MICHAEL ARENS' SOUL TRAIN

 

 

 

 

 

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INTERVIEW

 

 

 

 

 

Tony Christie - Get Christie!

Aktuelles Album: Tony Christie - Now’s The Time (Acid Jazz/Columbia/Sony Music)

 

 
 
 

Tony Christie

 

Tony Christie - Get Christie!

Aktuelles Album: Tony Christie - Now’s The Time (Acid Jazz/Columbia/Sony Music)

 

 

 

   

Gleich mehrere Generationen kennen Tony Christie auf den verschiedensten Ebenen seines musikalischen, künstlerischen Schaffens. Da wäre zum einen erst einmal die Fangmeinde der ersten Stunde, die Christie, geboren am 25. April 1943 in Conisbrough, England und verwurzelt in Sheffield, mit den großen, zeitlosen Evergreens wie “I Did What I Did For Maria“ oder “(Is This The Way To) Amarillo“ identifizieren, dem wohl größten und erfolgreichsten Hit Christies aus den frühen Siebziger Jahren (der alle Jahre wieder in verschiedensten Versionen seine stetige Neuentstehung erfährt – von Ballerman bis Berghütte kann praktisch jeder irgendwie Musikinteressierte Mensch der westlichen Hemisphäre zumindest den Refrain sofort mitträllern), einer Zeit, die zumindest musikalisch fast durchweg fundierte, nachvollziehbare Musikstrukturen aus echten Instrumenten und nachhaltigem Songwriting mit sich zog.

 

Angefangen hat Tony Christie jedoch bereits in den Sechziger Jahren, bevor ihm schließlich nach einer Dekade harten Musikerlebens der Durchbruch, auch und besonders auf internationaler Ebene, gewährt wurde.

 

Denn im Verlauf der späten Siebziger Jahre wandelte sich Christie dann, leider wohl auch dank des langsam aber stetig untergehenden Sterns von anspruchsvoller, zugleich kommerzieller Musik vom international angesehenen Pop-, Soul- und Jazzcrooner mit dem unverwechselbaren Timbre in der Stimme zum innerdeutschen Schlagerbarden mit diesem vermeintlich unwiderstehlichen Akzent, der nach Traumschiff und Rosamunde Pilcher gleichermaßen klingt.

 

So veröffentlichte Tony Christie im Verlauf der Achtziger und besonders der Neunziger Jahre sagenhafte neun Alben speziell für den deutschen Markt – einige davon gar mit Schlagerproduzent Jack White - die wir an dieser Stelle nun mal der Vollständigkeit halber erwähnen sollten, jedoch vom musikalischen Standpunkt aus besser wegignorieren, haben diese doch so gar nichts mehr mit der Musik zu tun, die Tony Christie als auch den SOUL TRAIN groß gemacht hat.

 

Seit einigen Jahren jedoch besinnt sich Mr. Christie endlich wieder auf seine musikalischen Wurzeln. So begann mit seinem “Simply In Love“-Album 2006 eine Entwicklung, die nun in seinem aktuellen Album “Now’s The Time“ gipfelt.

 

Dass selbiges auf dem innovativsten britischen Label für die coole Vermischung aus Soul, Jazz, Grooves und Club-Attitüde, Acid Jazz, erscheint, ist nur ein erster wichtiger Hinweis auf die gelungene Klangfarbe und, viel mehr noch, auf die erfolgreiche Umsetzung des Albumkonzeptes, dass seine musikalische Intention auf Versatzstücke der Sechziger- und frühen Siebziger Jahre aus Pop, Soul, Jazz und zeitgemäßen Club-Groove setzt.

