Zunächst
mal ist es eigentlich ein Trauerspiel, dass einmal mehr eine CD mit Alben,
die bereits 1980 bzw. 1981 veröffentlicht wurden, es zum “Album des
Monats“ für unsere Sommerausgabe Juli/August geschafft hat.
Denn gerade
heute, wo die Musikindustrie die vermeintliche Talsohle der
Neuorientierungen und Umstrukturierungen, der neuen Märkte durch Download,
Internet und i-pod, durchschritten hat, könnte eigentlich viel mehr richtig
gute Soul-Musik auf unserem SOUL TRAIN-Schreibtisch landen. Könnte,
sollte, müsste...
Doch es
gibt sie anscheinend nicht. Dazu kommt, dass Deutschland schon immer, trotz
seiner internationalen Stellung als eines der wichtigsten Länder für den
Abverkauf von Musik, von CDs, DVs, mp3s usw., einer Soul-Wüste ähnelt, in
der Soul tatsächlich noch immer als eine Untergattung von Pop wahrgenommen
wird und noch immer viel zu oft namenlos im CD-Regal neben Herbert
Grönemeyer, den Rolling Stones und Bon Jovi abgelegt wird.
Doch genug
des Trübsal Blasens hin zu zwei der großartigsten Soul-Alben der frühen
Achtziger Jahre, die nun im Rahmen der “2 Classic Albums On 1 CD“-Reihe
durch die englische Expansion Records-Schmiede neu aufgelegt wurden:
Norman Connors’ wohl beste Alben “Take It To The Limit“ und
“Mr.C“ aus den Jahren 1980 und 1981.
Eigentlich
kam Norman Connors musikalisch eher aus Jazz-Kreisen, versuchte sich
anfänglich mit Jazz Fusion und anderen Subströmungen, war der Drummer von
Pharaoh Sanders und landete schließlich 1972 seinen ersten
Plattenvertrage mit dem Buddah-Label.
1980
wechselte Connors schließlich zu Arista Records, wo er diese beiden Alben
vorlegte, die damals und noch heute lupenreine Soul-Alben der absoluten
Extraklasse sind.
Produziert
von Norman Connors selbst machen die insgesamt 16 Titel der beiden
Alben auch heute noch einen unglaublich runden Eindruck und strotzen vor all
den Zutaten, die ein richtig gutes Soul-Album jener Ära ausmachen:
Streicher, markante, voluminöse Bläsersätze, akzentuierte
Perkussionselemente, funky Breaks und immer wieder diese beseelten Stimmen,
die von Connors selbst damals zu einer unwiderstehlichen Mixtur aufbereitet
wurden. Geeignet für den Dancefloor, den Rundkurs mit dem Cabrio, dem
Nachmittag am Strand oder dem Abend am offenen Kamin gleichermaßen – ein
echtes Zuckerschlecken, dieses Doppelpack “Take It To The Limit/Mr.C“.
Sieht man
sich dabei das Who-Is-Who der Gäste auf beiden Alben an, läuft einem gerade
als Soul-Enthusiast ein beeindruckter Schauer nach dem anderen über den
Rücken: die Jones Girls und Jean Carn sind dabei, Al
Johnson, Gary Bartz, Glenn Jones, Derrick Hughes,
James Gadson, Nathan East, Bobby Lyle, Don Myrick,
Phyllis St.James (erinnert sich noch jemand an “Candlelight
Afternoon“, den wohl größten Hit von St.James?) oder das Starship
Orchestra (mit einem jungen Marion Meadows am Saxofon)… die Liste
ist schier endlos. Oder wie wäre es mit dem legendären, sagenhaft groovenden
Flügelhorn-Solo von keinem geringeren als Freddie Hubbard auf
Donald Fagens “Black Cow“, sicher dem legendärsten Stück dieses
dieser Doppel-CD? Alles Namen, die bereits viele male im SOUL TRAIN
bearbeitet wurden…
Höhepunkte
gibt es dabei eigentlich en Masse. Neben erwähnten “Black Cow“ wäre
da noch “You Bring Me Joy“ mit einer wunderbaren Adaritha am
Leadgesang, Jahre bevor das Thema von Anita Baker mit weltweitem
Erfolg neu aufgegriffen wurde. Oder etwa “She’s Gone“, dass das
Boogie-Genre, ebenfalls vom SOUL TRAIN oft zitiert und besprochen, so
konkret bebildert wie sonst kaum ein anderer Song.
Liner Notes
von Expansion Records-Labelchef Ralph Tee, ausführliche Infos
zu den Songs inklusive dazugehöriger Credits sowie die
Original-Cover-Abbildungen komplettieren das “Album des Monats“
Juli/August 2010 auf fast magische Art und Weise und lassen einmal mehr
richtig guten, gradlinigen Soul aus dem Jahre 2010 vermissen.
Übrigens:
Auch, wer bereits die Original-Alben als Schallplatte (Vinyl nennt sich das
in Fachkreisen heute) im Regal hat, sollte vor einer Anschaffung nicht
zögern – es lohnt sich alleine wegen der kompakten Art und Weise, gleich
zwei der besten Norman Connors-Alben auf Vinyl für die Ewigkeit zu
schonen und stattdessen die CD heiß laufen zu lassen.
© Michael Arens
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