MICHAEL ARENS' SOUL TRAIN

 

 

 

 

 

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Michael Arens' SOUL TRAIN - Germany's Soul Music-Magazine Nr.1! (www.soultrainonline.de)

 

 

 

MICHAEL ARENS' SOUL TRAIN - Your monthly Mag for Soul, Funk, RnB, Smooth Jazz & Urban Grooves

 

KOLUMNE / COLUMN

 

 

 

 

 

Cherry Red Records/Rough Trade

Remastered, Reissued & Expanded - Soul-, Funk- & Jazz-Klassiker neu aufgelegt!

 

 

 

 

 

 

Cherry Red Records/Rough Trade

Remastered, Reissued & Expanded - Soul-, Funk- & Jazz-Klassiker neu aufgelegt!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Cherry Red Records/Rough Trade

Remastered, Reissued & Expanded - Soul-, Funk- & Jazz-Klassiker neu aufgelegt!

 

Der SOUL TRAIN wird nicht Müde, darüber zu berichten: Soul, Funk und Jazz brachten immer schon unzählige Stilblüten, Klassiker und obskure Trittbrettfahrer in Form von Künstlern und Alben hervor, welche bis heute die Klangfarbe des Genres bunter machen, nachhaltig verändern und schließlich ausmachen.

 

Das britische Cherry Red Records-Label und der deutsche Rough Trade-Vertrieb bringen seit geraumer Zeit regelmäßig große, kleine und bemerkenswerte Klassiker des weit verzweigten Soul-, Funk- und Jazz-Genres der Siebziger und Achtziger Jahre auf CD heraus.

 

Diese erscheinen wahlweise als Reissue, als Album-Doppelpack (2 Original-Alben auf einer CD), als Remastered Original-Album oder als Expanded Edition mit einer Menge faszinierendem Zusatzmaterial wie Bonus Tracks jeglicher Couleur, Liner Notes von versierten Kennern des Soul-Genres, Fotostrecken, Coverabbildungen und allerlei weiteren interessanten Zusatzfeatures.

 

Der SOUL TRAIN nimmt sich im Rahmen dieser Kolumne regelmäßig diesen Klassikern in neuem, teils edlem Gewand an und wird ausführlich über alle Aspekte der Veröffentlichungen wie die Musik, den bzw. die Künstler, den Sound, die Hintergründe, die Philosophie und nicht zuletzt das Produkt als Ganzes berichten.

 

Die SOUL TRAIN-Redaktion wünscht viel Spaß beim Lesen und Studieren sowie, last but not least, beim Hören!

 

 

2. FOLGE: Alicia, Gladys & Blue Eyed Soul

 

Norman Connors gehört fraglos zu den großartigsten Erscheinungen der Soul-Szene der Achtziger Jahre. Abgesehen von seinem Schaffen in Soul und Funk als auch in Jazz vor und massiv auch nach dieser Ära gehört sein kreativster Verdienst sicherlich seinem Wirken als Produzent. Eines der wohl gelungensten und auch legendärsten Alben, die Connors seinerzeit produziert hat, ist fraglos das grandiose “Back For More“ von Al Johnson aus dem Jahre 1980, vermutlich eines der besten Jahre für das, was wir im SOUL TRAIN Discosoul oder Boogie im weitesten Sinne nennen.

 

Insbesondere die Single vom Album gleichen Namens machte sich um das Genre überaus verdient und gilt bis heute als eine regelrechte Hymne des Soul und Funk der frühen Achtziger Jahre – gerade für einen Midtempo-Song ungewöhnlich. Bis heute ist dieser Charme mitnichten verbleicht – das Ding funktioniert noch immer tadellos und dürfte dank seines sehr homogenen Sounds gar zu den schönsten und rundesten Soul-Produktionen überhaupt zählen. Das gilt im übrigen auch für das gesamte Album, dass seinen Sound besagtem Norman Connors als Mann hinter den Reglern aber auch Mastermind Al Johnson, der das überwiegende Material des Albums damals geschrieben hat, zu verdanken hat.

 

Die “Back For More“-Wiederveröffentlichung auf SoulMusic.com Records durch Cherry Red Records und deren deutschen Vertrieb Rough Trade punktet unter anderem mit Liner Notes von SoulMusic.com-Labelchef David Nathan sowie zwei Bonus Tracks – der “Single Version“ von “You Are My Personal Angel“ sowie der “Single Version“ vom nach wie vor unvergleichlich guten und schlicht wunderschönen Titeltrack “I’m Back For More“.

