INTERVIEW  -  KONZERTBERICHT/CONCERT-REVIEW

Lisa Doby - Do(l)by Surround

Aktuelles Album: Lisa Doby - Who We Are (Jazzhaus Records)

Lisa Doby

Lisa Doby - Do(l)by Surround

Aktuelles Album: Lisa Doby - Who We Are (Jazzhaus Records)

“Ich hoffe, dass die Attraktion, die von meiner Musik ausgeht, auf dem Gefühl dahinter basiert, dass das Gefühl originell ist, da es eine Soul-Stimme ist, die auf eine Rock-Band trifft.“ resümiert Lisa Doby unser Interview, dass wir kurz vor ihrem Konzert in der Heimat des SOUL TRAIN, in Herten bei Recklinghausen am nördlichen Ende des Ruhrpotts, genauer genommen im Hertener Glashaus, führten.

Es ist zwar nicht das erste mal dass wir im SOUL TRAIN etwas über Lisa Doby sagen, aber dass erste mal, dass die Gitarristin, Songschreiberin, Sängerin und charismatische Live-Performerin selbst etwas zum eklektischen Mix ihrer bisherigen Alben “Free 2 Be“ (2006) und ihres aktuellen Longplayers “Who We Are“, beide beim Freiburger Jazzlabel Jazzhaus Records (www.jazzhausrecords.com) erschienen, sagt. Dass ihre Musik eine ganz eigene Mischung aus Soul, Rock, Jazz, Blues und Singer/Songwriter ist, ändert jedoch nichts an der Tatsache, das Lisas Stimme überschläglich immer wieder zu den eigenen Soul-Wurzeln zurückkehrt.

Lisa dazu: “Ich komme aus den Staaten, aus South Carolina, bin Afroamerikanerin, selbst wenn ich wollte, könnte ich diesen Einfluss nicht aus meiner Musik herausfiltern. Es ist Soul. Tatsächlich sogar Rock und Soul. Ich fühle mich zugleich durchaus international. Ich habe so viele verschiedenen Länder besucht, ich lebe im Elsass, komme aus den USA, fühle mich von so vielen verschiedenen Kulturkreisen berührt und möchte meine Musik und mich so offen und frei wie möglich halten.“

Dabei ist es zunächst schwer zu sagen, welcher Bereich ihrer Karriere der künstlerisch wertvollere ist, das Tonstudio oder die Konzertbühne. Tendenziell ist beides im Rahmen des Möglichen, spielt Doby doch zugleich auch Klavier und Gitarre. Sie klärt auf: “Ich sehe mich selbst nicht wirklich als Gitarristin. Ich habe das Gitarrespielen sozusagen auf dem Weg gelernt, sodass ich besser Songs schreiben kann. Ich spiele auch ein wenig Piano. Es hilft einfach, mit den Musikern meiner Band zu kommunizieren und ihnen mitzuteilen, wie ich diesen oder jenen Sound erreichen will.“

Dass diese persönliche Tendenz als Live-Musikerin sich im darauf folgenden Konzert, dass als eines der besten meiner langen Konzerterfahrungen in meine persönliche kleine Geschichte eingehen sollte, konnte ich da noch nicht ahnen.

Bleiben wir also zunächst mal bei der Musik Lisa Dobys, bei ihrem aktuellen Album: “Es ist möglich, das aktuelle Album, “Who We Are“, mit den unterschiedlichsten Vibes als Ganzes zu genießen. Zugleich war mir wichtig, dass jeder der Songs als Einzeltitel bestand hat.“ schildert Lisa und ergänzt: “Wenn ich jeden Song in der gleichen Stimmung schreiben würde, würde ich mich schnell langweilen, und das würde dann auch meinem Publikum bzw. dem Hörer meiner Musik so gehen. Deshalb spiegelt jeder Song alles Mögliche wider, von Melancholie, über Traurigkeit bis zu schlichten Dingen wie etwa dem Wetter. Ich habe also die Tendenz, Dinge auf ganz verschiedene Arten zu empfinden und zu erforschen.“

