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Various -
Fania Records 1964-1980-The Original Sound Of Latin New York (Strut
Records/!K7/Alive)
Immer wieder berichteten wir im SOUL TRAIN über die enge Verzahnung
von Lateinamerikanischer Musik mit der so genannten Black Music, mit Soul,
Funk und Jazz.
Besonders im (musikalischen) Schmelztiegel New York trug das Ende der ersten
“großen Welle“ Latin Music der dreißiger und vierziger Jahre, die noch
vornehmlich aus klassischeren Stilen wie etwa Mambo bestand, neue Blüten und
vermischte weitläufigere, verzweigtere Spielarten der Latin Music mit den
Einflüssen, die die Kids aus Spanish Harlem auf und von der Strasse
mitnahmen: Soul, RnB, Funk und Jazz.
In den sechziger und ganz besonders siebziger Jahren, als sich zusätzlich
dazu Disco in den Mix anreicherte, verwusch dies lateinamerikanische Musik
wie man sie seit Jahrzehnten kannte und führte als Folge zu einer kaum noch
zu identifizierenden, bis heute oft unglaublich cool wirkenden Mixtur aus
den bekannten Latino-Rhythmen und eben Soul/RnB, Funk, Jazz und Disco, um
nur die Hauptzutaten zu erwähnen.
Fania Records,
dass von Latin-Superstar Johnny Pacheco aus Frust über seine
Plattenfirma und deren Umgang mit seinem Material 1964 gegründet wurde, tat
sich dabei als Galionsfigur hervor.
In den folgenden zwei Dekaden veröffentlichte Pachecos Fania Records
Platten von allem, was in Sachen New York Latin Music Rang und Namen hatte,
besonders aus dem sich damals neu definierenden Nu Yorican Style, eben jener
Vermischung der populären Stile und einem damit verbundenen neuen,
selbstbewussten Lebensgefühl der in den USA ansässigen Latinos, insbesondere
aus Puerto Rico.
Aber auch kleinere Namen und Newcomer erhielten auf Fania Records die
Chance zu beweisen, dass eine Vermischung der Kulturen wie sie in New York,
in Spanish Harlem zu jener Zeit geschah, durchaus neue Dinge hervorbringen
kann, neue Wege begehen kann und neue musikalische Spielarten erobern kann.
So brachten Latin Music-Superstars wie Johnny Pacheco selbst, oder
Ray Barretto, Willie Colon (der SOUL TRAIN berichtete
bereits mehrfach über Colon), Celia Cruz, Ruben Blades,
Mongo Santamaria oder Joe Bataan, der wohl am beispielhaftesten
mit der Vermischung gerade mit Soul-Elementen experimentierte, Platten auf
Fania Records heraus.
Bobby Valentin,
Roberto Roena, Sonora Poncena, Tommy Olivencia,
Hector Lavoe, Cheo Feliciano gehörten ebenfalls zum Label-Roster,
oder die Fania All Stars, einem Zusammenschluss der größten Namen zu
einer Art Label-Supergruppe – auch das ein Zugeständnis an die Einflüsse aus
anderen Musikgenres – derartige Label-Supergruppen hatten bei den legendären
Soul-Labels Motown Records und Stax Records lange Tradition.
Nun veröffentlicht Strut Records via !K7 (Vertrieb: Alive) endlich
eine umfassende Retrospektive des unvergessenen Latin-Labels, dass zugleich
auch soviel mit dem Kernthema des SOUL TRAIN – mit Soul, Funk und
Jazz zu tun hatte.
Besonders jene Stücke der insgesamt immerhin 29 (auf 2 CDs verteilt – das
Album erscheint übrigens auch als Gatefold-Doppel-LP), die sich sehr
deutlich mit jenen anderen Einflüssen jenseits der klassischen Latino Music
vermischen – etwa jene von Willie Colon, Joe Bataan oder
Ray Barretto, um nur einige wenige zu nennen – haben schlichtweg
irrsinnigen, regelrecht coolen Unterhaltungswert.
Diese tragen ihren besonderen Charme zugleich im merklichen Alter des
Materials, dass sich mitunter auch mal verrauscht, teils nebulös, verwaschen,
der Soundqualität alter Mono-Aufnahmen alter Reggae-Mitschnitte der
sechziger Jahre nicht unähnlich, präsentiert, und heute, mit dem nötigen
Abstand und dem Herz in der zeitgenössischen DJ-Kultur einfach nur cool
wirken.
Kurzum: “Fania Records 1964-1980-The Original Sound Of Latin New York”
fasziniert vom ersten bis zum letzten Track, wobei ich an keiner Stelle das
Gefühl habe, irgendwie strikt dem Latin-Musikkatalog zu unterliegen. Das
vorliegende und dominante Musikgefühl ist vielmehr ein tanzbares, ein
flockig leichtes, eines, dass von der Hitze und der Energie von Latin, von
der Coolness von Funk, von den Strukturen und Streichern von Soul und RnB
und von der schnörkelhaften, aber stets unaufdringlichen Verspieltheit von
Jazz lebt.
Wem als eingefleischter Freund von Soul und Funk Latin bisher eher fremd
schien, sollte gerade über “Fania Records 1964-1980-The Original Sound Of
Latin New York“ den Einstieg ins Genre suchen. Nie wurde die Verzahnung
zwischen Latin Music und Soul, Funk und Jazz deutlicher als bei den 29
Song-Perlen dieses im übrigen sehr liebevoll und detailverliebt gestalteten
Doppelalbums mit einer Menge Infos im Booklet. Das alles hat schlichtweg
allerhöchste Güteklasse. Der SOUL TRAIN gibt grünes Licht für eine dringende
Kaufempfehlung!
© Michael Arens
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Album
des Monats
April
2011:
Various -
Fania
Records
1964-1980-
The
Original Sound Of
Latin New
York
(Strut
Records/
!K7/Alive)
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