 

 

Wunderschön ist ein Attribut, dass auch auf Alicia Myers’ Stimme zutrifft. Die erste Hälfte der Achtziger Jahre war auch ihre ganz große Zeit, in der sie die beiden vorliegenden Alben, “Alicia“ und “Alicia Again“ (beide von 1981) herausbrachte.

 

Das Doppelpack umfasst dabei den Klassiker “I Want To Thank You“ vom “Alicia“-Album sowie “Do Your Kind Of Dance“ vom “Alicia Again“-Set. Die eigentlichen Gewinner waren und sind für mich jedoch die kleinen, teils sehr skurrilen und subtilen Songs zwischen den großen Discosoul-Hymnen wie etwa der “Reggae Funky Dance“ vom “Alicia“-Album, dass die großartige Stimme Myers’, die sogar zweit- und drittklassige Songs auf fast magische Art veredeln kann, nicht als Zugpferd, sondern als teil des Ganzen einsetzen und mitunter sogar einen sehr hörbaren, dabei einzigartig coolen Sound an den Tag legen.

 

Die Original-Album-Produzenten Kevin McCord und Al Perkins taten ihr übriges, Alicia Myers neben ihrer Arbeit als Frontfrau der gemeinsamen One Way-Formation (vormals Al Hudson & The Soul Partners) ihre eigene Soul-Handschrift zu verpassen, die bis heute nachschwingt und sagenhafte Durchzugskraft besitzt.

 

Das Doppelpack (zwei Alben auf einer CD) beinhaltet die übliche Masse an Infos und Abbildungen im umfangreichen Booklet sowie ausführliche Liner Notes von Soulschreiber Lewis Dene über Alicia Myers, die vorliegenden Alben und deren Geschichte.

 

Bereits in der ersten Folge dieser Kolumne befassten wir uns mit Discosoul-Überproduzent Tom Moulton, der auch dieses mal seine goldenen Produzenten-Händchen retrospektiv unter Beweis stellt. Das Reissue seines 1979er Loose Change-Projekt-Albums mit gleichem Namen (“Loose Change“) würdigt einmal mehr das Schaffen Moultons, dessen Slogan “A Tom Moulton Mix“ bis heute das Funkeln in den Augen einschlägiger Soul-Fans der Ära verursacht.

 

Das Set beinhaltet neben den üblichen Liner Notes von Christian John Wikane drei Bonus Tracks, die es in sich haben: das vom heute fast vergessenen Neil Sedaka geschriebene “You Never Done It Like That“, die “Single Version“ von “Straight From The Heart“ sowie “My Place Or Your Place“ dass einen Schlussstrich unter das zieht, was bereits in den ersten Sätzen der Liner Notes angerissen wird und den Sound Tom Moultons, des Studioprojektes Loose Change, dieses Abums sowie der Ära überhaupt beschreibt: “New York City, Munich, Philadelphia, and Los Angeles.“. Mehr braucht es nicht, die Philosophie einer ganzen Discosoul-Generation zu beschreiben.

 

        

 

Überaus umfangreich gestaltet sich das Booklet der Wiederveröffentlichung des Meli’sa Morgan-Album-Klassikers “Do Me Baby“ (1985), dass neben zahlreichen Coverabbildungen, den vollständigen Credits zur Musik auch sehr informative Liner Notes von Soul-Spezialist Justin Kantor liefert.

 

Das Album, ein wahrhaftig unverzichtbarer, zeitloser Klassiker des Eighties-Soul, kommt gleich mit sage und schreibe sieben Bonus Tracks, die sich insbesondere um diverse Mixe und Versionen von den großen Hits des Albums wie dem Titeltrack “Do Me Baby“ oder dem unwiderstehlichen “Fool’s Paradise“ drehen – eine Punktlandung für das Label SoulMusic.com sowie Cherry Red Records und Rough Trade als Vertriebspartner.

 

Die Produktion des Albums war seinerzeit eine Mischkalkulation und brachte Lesette Wilson, Paul Laurence, Bryan Loren, Dennis Lambert und Jeremy Smith zusammen mit Meli’sa Morgan selbst an einen Produzenten-Tisch. Herausgekommen ist damals eine absolut ausgewogene Soul-Perle mit ausreichend Club-Attitüde, die beispielhaft für die Durchzugskraft des Souls der Achtziger Jahre bzw. dessen Sound steht und besonders durch seine ausgewogene, abwechslungsreiche Balance aus Slow Jams, Midtempos und Uptempos bis heute überzeugt.

