INTERVIEW

Mindi Abair - Soul-Vibe als Zeitgeist

Aktuelles Album: Mindi Abair - In Hi-Fi Stereo (Heads Up/Concord Music Group/In-Akustik)

Mindi Abair

Mindi Abair - Soul-Vibe als Zeitgeist

Aktuelles Album: Mindi Abair - In Hi-Fi Stereo (Heads Up/Concord Music Group/In-Akustik)

Oberflächlich betrachtet ist Saxofonistin Mindi Abair nur ein weiterer Stern im immer größer und greller schimmernden Smooth Jazz-Firmament. Abgesehen davon, dass Abair, anders als die Vielzahl der Smooth Jazz-Größen, ganz offensichtlich weiblich ist, war es bisher aber eben immer dieser Tick Mehr, der ihre Alben von der Masse an Smooth Jazz-Veröffentlichungen unterschied.

Da gab es prinzipiell mehr Bewegung, mehr Soul, mehr Druck nach vorne und mehr offenkundige, progressive Spielfreude, die jedoch, dem Charakter von Smooth Jazz auch weiterhin treu verhaftet, stets harmonisch und melodisch blieb.

Als klar war, dass sie auf ihrem neuen Album noch mehr Richtung Soul pendeln würde – bereits der Albumtitel sowie das Coverartwork sprechen hier Bände – war es schließlich und endlich an der Zeit für den SOUL TRAIN, die erschreckend begabte und im Interview äußerst warmherzige Mindi Abair nach ihrem mittlerweile sechsten Studioalbum, dem hervorragenden und auf Werte aus Soul der sechziger Jahre basierenden “In Hi-Fi Stereo“, gerade auf Heads Up/Concord Music Group über den deutschen Jazz- und Klassik-Spezialisten In-Akustik vertrieben, zu befragen…

Michael Arens: “Dein neues Album “In Hi-Fi Stereo“ sieht nicht nur vom Cover Retro aus, vom Albumtitel mal ganz ab gesehen, es klingt auch wunderbar analog, griffig, erdig und bewusst dreckig; rückbesinnend auf die Werte des Soul der Sechziger und Siebziger Jahre…“

Mindi Abair: “Genau das wollte ich erreichen. Eine organische Platte. Ich mag all diese alte Musik, und ich mag, wenn man sich Musik auf Vinyl anhört. Das hatte ein besonderes Gefühl, eine besondere Liebe zur Musik. Und es war warm. Und diese Wärme wollte ich mit “In Hi-Fi Stereo“ einfangen. Wir sind also in ein richtig altes Studio gegangen, haben überall alte 44er Mikrofone aufgestellt, waren alle gleichzeitig im Studio. Wir haben echte Wurlitzer benutzt, alte Instrumente und analoges Equipment. Das macht alles einen großen Unterschied. Ich denke, eine Menge Magie entsteht auf diese Art und Weise.”

Michael Arens: “Ist es nicht seltsam, dass im Jahre 2010, im digitalen Overkill, wo alles derart technisiert ist, der Trend gerade in der Black/Urban Music der ist, dass alle zurück in der Zeit gehen, ihr altes analoges Equipment rausholen, und alles so klingen lassen wollen, als wäre es vor 40 Jahren mit einem Achtspurrekorder aufgenommen worden?“

Mindi Abair: “Na ja, es ist möglich, Jeans ohne Löcher zu machen. Aber man trägt halt Jeans mit Löchern drin, weil es cool ist. (lacht) Das ist eigentlich nichts anderes. Es ist natürlich möglich, ein perfektes, lupenreines Album aufzunehmen. Aber weißt du was? Es ist einfach cool, ein Album aufzunehmen, dass ein paar Kratzer und Unreinheiten hat und gleich mitliefert, was sich an genau diesem Tag zugetragen hat. Ich wollte, dass sich der Hörer fühlt, als wäre er an genau diesem Tag im Raum mit uns gewesen. So wie bei den alten Ramsey Lewis-Alben oder die Sachen von Junior Walker. Wo du dich genauso gefühlt hast, als wärst du mit im Studio gewesen.”