 

Denn auf seinem insgesamt 19. Studioalbum “Now’s The Time“ kommt Tony Christie mit soviel Druck und Bombast und orchestralem Brimborium nach vorne, dass es einem die Ohren sprengt: da brummt der Bass, da peitschen die Bläsersätze, da kontern wilde Jazz-Breaks mit geradezu orchestralem Schmiss einzigartige Soul-Strukturen und schnittige Streicher, dass es einem die Sprache verschlägt. Und dann dieses Tempo, dass einem kaum Zeit zum durchatmen zwischen den Songs lässt…

 

Größter Pluspunkt ist und bleibt aber Tony “Amarillo“ Christie selbst, der mal gefühlvoll vorsichtig, mal soulig verspielt, mal gradlinig oder aber auch mal so kraftvoll singt, dass es einem fast wie eine Urschreitherapie erscheint – “holt mich hier (die deutsche Schlager-Melange) raus, ich bin ein Star!“.

 

Womit wir wieder zurück am Anfang der unvergleichlichen Karriere der britischen Musiklegende angekommen sind, in den Sechziger Jahren, in denen auch dieses Album eine nicht unwichtige Rolle gespielt hätte.

 

Um diesen Sound, der richtig schön eigenwillig, aber stets cool daher kommt, zu generieren, setzte Christie auf Richard Barratt und Michael Ward als Produzenten des Werkes – eine weise Entscheidung, die das Klangerlebnis zwar nicht alleinig begründet, aber sicher einen Nachhaltigen Eindruck hinterlässt, der auf weitere Alben der Kombination Christie-Barratt-Ward hoffen lässt.

 

Dass dabei ein Song wie “7 Hills“ mit Duett-Partnerin Roisin Murphy, einer Hommage an Christies Wahlheimat Sheffield, bei allem kreativen Brimborium um das neue Werk Tonys bereits vor einigen Jahren produziert wurde, tut der Sache keinen Abbruch, ist doch Tony Christie bereits seit einigen Jahren wieder auf dem Pfad seiner eigentlichen, ursprünglichen Musikfindung.

 

Ebenfalls dabei und zugleich ein weiterer Beleg für die musikalische Verjüngungskur Christies: Jarvis Cocker (Pulp), mit dem Tony Christie bereits seit den späten Neunziger Jahren überaus erfolgreich kollaboriert.

 

Dass das Album so, wie es ist, durchweg glaubwürdig, nachdrücklich und strunzehrlich wirkt, zeigt, dass Tony Christie nun endlich zurückgefunden hat zu der Art Musik, die seinen Status als Ikone der populären Musik der Sechziger und vor allen Dingen Siebziger Jahre begründete.

 

Da das alles natürlich auch eine ganze Menge Soul bereithält, war es eine Ehrensache für den SOUL TRAIN, sich dem Thema Tony Christie und seinem exzellenten, überdurchschnittlich fett produzierten, immens unterhaltsamen neuen Longplayer “Now’s The Time“ zu widmen.

 

Mr. Christie, der im Februar auf einer Tour durch deutsche Konzertsäle sein wird, war es eine offensichtliche Ehre, unseren Fragen fundierte, gradlinige und überaus aufschlussreiche Antworten entgegenzuschleudern…

 

 

Michael Arens: “Nach all den Jahren des Schlagerdaseins im deutschsprachigen Raum scheinst Du nun zu deinen musikalischen Wurzeln zurückzukehren. Das ist ja schon seit ein paar Jahren festzustellen… Wie kam es zum neuen Album?“

 

Tony Christie: “2011 markierte mein 50jähriges Bühnenjubiläum. Ich wollte aus diesem Anlass mal wieder ein Album machen, dass echte Musik beinhaltete! Ungefähr so wie die Sachen, die ich zu meinen Anfängen in den Sechzigern gemacht hatte. Ich kannte Michael Ward und Richard Barratt von einem Song, den wir vor acht, zehn Jahren mal gemeinsam aufgenommen hatten. Besonders von Michael Ward, der bereits mit Alison Moyet zusammengearbeitet hatte, wusste ich, dass er ein großartiger Songschreiber ist. Ich sagte ihm also, dass ich ein neues Album machen will, dass ich nagelneue Songs möchte, und dass ich sie in einem Sechziger Jahre-Stil haben wolle. Ein wenig wie RnB und Soul und all dem Zeug, ein wenig, als wäre es bereits in den Sechzigern aufgenommen worden. So fing die Geschichte an…“

 