 

Schlicht mit “Two“ betitelt wurde im Erscheinungsjahr 1980 das zweite Studioalbum der GQ-Formation. Das kompakte Album strotzt vor Selbstbewusstsein und ist ein weiteres Beispiel dafür, wie nah sich Soul, Funk und die große Disco-Ära seinerzeit standen. Der Sound von “Two“ geht deutlich und schweißtreibend nach vorne und wurde seinerzeit von Jimmy Simpson produziert. Kein Geringerer als Soul-Produzenten-Legende Larkin Arnold hielt als ausführender Produzent die Fäden im Hintergrund in der Hand und verpasste dem Album mit seinen voluminösen Streichern und Bläsersätzen einen sehr nachhaltigen Sound, der es tatsächlich schaffte und schafft, echtes Philly Soul-Gefühl mit Discosoul klassischster Zeichnung in eine Schnittmange zu packen.

 

Ebenfalls profitierte das zweite GQ-Album von dem nachhaltigen Gesang der Formation, was besonders bei Tracks wie “GQ Down“ positiv auffällt. Ein überaus attraktives Booklet mit einer Menge Abbildungen, detaillierte Liner Notes von Stephen Schnee sowie zwei Bonus Track (diverse Versionen von “Standing Ovation“ und “Reason For The Reason“) und eine echte Album-Reissue-Perle aus dem Hause Big Break Records/Cherry Red Records/Rough Trade ist fertig.

 

        

 

“Action Speaks Louder Than Words“ war der wohl mit Abstand größte Hit der eher und leider viel zu kurzlebigen Chocolate Milk-Formation, die im umfangreichen Booklet der Wiederveröffentlichung ihres gleichnamigen Albums aus dem Jahre 1975 gleich in der Überschrift der Liner Notes ihre musikalische Philosophie preisgibt: “A Chocolate Funk Sensation“.

 

Obwohl der Sound des Albums mit eben jenem Soul-Monster-Slow Jam “Action Speaks Louder Than Words“ in diversen Passagen immer mal wieder wie Fusion Jazz klingt, ist das Funk-Ding allgegenwärtig. So sind die zehn regulären Songs des Sets durchtränkt mit voluminöser Funk-Attitüde, aber auch butterweichen Soul-Stimmen und immer wieder knackigen Jazz-Breaks, was wohl insbesondere das Verdienst von Jazz- und Soul-Produzent Allen Toussaint war, der damals gemeinsam mit Marshall Schorn das Album produzierte.

 

Überraschend spritzige Liner Notes von Rico “Superbizzee“ Washington sowie die “Single Version“ von “My Mind Is Hazy“ als Bonus Track komplettieren das erstklassige Reissue dieses herausragenden Albums, dass bis heute zu einem der größten Klassiker des Funk der Ära – in einem Atemzug mit Acts, die dem Funk neben dem Soul vermutlich ein wenig Näher standen – Lakeside, Cameo, die Bar-Kays oder Zapp sind hier beispielhaft zu nennen – gilt und seiner Zeit fünf bis zehn Jahre voraus war.

 

Womit wir uns so langsam vom klassischen Discosoul, vom Boogie und vom Funk der Siebziger und Achtziger Jahre verabschieden und uns in einem weiteren Remaster-Leckerbissen aus dem Hause Big Break Records/Cherry Red Records/Rough Trade verbeißen: dem “F.B.-I.“-Album der britischen Funk-Formation der Siebziger Jahre.

 

Der ganz große Unterschied zum vorab erwähnten Funk á la Chocolate Milk ist fraglos der Hintergrund: denn statt aus einer der großen amerikanischen Funk-Hauptstädte wie etwa Dayton, Ohio zu kommen, stammten F.B.I. aus England, was alleine schon eine Seltenheit ist.

 

Will Layman weiß im CD-Klappentext gleich eine Menge Einzelheiten und Anekdoten zu dieser faszinierenden Thematik zu berichten und reichert so die Neuauflage des Sets zu einem echten Leckerbissen für Fans des Genres an – zählt das Album doch bis heute zu jenen Alben, nach denen sich eingefleischte Fans und Sammler die Finger lecken und für das nicht selten hohe dreistellige Summen gezahlt wird.

 

Mit vier Bonus-Tracks verwöhnt uns das Album im Ganzen, das für mich seinen Reiz insbesondere in der schieren Veröffentlichung auf CD hat, gilt es doch wie gesagt bis heute zu einer echten Seltenheit, die gerade Sammler fasziniert. Zwei dieser Bonus Tracks sind gar Live-Mitschnitte der tatsächlich authentischen Funk-Formation, die ihrem Sound jedoch (unfreiwillig?) erste, sehr harmonisch wirkende Bausteine aus dem, was sich einige wenige Jahre später mal British Jazzfunk nennen sollte (der SOUL TRAIN berichtete immer wieder), mitgab und so auch das Erscheinungsjahr sowie das Jahr, aus dem die Mitschnitte stammen – 1976 – zu einem ganz Besonderen in Sachen Funk – britischem Funk - machten.

