MICHAEL ARENS' SOUL TRAIN

 

 

 

 

 

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INTERVIEW

 

 

 

 

 

Dennis Coffey - Der Atem des Soul

Aktuelles Album: Dennis Coffey - Dennis Coffey (Strut Records/Alive)

 

 
 

Dennis Coffey

 

Dennis Coffey - Der Atem des Soul

Aktuelles Album: Dennis Coffey - Dennis Coffey (Strut Records/Alive)

 

 

 

   

Wer Motown, den Soul von Motown kennt, kennt zweifelsohne auch Dennis Coffey. Denn der Gitarrist aus der Heimat jenes Motown-Sounds, Detroit, machte als festes Mitglied der legendären Funk Brothers-Motown-Studio Band eine beispiellose Geschichte und Karriere durch, ohne die jener Motown-Sound heute sicher nicht der gleiche wäre.

 

Auch der Umstand, dass Coffey bereits mit gerade mal 15 Jahren erste Platten veröffentlichte und an einer Vielzahl der ganz großen Song- und Album-Klassiker der Soul-Geschichte von den Temptations und den Isley Brothers über Edwin Starr bis zu Diana Ross & The Supremes oder War, um nur einige ganze wenige zu nennen, im wörtlichsten Sinne mit im Spiel war, unterstützen den Kultstatus, den die agile und Lebenslustige, dabei geradeaus denkende und sehr bodenständige Soul-Ikone mit seinen gerade mal 70 Jahren seit fast sechs Dekaden (!) inne hat.

 

Besonders unsere britischen Nachbarn stilisierten durch die einflussreiche Northern Soul-Bewegung Dennis Coffey zu einem der populärsten Underground-Soul-Acts, falls diese Bezeichnung überhaupt den Kern der Sache trifft, hoch. Unnötig, aber heute ein wichtiger und nicht mehr wegzudenkender Baustein in der Geschichte des Herrn Coffey.

 

Dass Dennis neben seinen Erfolgen als Studiomusiker auch als Solo-Künstler große Hits wie das übercoole Instrumental-Monster “Scorpio“, dessen Sound er im Interview als  “Acid Jazz Funk Craziness“ bezeichnet, große Erfolge feierte und feiert, ist gerade für Freunde von Soul und Funk, und damit last but not least für Freunde des SOUL TRAIN in doppelter Weise Fakt: Denn Dennis Coffey war selbst im Namensgebenden “echten“ SOUL TRAIN, in Don Cornelius’ Soul Train aus dem amerikanischen TV der Siebziger Jahre (die Show lief 35 Jahre von 1971 bis 2006) der erste weiße Künstler überhaupt!

 

Und nun das: Funk Brothers-Ikone Dennis Coffey, der den Hype um die Funk Brothers, wie er vor einigen Jahren mit Hochdruck betrieben wurde, nüchtern und umwerfend ehrlich abhandelt (“Wir mussten nie über unsere Musik reden. Wir spielten einfach drauf los, spielten uns die Bälle zu, und am Ende klangen wir alle Zwölf gemeinsam so, weil wir eben gemeinsam spielten. Einer von uns alleine hätte niemals so klingen können.“), veröffentlicht nach einem runden Dutzend Solo-Alben, die ihren Beginn in den auslaufenden Sechziger Jahren hatten, sein brandneues, Selbstbetiteltes Album, “Dennis Coffey“.

 

Das hervorragende, abwechslungsreiche und Energiegeladene Werk zwischen Soul, instrumentalem Speed-Funk und Anleihen  bei Jazz und Rhythm and Blues der erdigsten Sorte, erscheint dieser Tage über das britische Strut Records-Label (der SOUL TRAIN berichtete bereits mehrfach) und im Vertrieb von Alive, und ließ bereits in der Vorahnung keinen Zweifel daran, dass es für den SOUL TRAIN reine Ehrensache ist, der, das darf ohne Umschweife und Pathos gesagt werden, Soul-Legende Dennis Coffey nach seinem neuen Werk, seinem ersten seit fünf Jahren, das übrigens auch als Doppel-Vinyl erscheint, zu befragen…

 

 

Michael Arens: “Abgesehen von der hohen spielerischen Qualität deines neuen Albums mit dem Richtungsweisenden Titel “Dennis Coffey” bin ich begeistert von der unglaublichen Energie, die Du an den Tag legst. Du bist ja schließlich, Du wirst mir einen Kommentar wie diesen sicher verzeihen, auch keine 20 mehr… Wo zur Hölle nimmst du diese sagenhafte Energie her?”