Michael Arens: “…dabei hatten doch sicher die Musikindustrie zu einem Marketingtraumdate wie einem 50jährigen Bühnenjubiläum ganz andere Pläne?!“

 

Tony Christie: “Na ja, ich saß bei Universal Music, die vor einigen Jahren mit mir ein sehr erfolgreiches Album -  “The Definitive Collection“ herausgebracht hatten, dass dreifach Platin erhielt. Sie schlugen vor, zu meinem 50jährigen Bühnenjubiläum eine breit gefächerte Kompilation herauszubringen und chronologisch auf jedes Jahr zurückzublicken. Ich aber wollte stattdessen lieber etwas ganz Neues machen. So gingen wir also zu Eddie Piller von Acid Jazz Records (der SOUL TRAIN berichtete bereits mehrfach, Anm. d. Red.), der zum Glück ein Fan von mir ist und begeistert von der Idee war, ein Album mit mir auf seinem Label herauszubringen. Michael, Richard und ich fingen also an, uns Songs zu schicken und begannen schließlich in Sheffield, gemeinsam zu entscheiden, welche Songs es werden sollen, und begannen dann, konkret daran zu arbeiten. Wir sind immer wieder nach Sheffield zurückgekehrt und hatten schließlich nach sechs Monaten alle Songs zusammen.“

 

Michael Arens: “Der Sound des Albums schafft es wirklich, dieses alte Vinyl-Gefühl aus den späten Sechzigern und frühen Siebzigern, als Musik noch Musik war, zurückzubringen!“

 

Tony Christie: “Das war unsere volle Absicht. Einen frühen Siebziger Jahre-Sound zu machen, echte A- und B-Seiten einer Schallplatte, die zusammengemischt werden… Diesen warmen, analogen Sound. Ich denke, das haben wir gut hinbekommen.“

 

Michael Arens: “Absolut. Hat dieser Umstand vielleicht auch etwas damit zu tun, dass große Teile des Albums in Sheffield, der heimlichen Musikhauptstadt Englands (der SOUL TRAIN berichtete immer wieder über das Phänomen, Anm. d. Red.) entstanden sind? Was ist eigentlich das musikalische Geheimnis dieser unglaublichen Stadt, die gerade in Sachen Soul und innovativer neuer musikalischer Wege noch heute immer wieder auftaucht?“

 

Tony Christie: “Vor drei Jahren habe ich bereits mit Richard Hawley ein Album mit dem Namen “Made In Sheffield“ aufgenommen, mit Streichern und allem, was dazu gehört. Es waren Songs aus der Feder von echten Sheffield Songschreibern, Songs von The Human League (der SOUL TRAIN berichtete bereits mehrfach, Anm. d. Red.) beispielsweise...“

 

Michael Arens: “Seit einigen Jahren ist es zugleich ja sehr populär, ja geradezu unverzichtbar geworden, in Studios wieder analoges Equipment zu benutzen, alte Tonbandmaschinen usw.“

 

Tony Christie: “Ja, eine Menge Studios verwenden heute wieder altes, analoges Equipment, gerade bei Aufnahmen. Ich hoffe, dass dieser Trend noch sehr lange anhält und die digitale Welt noch so lange wie möglich aufhält, denn bei digital klingt alles gleich – alles klingt wie Maschinen.“

 

Michael Arens: Jarvis Cocker (Pulp) war in die Entstehung von “Now’s The Time“ involviert…“

 

Tony Christie: “Ja, Jarvis arbeitete bereits am “Made In Sheffield“-Album mit mir und nahm mit mir vor etwas über zehn Jahren den Hit “Walk Like A Panther“ auf. Jarvis nahm damals eine Menge Songs als Demos auf, einige davon auf seinem Hotelzimmer. Er benutzte dabei unter anderem den Soundtrack zu dem britischen Film-Klassiker “Get Carter“ mit Michael Caine. Die Musik stammte damals von Roy Budd, und nachdem er die Genehmigung erhalten hatte, den Soundtrack zu verwenden, entstand dieser Songs für das neue Album namens “Get Christie“.“

 

