MICHAEL ARENS' SOUL TRAIN

 

 

 

 

 

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CD-BESPRECHUNG / CD-REVIEW

 

 

 

 

Various - Richard Sen presents This Ain’t Chicago (Strut Records/Alive)

 

 

 

 

 

 

Various - Richard Sen presents This Ain’t Chicago (Strut Records/Alive)

 

Erst, als ich CD1 komplett durchgehört habe und mich gerade an CD2 machen will fällt mir der Untertitel von “Richard Sen presents This Ain’t Chicago” auf: “The Sound Of Underground UK House & Acid 1987-1991”.

 

Einmal mehr ernüchtert mich dieser Titel zunächst und zeigt mir, dass das, was seinerzeit, also gegen Ende der Achtziger Jahre bis Anfang der Neunziger Jahre als Acid oder Acid House deklariert war und damals leidenschaftlich von mir gehasst wurde heute in einem ganz anderen musikalischen Licht dasteht. Was mir am Acid House damals aufgrund seiner unnötigen “Härte“ und seiner oft drittklassigen musikalischen Umsetzung als unhörbar erschien, scheint mir heute nicht nur hörbar sondern regelrecht faszinierend, so gar nicht nach hartem House sondern eher nach Individual-Soul oder zumindest eine derer Untergattungen klingend. Kurzum: Ich liebe den Sound der rund zwei Dutzend Songs des langen Doppelpacks auf dem britischen Strut Label (der SOUL TRAIN berichtete).

 

Der Grund dürfte einmal mehr der Faktor Zeit sein: Was damals oft (auch hier gibt es eine Menge Ausnahmen) als schlichtweg ultraplumpe Aneinanderreihung von zu schnellen, zu billig produzierten, zu subtanzlosen und zu keksdosenartigen BPMs zu jenem Acid House wirkte, hat heute einen Charme, der eher dem Soul und den verschlungeneren stilistischen Wegen desselben zuzuschreiben ist und mich fast magisch anzieht.

 

Vielleicht ist es die Erinnerung an jene Ära, vielleicht sind es aber auch die Harmonien und Melodien, die mir in den Songs erst heute so richtig bewusst werden. Allen voran “Jealousy And Lies“ von Julian Jonah, obwohl genau dieses einer der Ausnahmesongs des Albums ist, der mir schon damals wegen seiner hochpräzisen Produktion, wegen der Stimme und wegen der unglaublich Deepen Atmosphäre extrem gut gefallen hat.

 

Der überwiegende Teil des herausragenden Albums, das Thematisch, Musikalisch als auch Kompilationstechnisch überzeugen kann, wirkt eher wie ein einziger Song. Egal, ob wir Arbeiten zwischen jenem Acid House bis zu Deep House von heute fast vergessenen Projekten wie Bizarre Inc., Man With No Name, Bang The Party, A Guy Called Gerald, Colm III, Sly And Lovechild, Baby Ford, Jail Break, Annette oder gar dem “Happy House Mix“ von Paul Rutherfords “Get Real“, um nur einige wenige zu nennen, zu hören bekommen – die Songs greifen nahtlos ineinander über und wälzen so das Acid House-Thema um zu einem extrem charmanten und durchweg hörenswerten retrospektiven Deep House-Kuchen, der gerade von den oft nach Kirmes und Flipper klingenden Soundeffekten lebt und mich, ich muss es einmal mehr sagen, eher an eine Individualform von Soul denn an House erinnert.

 

Insgesamt gesellt sich auch noch eine Art Post New Wave-Gefühl in den zwei Dekaden alten Sound. US mit “Born In The North“ ist so ein Song, der in seiner Intensität nur noch mal unterstreicht, wie gut dem Sound die zwanzig Jahre des Einlagerns getan haben – auf bizarre aber durchaus verdiente Weise klingt die Musik von “This Ain’t Chicago“ heute besser denn je!

 

Produzent und DJ Richard Sen machte hier einen brillanten Job, auch, wenn man heute nur schwerlich nachvollziehen kann, dass das Material damals eine ehrliche Antwort auf eben jenen House aus Chicago sein sollte. Ich kann mich bei aller Ehrlichkeit nicht ganz der Aussage Sens anschließen, dass mich “viele der Tracks inspiriert haben“. Ich muss zugleich jedoch ohne wenn und aber eingestehen, dass sie diesen Zweck heute, runde 20 Jahre später, mehr als erfüllen.

 

Mit Musik ist es manchmal wie mit Wein, Whiskey, Bernstein oder Diamanten – manchmal braucht es Zeit und vielleicht auch Druck, aus etwas einfachem ohne Fundament etwas ganz Besonderes zu machen. Geschehen auf der Doppel-CD „“Richard Sen presents This Ain’t Chicago” auf Strut Records, die einmal mehr einen haptisch und informativen, herausragenden Job gemacht haben und aus dem Album ein echtes Sammlerstück kreierten.

 

Das Ding erscheint wie bei Strut Records-Alben üblich selbstverständlich auch auf Vinyl – es lohnt sich garantiert!

 

© Michael Arens

 

 

 

 

Various -

Richard Sen presents

This Ain’t Chicago

(Strut Records/Alive)

 

 

 
 

 

 

 

 

 

 

 
 

 

 

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