 

Dennis Coffey: “Weißt du, ich habe einfach diese Leidenschaft in mir. Ich spiele ständig in irgendwelchen Clubs, übe zwei Stunden täglich Gitarre – ich mag schlicht, was ich mache…”

 

Michael Arens: “…Du übst tatsächlich jeden Tag zwei Stunden? Kaum zu glauben…”

 

Dennis Coffey: “Oh ja, ich habe noch immer nicht wirklich gelernt, mein Instrument zu spielen. (lacht) Es ist schon lustig – das einzige mal, als ich nicht der Älteste in einer Band war, in der ich gespielt habe, war, als ich vor Jahren mit Les Paul in der Rock’n’Roll Hall Of Fame spielte.”

 

Michael Arens: “Lernst Du denn tatsächlich noch was bei spielen – trotz deiner Jahrzehntelangen, beispielslosen Erfahrung in Sachen Musik im Allgemeinen – und Soul im Besonderen?!”

 

Dennis Coffey: “Oh ja. Ich habe da ein Programm auf meinem Computer, “Band in a Box“, das ist wie ein Vorspielen mit Publikum – in meinem Keller. Und so lerne ich Jazz-Sachen, Rock, schreibe Songs, und natürlich auch neue Dinge. Besonders, wenn ich an Songs arbeite, kommen immer wieder neue Dinge in mir hoch, und so schreibe ich dann einen Song darüber…”

 

Michael Arens: “Kommen wir also zum Anlass dieses Gespräches – deinem neuen Album. Wie kam es nach den für deine Fans viel zu vielen Jahren des Wartens zum neuen Longplayer?”

 

Dennis Coffey: Al Sutton, der das Album produziert hat, und der übrigens auch Kid Rock produziert, sah mich live, als ich hier in Detroit live spielte. Meine Frau, die für eine Radiostation arbeitet, stellte ebenfalls den Kontakt zu Al her. Also vereinbarten wir, etwas zusammen aufzunehmen, und dann zu schauen, wie es weitergeht. Da ich ziemlich routiniert darin bin, etwas aufzunehmen, wollte ich direkt wissen, was wir aufnehmen, wenn wir mit dieser einen Aufnahme durch sind. Also stellte Al ein Management-Team zusammen, die mit einem zweiseitigen Plan zurückkamen, was wir alles in der Zukunft zusammen machen könnten, inklusive der Platte NACH der Platte, der Tour… all diese Sachen waren detailliert geplant. Ich unterschrieb den Management-Vertrag und seitdem folgen wir sehr präzise diesem Plan.”

 

Michael Arens: “…der dann genau wie verlief?”

 

Dennis Coffey: “Der nächste Schritt war dann, mich mit meiner Gitarre in meinen Keller zu verkriechen und Songs zu schreiben. Ich schrieb also etwa 20 Guitar-Licks, etwa 20, 30 Song-Ideen, alles in allem etwa 20-30 komplette Songs. Dann haben wir uns mit diesem Material als Team hingesetzt und entschieden, welches Material davon wir aufnehmen wollten und sollten. Als ich dann in London war, um auf einem Festival zu spielen - zu dem Zeitpunkt hatten wir etwa drei Songs fertig gestellt - trafen wir uns mit Quinton Scott, dem Gründer und Präsidenten von Strut Records. Basierend auf diesen drei ersten Songs einigten wir uns auf einen Vertrag. Das war eigentlich sehr interessant, denn am Ende schaffte es nur ein einziger dieser drei Songs auf das Album.” (lacht)

 

Michael Arens: “Ah ja?! Welcher?”

 

Dennis Coffey: Das war “7th Galaxy”. Wir mussten den Songs neu abmischen und wieder ins Studio gehen, um weitere Songs aufzunehmen, die wir dann zum Label schickten. Das ging eine ganze Zeit hin und her, bis wir schließlich jene elf Songs für das Album zusammen hatten.”

 

Michael Arens: “Trotzdem ist “Dennis Coffey“ ja trotz deiner virtuosen Spielweise kein reines Instrumental-Album geworden?!”

 

Dennis Coffey: “Ja, das Management kam mit der Idee an, doch einige Songs mit Gesang zu versehen. Sie wollten einige der Original-Songs, auf denen ich Gitarre gespielt habe, mit Gesang covern. Wir entschlossen uns also, einige junge Sänger zu nehmen, und diese Geschichte auszuprobieren. Das schien zu wirken…”

 

Michael Arens: “…das kann ich bestätigen. Gerade frische Stimmen wie Orgones Fanny Franklin, Lisa Kekaula von The Bellrays, Mayer Hawthorne oder Rachel Nagy von den Detroit Cobras geben dem Album eine sehr frische, erdige und vor allen Dingen unverbrauchte Note.”

