tür, eine Öffnung, aus der meine Botschaften nach draußen dringen. Dabei geht es mir immer darum, auf Missstände aufmerksam zu machen. Eine wichtige Botschaft ist beispielsweise die Beschneidung der weiblichen Genitalien, die so genannte Genitalverstümmelung. Ich bin selbst Opfer. Das ist auf jeden Fall ein Thema, das ich in meinen nächsten Kompositionen aufnehme. Überhaupt sind die Frauen im Senegal für mich ein wichtiges Thema. Im Song “Milyamba“ meines gerade veröffentlichten Albums “Sarabah“ vergleiche ich das Leben der Frauen auf dem Land mit dem der Frauen in der Stadt. Die Frauen haben ein wirklich hartes Leben auf dem Land. Sie müssen sehr früh aufstehen, oft sehr viele Kilometer mit ihrem Baby auf dem Rücken zu Fuß zurücklegen, bis sie die Reisfelder erreicht haben. Dann schuften sie in der glühenden Sonne auf den Feldern bis Mittag, gehen dann zurück nach Hause, begeben sich zum Brunnen, holen Wasser, stampfen den Reis und bereiten das Mittagessen vor. Diese Frauen haben ein schweres Los. Dann spreche ich von jenen Frauen in der Stadt, die für die Regierung arbeiten und genug Geld haben, um sich eine Haushälterin zu halten. Diese Frauen dagegen haben es gut, sie haben keine Sorgen und genug Zeit, um sich selbst zu kümmern. Ich will die Aufmerksamkeit auf die Frauen vom Land lenken, auf ihr hartes Leben. Gleichzeitig geht es mir darum, Partei für sie zu ergreifen und zu fordern, dass diese Frauen unbedingt auch einmal Ruhe und Zeit brauchen. Mich beschäftigen noch viele andere Themen wie etwa die Kriege, die so viele Unschuldige töten. Im Song “Soldat“ spreche ich von jenen Männern, die keinen Schulabschluss haben und denen oft nichts anderes übrig bleibt, als sich in der Armee als Soldat zu verpflichten. Oft landen sie im Süden des Senegals, wo es einen bürgerkriegsähnlichen Aufstand gibt. Ich will in diesem Song zeigen, dass die senegalesische Armee diese jungen Soldaten schamlos ausnutzt. Viele dieser Soldaten treten auf Minen, verlieren ein Bein und erhalten von der Regierung überhaupt keine Entschädigung, nichts wird für sie getan. Die Soldaten haben gelernt zu töten, kommen nach einigen Jahren wieder zurück nach Hause und können sich nicht in die Gesellschaft integrieren. Diese Missstände wollte ich unbedingt thematisieren. Es ist doch vollkommen ungerecht, dass Fußballspieler eine Prämie von 40 Millionen erhalten, die Soldaten dagegen bekommen weniger als einen Euro pro Tag. Ich hab noch viele Botschaften und Themen, die ich zur Sprache bringen will.“

 

Marlene Küster: “Wie verbreitet ist der Rap im Senegal?“

 

Sister Fa: “Im Senegal gibt es unzählige Rapper. Die Jugendlichen finden im Rap eine Möglichkeit, ihren Unmut auszudrücken. Denn die senegalesische Regierung geht überhaupt nicht auf die Bedürfnisse der jungen Leute ein. Sie sehen sich in diesem Land in einem System gefangen, das ihnen keine Zukunftsperspektiven bietet. Und um Hip Hop zu machen, braucht man keine Millionen von Dollar. Jeder kann selbst seine Musik produzieren und hat die Möglichkeit, im Senegal bekannt zu werden. Die Jugendlichen haben eben gemerkt, dass es keine Jobs für sie gibt, die Arbeitslosigkeit groß ist und so haben viele ihre ganze Kraft zusammengenommen und angefangen, Rap zu machen. Endlich können sie ihrer Wut Luft machen, ihre alltäglichen Probleme thematisieren und die Regierung anklagen, die sich überhaupt nicht um sie kümmert. Endlich können sie sagen, dass es reicht und sie die Nase von allem voll haben.“

 

Marlene Küster: “Was zeichnet den senegalesischen Rap aus?“

 

Sister Fa: “Anfangs hörte ich amerikanischen Rap, aber nach und nach wurde mir bewusst, dass der amerikanische Rap keine aufklärende Funktion hatte. Es geht hier in erster Linie um Sex, Geld und Drogen, Waffen und Tod. Das war nicht meine Musik. Unser Rap hat nichts mit dem amerikanischen Gangster-Rap zu tun. Deshalb lege ich großen Wert darauf, einen eigenen typisch, senegalesischen Rap mit traditionellen afrikanischen Instrumenten zu machen. Mein Song “Milyamba“ ist wirklich typisch afrikanisch, hier kommen die Kora, afrikanische Perkussion und Djembes zum Einsatz. Jeder merkt sofort, diese Musik ist aus Afrika.“