 

        

 

Obwohl uns das nächste Album aus der Remasters-Serie im Cherry Red Records/Rough Trade-Vertrieb noch einmal in jene Discosoul-Ära der späten Siebziger- und frühen Achtziger Jahre zurückführt, ist es doch die Eigenwilligkeit und der europäische Ansatz, den das Don Ray-Album “The Garden Of Love“ aus dem Jahre 1978 ausmacht.

 

Dem Gusto des langjährigen Don Ray-Wegbegleiters Cerrone entsprechend, mit dem Don Ray das vorliegende Album gemeinsam produziert hat, zeigt das vorliegende Albummonster, wie eng miteinander verwoben Soul, Funk, Jazz und immer wieder Disco-Elemente der Ära gemeinsam mit einer, nennen wir es für den Moment mal so, mitteleuropäischen Blue-Eyed-Soul-Anmutung, sein konnten, und trotzdem wie aus einem Guss einen ganzen Sound neu erfanden.

 

So klingt “The Garden Of Love“ mal wie ein Giorgio Moroder-Album, mal wie eine der längst auch in echten Kennerkreisen anerkannten und als edler Ultra-Trash mit Charisma und unfreiwilligem Soul-Anspruch angesehenen B-Seiten der großen Boney M.-Singles, mal wie rundlaufender und prunkvoller Philly Soul, mal wie ein frankokanadisches Stück Disco-Geschichte á la Isabelle Boulay oder dem Transatlantik-Discosoul, wie ihn Claudja Barry gemacht hat, mal wie Chic oder auch wie Produktionen von Bobby Orlando oder Ansätzen vom typischen Italo-Disco, der damals noch in den Kinderschuhen steckte.

 

Das alles hat einen regelrecht herzhaften Sound, der mit dem heutigen zeitlichen Abstand erst recht begeistert und irgendwie süchtig macht – nie war europäisch klingender Discosoul mit Blue-Eyed-Soul-Attitüde so genial wie hier. Ein umfangreiches Booklet mit Klappentext von Christian John Wikane sowie alle notwendigen Coverabbildungen und Infos zum Material ergänzen dieses Remaster aus dem Hause Big Break Records/Cherry Red Records, in Deutschland von Rough Trade vertrieben, zu einem der auffälligsten der zweiten Folge dieser ehrenwerten Kolumne im SOUL TRAIN – Deutschlands Soul Musik-Magazin Nr.1.

 

Da wir uns ja gerade in etwas ausgefallenerem, europäischen, weitgehend, musikalisch gesehen, weißen Soundsphären befinden, ist es an der Zeit, wohl eines der hierzulande Bemerkenswertesten so genannten One Hit Wonders der Achtziger Jahre zu präsentieren: Plastic Bertrand.

 

Dieser wird bis heute fraglos mit immer wieder nur mit einem einzigen Song identifiziert: “Ça Plane Pour Moi“. Der Rest des Albums, immerhin weitere zehn Stücke, klingen bei aller Fairness dann auch genau ebenso – Füllmaterial, um den Megahit seinerzeit, der sich stilistisch in der Post-Punk-Ära aber auch in Disco und Jazzfunk-Attitüde zugleich bewegt, in einen Album-Rahmen zu bringen, der gerade mit dem gehörigen Abstand seit der Original-Veröffentlichung 1977 eine fast verstörende Präsenz hat, die als Ganzes auch Elemente aus karibischer Musik oder gar Jazz hat – ein individueller Meilenstein der Rock- und Pop-Geschichte, der nur an der Oberfläche mit zahllosen Gitarrenriffs vorgibt, ein Rock-Album zu sein.

 

So wundert es also nicht, dass das Album mit gleich zwei Versionen von “Ça Plane Pour Moi“ daher kommt: der total verrückten, in seinem Purismus an Ska und Rock’n’Roll erinnernde “Instrumental“-Version sowie dem an den New Wave-Rock-Pop-Jazz-Wahnsinn des Originals angelehnten “Remix“.

 

Umfangreiche Liner Notes von Evan Sawdey zum skurrilen Rock-Pop-Funk-Soul-Jazz- Potpourri von Plastic Bertrand sowie zahlreiche Abbildungen machen die Wiederveröffentlichung des Plastic Bertrand-“An 1“-Albums zu einem individuellen Stelldichein einer ganz eigenen Sonderklasse.