Michael Arens: “Und dann ist da noch “7 Hills“, dein Duett mit Roisin Murphy, der unvergleichlichen Stimme von Moloko!“

 

Tony Christie: “Ja, “7 Hills“ sollte eigentlich bereits auf das “Made In Sheffield“-Album kommen. Sheffield wurde ja auf sieben Bergen errichtet und wird deshalb so genannt. Ich stamme nicht wirklich aus Sheffield, habe aber ein Mädchen aus Sheffield geheiratet und habe dort lange gelebt. Alle meine Kinder wurden in Sheffield geboren… Michael Ward hatte damals den Song geschrieben und Roisin Murphy lebte damals in Sheffield, das war die Verbindung, die es brauchte. Wir konnten damals aufgrund beruflicher Verpflichtungen Roisins das Duett nicht zu Ende bringen, also schaffte es der Song nicht auf das Album. Mir war aber immer klar, dass er auf meinem nächsten möglichen Studioalbum erscheinen soll. Und so kam es. Wir trafen uns, brachten den Song gemeinsam zu Ende und hier ist er…“

 

Michael Arens: “Der SOUL TRAIN ist ein deutschsprachiges Magazin für ein deutschsprachiges Publikum. Deswegen muss ich dir einfach die kommende Frage stellen, und ich möchte mich im voraus dafür entschuldigen, da es ganz sicher die EINE Frage ist, die Du in JEDEM Interview für deutsche Medien beantworten musst: Warum bist du gerade in Deutschland so immens erfolgreich?“

 

Tony Christie:  (lacht) “Ich habe heute diese Frage tatsächlich bereits für den NDR in einem Interview beantwortet. Ich kann nur mutmaßen, dass man mich dort (Deutschland) als Sänger und Mensch mag, so, wie ich bin, nicht so sehr, welche Platte wie oder wann ein Hit war. Heutzutage schauen sich die Menschen Sendungen wie Popstars, DSDS usw. an, und am Ende der Serie vergessen alle die Menschen darin, niemand verfolgt ihren Weg als Menschen irgendwie weiter. Die Deutschen entscheiden sich, dich zu mögen, und das ist es dann für immer. Die Menschen in Deutschland waren immer sehr gut zu mir, und sind es nun seit 40 Jahren. Ich habe mehr Platten in Deutschland alleine verkauft als in jedem anderen Land der Welt.“

 

Michael Arens: “Lass uns über diese Zahlen, diese Jahre noch mal sprechen. Ein 50jähriges Bühnenjubiläum ist schon wirklich erstaunlich. Wie fühlt es sich an, so lange dabei zu sein und nun ein brandneues Studioalbum mit neuem, richtig coolem Material draußen zu haben?“

 

Tony Christie:  “Ich war immer so beschäftigt, dass ich nie richtig darüber nachgedacht habe - Zeit. Ich hatte eine Menge Action, hatte sogar eine Zeit, in der ich als Sänger in England unbeliebt wurde. Ich bin immer wieder sehr viel gereist, bin auf Tour oder im Studio gewesen. Die Zeit vergeht wirklich so unglaublich schnell, es ist fast beängstigend. Ich habe jedenfalls mein ganzes Herzblut in “Now’s The Time“ gelegt und versucht, mir meine Jugend auch in meinen Sechzigern zu erhalten! (lacht)“

 

© Michael Arens

 

 

Tony Christie

 

 

Get Christie!

 

 

Tony Christie

 

 

Get Christie!

 

 

 

 

Aktuelles Album:

Tony Christie -

Now’s The Time

(Acid Jazz/

Columbia/

Sony Music)

 

 
 

 

 

 

 

www.soultrainonline.de

präsentiert:

 

Tony Christie Live!

 

01.02.2012 – Heilbronn, Festhalle

02.02.2012 – Bonn, Brückenforum

04.02.2012 – Fellbach,

Schwabenlandhalle

05.02.2012 – Berlin, Huxley’s

07.02.2012 – Frankfurt, Alte Oper

08.02.2012 – Hamburg,, CCH 2

 

Alle Angaben sind ohne Gewähr!

 
 
 
   

 

 
   

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