 

Marlene Küster: “Wie ist es, als Frau Rap im Senegal zu machen?“

 

Sister Fa: “Ich bin eine der ersten Frauen im Senegal, die Hip Hop macht, und habe dort das erste Soloalbum als Frau herausgebracht. So wurde ich bekannt. Ich habe 2005 als erste Frau die Auszeichnung “Bestes Nachwuchstalent“ beim Hip Hop-Festival in Dakar erhalten, bei dem senegalesische Künstler wie auch internationale Gäste vertreten sind. Ich hatte mit dieser Auszeichnung überhaupt nicht gerechnet. Deshalb hatte ich mich nicht zu den Musikern auf die Bühne gesellt, sondern war im Publikum verschwunden. Als dann mein Name ausgerufen wurde, kam ich aus dem Publikum auf die Bühne. Ich konnte es einfach nicht fassen. Das war eine unheimliche Ehre für mich, das war einer der besten Tage meines Lebens! Doch der Weg bis dahin war alles andere als leicht für mich. Ich habe dafür hart kämpfen müssen, um mich durchzusetzen. Und es ist immer noch sehr schwierig für senegalesische Frauen, im Hip Hop Karriere zu machen. Denn in der senegalesischen Gesellschaft hat die Frau einen festen Platz, nämlich zu Hause. Sie kümmert sich um die Kinder, ihren Mann und macht das Essen. Es ist schon nicht einfach, im Senegal als Frau Musik zu machen, aber Rap zu machen – das ist noch etwas

anderes: Denn es ist eine reine Männerdomäne. Bekannte Hip Hop-Gruppen gibt es seit Anfang der neunziger Jahre im Senegal. Dazu zählen zum Beispiel Positive Black Soul oder Daara J, aber eine Frau hatte es bis dahin noch nicht geschafft.“

 

Marlene Küster: “Wie bist Du nach Deutschland gekommen und was machst Du hier?“

 

Sister Fa: “2005 hab ich meinen heutigen Ehemann im Senegal getroffen, mit dem ich nun eine Tochter habe. Für mich war das keine leichte Entscheidung, den Senegal zu verlassen, alles hinter mir zu lassen, was ich mir mühevoll aufgebaut hatte und nach Berlin zu kommen. Ich bereue die Entscheidung überhaupt nicht. Gut, am Anfang brauchte ich Zeit, die ersten drei Monate musste ich mich erst einmal an meine neue Umgebung gewöhnen, ich verbrachte viel Zeit vor dem Computer und fragte mich, was tue ich hier eigentlich. Doch nach und nach hatte ich wieder die Kraft und Energie, etwas Neues aufzubauen. Ich habe nun eine Band, arbeite weiter an meiner Solokarriere, sammle also immer mehr Erfahrung. Hier in Berlin habe ich wirklich viele Möglichkeiten. Ich veröffentliche hier mein erstes internationales Album. Es tut sich etwas für mich, ich mache weiter, das ist toll. Außerdem habe ich in Deutschland zusammen mit meinen Musikern und Freunden ein Projekt gegen die weibliche Genitalverstümmelung ins Leben gerufen. Erst seit ich hier bin, kann ich überhaupt über die Genitalverstümmelung offen sprechen. Bei mir im Senegal ist das absolut tabu. Mir wurde eingeimpft, du darfst auf keinen Fall darüber reden. Die Genitalverstümmelung wird schon seit über 3000 Jahren praktiziert. Es werden je nach Glaubensrichtung Teile oder die vollständigen weiblichen Genitalien entfernt. Diese Eingriffe können tödliche Folgen haben: Ich selbst habe Todesfälle miterlebt nach einer Genitalverstümmelung und tote Babys in meiner Nachbarschaft gesehen. Ich muss mich mit allen Kräften gegen die weibliche Genitalverstümmelung wehren und sie unbedingt abschaffen. Doch leider ist das ziemlich kompliziert. Viele Mütter lassen die Genitalien ihrer Töchter beschneiden, um ihre Töchter schützen. Denn unbeschnittene Frauen sind sie von der Gesellschaft ausgestoßen: Sie gelten als unsauber, die Heirat ist für sie im Dorf unmöglich, niemand will ihr Essen, sie dürfen an keiner Dorf-Zeremonie teilnehmen. Doch ich lassen mich nicht einschüchtern, für mich geht der Kampf gegen die weibliche Genitalverstümmelung weiter.“

 

Interview: © Marlene Küster, mit freundlicher Genehmigung

Text: © Piranha Musik, mit freundlicher Genehmigung

zusätzlicher Text: © Michael Arens

Sister Fa

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Aktuelles Album:

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