Michael Arens: “Rex Rideout, einer der profiliertesten Soul- und Jazzproduzenten überhaupt, hat mit dir zusammen “In Hi-Fi Stereo“ produziert. Gerade in Bezug auf diesen erdigen, warmen Retro-Anspruch war das sicher eine nahezu perfekte Entscheidung…“

Mindi Abair: “Ja, ich habe es geliebt mit Rex (Rideout) zu arbeiten. Er ist unglaublich. Ich habe bereits in der Vergangenheit einige male an diversen Songs mit ihm gearbeitet. Wir waren wirklich auf der gleichen Wellenlänge. Wir trafen uns also und ich sagte ihm, dass ich eine Platte machen wollte, die diese alte Sensibilität hatte, zugleich aber ich selbst sein sollte. Songschreiben, das soulful sein sollte, Beats, nach denen man tanzen kann, alle Musiker sollten auf einer Wellelänge sein. Eben eine Art Soul. Wir hatten eine Menge Spaß, das Album aufzunehmen. Rex spielt sogar Keyboard auf dem Album.”
 

Michael Arens: “Unter den drei Lead-Sängerinnen und Sängern wie der Soul-Sängerin Lalah Hathaway, die James Browns “It’s A Man’s Man’s Man’s World“ interpretiert und David Ryan Harris, der seinen eigenen Song “Be Beautiful“ singt, fällt mir besonders Ryan Collins ins Auge bzw. ins Ohr!“

Mindi Abair: “Ryan Collins ist fantastisch. Er wurde mir durch meinen Freund Wayne Rodrigues vorgestellt. Wayne ist eigentlich ein Songschreiber für Popmusik. Er hat zum Beispiel für Natasha Bedingfield gearbeitet, für die er “Unwritten“ geschrieben hat. Als ich ihm von meiner Vorstellung mit diesem alten, knisternden Soul-Sounds erzählte, fingen seine Augen an zu glänzen. Es kam raus, dass er früher DJ war und all die alten Sachen zu Hause hat. Auf Vinyl. All die Earth, Wind & Fire-Platten, Ramsey Lewis, Bob James, all das alte Zeug. Ich dachte, er wäre Mr.Pop, ich kannte diese Seite an ihm nicht.”

Michael Arens: “Ich spiele selbst Saxofon. Wenn man wie Du so fantastisch klingt und seit so vielen Jahren Profi ist, kommt man da noch zum täglichen üben?“

Mindi Abair: “Nicht jeden Tag. Es ist hart, eine Karriere zu haben und jeden Tag auf Tour zu sein. So wird also oft der Gig zur Probe. (lacht) Eigentlich ist das sogar gut, denn gerade auf der Bühne passieren oft Dinge, die sonst nie passieren. Da gibt es einfach einen bestimmten Menge Druck vom Publikum, für das du spielst. Es gibt also diesen positiven Druck, der dich an deine Grenzen bringt und dir neue Dinge aufzeigt.”

Michael Arens: “Einen abschließenden Gedanken zu Dir und/oder deinem neuen Album “In Hi-Fi Stereo“?“

Mindi Abair: “Ich bin sehr glücklich, dass wir genau das Album gemacht haben, das wir gemacht haben. Denn im Herzen ist es eine alte Soul-Scheibe! Wir befinden uns sozusagen in altem Groove-Territorium. Ich könnte mich jetzt natürlich stundenlang ergehen in allen möglichen Details zum Album, wie dieses oder jenes entstanden ist. Am Ende des Tages wollten wir aber eine Platte machen, die schlicht ein Vibe ist. That’s what I’m all about – a vibe!”

© Michael Arens

Mindi Abair

"That’s what I’m all about – a vibe!”

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