Bei ihrer Musik wird schnell klar, dass hier die Texte den Ton angeben. Doby dazu: ““Who We Are“, der Titelsong meines aktuellen Albums, ist beispielsweise ein Anti-Kriegs-Song, der den Standpunkt des Soldaten wiedergibt. Ich war es leid, dass sich in Anti-Kriegs-Songs immer nur auf die Regierung oder auf die Opfer bezogen wird. Denn wie oft werden wir schon daran erinnert, wie hart es sein muss, deine Soldaten-Uniform anzuziehen und als Soldat deinen Job zu machen, was bedeutet, sich zu bewaffnen und, wenn es ganz schlimm kommt, Menschen töten zu müssen… Darüber wollte ich sprechen. Andererseits soll Musik auch unterhalten. Entfernt man sich im gleichen Song also von den Lyrics, klingt “Who We Are“ wie ein New Wave-Soul-Song. Tatsächlich mag ich diesen Widerspruch, wo der Vibe der Texte nicht mit dem Vibe des Songs, der Musik selbst, übereinstimmt. Solange der Song dich irgendwie packt.“

Hätte ich Lisa nach ihrem 90-minütigen Konzert vor kleinem Publikum in sehr intimer Atmosphäre (als Zugabe gibt es eine Akustik-Session am Rand der Bühne, bei der Lisa einfach nur verzaubert) nach ihrer Musik gefragt, hätte ich mir die Frage nach ihrem Einflüssen und Inspirationen sparen können: “Ein Künstler wie Prince hat einen rieseigen Einfluss auf mich...“ ist ihre Antwort, die sie weiter ausführt: “…und sicher hat er einen riesigen Einfluss auf Pop-Musik überhaupt. Ich identifiziere mich immer mehr mit Leuten wie Prince- Menschen, die sehr genau wissen, was sie wollen.“

Was bleibt ist die Frage nach kommenden Projekten. Lisa Doby dazu: “Zum allerersten mal habe ich bereits einzelne Titel aufgeschrieben, was neu für mich ist. Ich habe 10 bis 15 Titel und bin sehr gespannt, wie die Songs, die ich dazu schreiben will, aussehen werden. Das ist eine völlig neue Herangehensweise für mich. Vorher kamen immer die Songs, am Ende erst der Titel. Jetzt ist alles genau umgekehrt.“

Ich gebe es zu, die Musik ihrer beiden CDs ist gut, aber nicht unbedingt einfach zugänglich. Ihre Alben erfordern ein Auseinandersetzen mit der Materie, den Inhalten. Und so war ich, ich bekenne mich, vor dem Konzert recht skeptisch, was Lisas Bühnenpräsenz betraf. Wie sehr ich im Unrecht sein sollte bestätigte sich schon nach den ersten paar Takten ihres kleinen, extrem feinen Auftritts im Hertener Glashaus vom 23. Oktober.

Denn nicht nur die Band war mit einem Weltklasse-Team aus Bassist, Gitarrist und einem Monster von Drummer perfekt aufeinander eingespielt. Nein, Lisa schafft es auch, ihre Musik so magisch, und zugleich spielerisch nahezu perfekt und überaus abwechslungsreich zu inszenieren, dass ich es mir nicht nehmen lasse, ihr in der kurzen Pause, in der der hiesige Wohltätigkeitsverein selbstgemachte Currywurst reicht, zu sagen, dass ihr Live-Auftritt tatsächlich noch besser rüberkommt als ihre Alben.

Lisas Antwort kommt prompt, bringt ihren Charakter und die Faszination an der Künstlerin und der Person Lisa Doby auf den abschließenden Punkt: “Danke. Ich möchte mit meiner Musik kein Statement zu bestimmten Themen abgeben. Tatsächlich stelle ich Fragen…“

© Michael Arens

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