 

Dennis Coffey: “Ja, das schien sehr gut zu funktionieren. Zusätzlich benutzte ich meine alte Gibson Firebird-Gitarre, die ich auf vielen Motown-Sessions benutzt hatte, um den Sound wieder zu bekommen, den ich damals hatte. Natürlich hatte Al Sutton jede Menge antiker Verstärker und so was, die ich dazu benutzte. Dann noch die Arrangements für die Rhythmus-Sektion, und der Sound, und die Aufnahme konnte los gehen…”

 

Michael Arens: “Hört sich nach einer Menge Spaß, aber auch nach irrsinniger Arbeit an.”

 

Dennis Coffey: “Oh ja. Du musst einfach vorankommen. Immerhin benutzt du ja Studio-Zeit, als auch die Zeit der involvierten Musiker. In der Hinsicht habe ich viel bei Motown gelernt. Dort hatten wir genau eine Stunde pro Song. Ich habe also gelernt, keine Zeit zu verschwenden, und vor allen Dingen, Musiker spielen zu lassen, und nicht ihre Kreativität durch Experimente zu verschwenden. Denn anstatt lange herumzureden, gebe ich meinen Musikern lieber ein Rhythmus-Arrangement. So fangen wir alle auf der gleichen Linie, am gleichen Punkt, an und nutzen die Zeit, um zu spielen statt zu reden.”

 

Michael Arens: “Lass uns noch mal über “7th Galaxy” reden, den ersten Song des Albums, das zugleich eines der kraftvollsten Stücke des Albums ist, und sozusagen den Weg bereitet für den ganzen Sound des Albums, der überaus bewegt und nach vorne gerichtet ist.”

 

Dennis Coffey: “Ja, “7th Galaxy” war ja wie gesagt ein Song der ersten Stunde. Manchmal ist das so – da kam dieser irre Guitar-Lick in mir hoch, woraus ich dann diesen Song kreiert habe. Manchmal passiert so was ständig, andere male dauert es Ewigkeiten, bevor du was Brauchbares hinbekommst. Dann muss man zurück ins Studio und was anderes ausprobieren…”

 

Michael Arens: “…wie zum Beispiel die bereits erwähnten Gastsänger, die das Album sehr frisch wirken lassen und ihm viel Energie geben.”

 

Dennis Coffey: “Absolut. Sie geben dem Album erst die richtige Energie. Dabei stand ich gar nicht mit einem Taktstock vor ihnen und habe sie dazu verdammt, dieses oder jenes zu singen. Ich habe ihnen lediglich das Arrangement gegeben und sie einfach machen lassen. Kreative Menschen kann man nicht einsperren, man muss sie los lassen, damit sie Atmen können. Wir hatten alle so viel Spaß dabei, die Jungs in der Rhythm-Section waren alle breit am Grinsen, als wir unsere Sachen aufnehmen. Ich selbst übrigens auch…” (lacht)

 

Michael Arens: “Bist du jetzt, wo das Album in den Verkauf geht und die Promotion läuft, noch immer zufrieden mit diesem, deinem Sound?”

 

Dennis Coffey: “Ich habe einen Freund, der mich seit 40 Jahren spielen sieht. Er kam neulich vorbei, und als ich das Album laut spielte, sagte er: “Son of a bitch, this shit is gettin’ it on, man!” (lacht)

 

Michael Arens: “Für mich ist und war Dennis Coffey ein reiner Soul-Künstler. Auch, wenn deine Musik als Gitarrist oft instrumental ist, ist es doch lupenreiner Soul. Hast du mal daran gedacht, beispielsweise ein reines Jazz-Album zu machen? Gerade als Gitarist macht das sicher Sinn…”

 

Dennis Coffey: “Ich spiele ja manchmal Kontrabass bei einer traditionellen Jazz-Gruppe. Ich habe aber bisher einfach noch niemanden dazu gekriegt, mich das machen zu lassen. Das heißt aber nicht, dass es nicht mal irgendwann passieren wird.”

 

Michael Arens: “Als einer der “Erfinder“ des Soul Train-Sounds – was möchtest du da unseren Lesern, den Lesern des SOUL TRAIN, mit auf den Weg geben?”

 

Dennis Coffey: “Ich bin sehr dankbar für meine Fans und überhaupt alle, die meine Musik mögen. Wären da nicht all diese Fans, würde ich sicher alleine in meinem Keller sitzen und alleine für mich spielen; und das ist nicht unbedingt unterhaltsam. Ich möchte also meinen Fans danken, dafür, dass sie mich hören möchten. Denn nur dafür spiele ich. Wenn ich durch die Clubs ziehe und meine Auftritte absolviere, mache ich das für die Fans - das ist einfach eine großartige Sache!”

 

© Michael Arens

 

 

Dennis Coffey

 

 

Acid Jazz Funk Craziness

 

 

Dennis Coffey

 

 

Der Atem des Soul

 

 

 

Aktuelles Album:

Dennis Coffey -

Dennis Coffey

(Strut Records/Alive)

 

 
 

   

 
   

 

 
   

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