 

 

Wir bleiben im europäischen Siebziger- und Achtziger Jahre-Pop-Universum, dass sich seine Philosophien und Ideologien aus Soul und Funk ebenso holt wie aus Rock oder Jazz. Freur war eine eher kurzlebige britische Formation, die sich zum einen ihre Sounds ihres einzigen regulären Albums “Doot-Doot“ 1983 aus dem breiten Sound-Fundus des Who-Is-Who der Ära von den Thompson Twins, Ultravox, Heaven 17, den Dexys Midnight Runners, Howard Jones, The Style Council, Paul Young, The Human League, Tears For Fears, The Boomtown Rats oder ABC zu holen schienen, eigentlich aber ein ganz eigenes musikalisches Universum besetzten.

 

Denn gerade dieses Debütalbum griff mit dem Top-Hit “Doot-Doot“ als Singleauskopplung der ersten Stunde nach dem Stern mit der eigenen Handschrift und bezeugte gerade in jenem Titelsong “Doot-Doot“ seine selbstverliebte Neigung zu einem fast hypnotischen, meditativen Sound jenseits vom Pop-Allerlei.

 

Dabei sind Harmonien und Melodien immer öfter und mit jedem Track des Original “Doot-Doot“-Albums erneut auch jene des Soul – mit einem New Wave-Nerv, der in den anfänglichen Achtziger Jahren praktisch alles veredelte, was von unseren britischen Nachbarn musikalisch aufs deutsche Festland schwappte.

 

Das vorliegende Doppelpack arbeitet dabei besonders über das zweite, bis dato zumindest in Freurs Heimat England nie veröffentlichte Studioalbum, “Get Us Out Of Here“, dass jedoch nicht ganz an die Einfachheit und meditative und hypnotische Einfachheit und Schönheit von “Doot-Doot“ herankommt und eine Spur zu viel wie Howard Jones und Co. klingt. Doch sei’s drum – der vorliegende Doppelpack enthält neben beiden Alben mit insgesamt 20 Songs eine ausführliche Biografie zu Freur sowie eine Fülle an Bildmaterial. Kein Muss, aber ein willkommenes, sehr seltenes Kleinod an mitteleuropäischer Pop-Geschichte, dass sich Cherry Red Records und dessen deutscher Rough Trade-Vertrieb da für eine Wiederveröffentlichung ausgesucht haben.

 

Freeez lag besonders auf ihrem zweiten Studioalbum “Gonna Get You“ aus dem glorreichen Soul-, Funk- und Popjahr 1983 gar nicht so ganz weit weg vom Freur-Sound, obwohl hier wie bereits beim Erstlingswerk, dem unübertroffenen “Southern Freeez“, der Soul und der Jazz wesentlich mehr im Vordergrund stand als bei den New Romantic-Funkern von Freur.

 

Die Doppel-CD (“2 Disc Expanded Edition“) strotz nur so vor Bonus-Material und offeriert neben dem Originalen “Gonna Get You“-Album und dem dazugehörigen “Gonna Get You“-Megamix auf CD1 insgesamt 13 Bonus Tracks auf CD2. Diese bebildern in fast epischer Breite die gesamte Bandbreite der gerade in der SOUL TRAIN-Redaktion unvergessenen Freeez-Formation, die sich immer wieder auch, zumindest auf diesem Album, mit der damals gerade regelrecht explodierenden Breakdance- und Electro-Welle beschäftigte (gemeint ist hier nicht die Art, elektronische Musik im Clubfähigen Gewand zu machen – Electronica - sondern Electro, eine sehr kurzlebige, mit Hip Hop und Breakdance eng verwobene Unterart, von der man sagt, dass es weniger als 200 tatsächliche, echte Songs gibt, die in dieses Raster fallen).

 

So wundert es kaum, dass das auf “Gonna Get You“ befindliche “I.O.U.“ bis heute der mit Abstand größte Hit von Freeez um Frontmann John Rocca wurde, was zu einer Art Fluch für die hochgelobte Freeez-Formation wurde: Stets werden so Freeez bis heute einzig und allein mit dem Superhit identifiziert, der jedoch schon deutlich weiter vom eigentlichen British Jazzfunk-Charakter der Formation wegführte und damit die stilistische Irreführung um Freeez bis in die Gegenwart begleitet.

 

Das mitgelieferte Booklet der Doppel-CD als üppig zu bezeichnen, wäre die Untertreibung des Jahres. Neben einer unglaublichen Fülle an Fotomaterial gibt es ein Interview mit Freeez-Mastermind und Stimme John Rocca (Peter Maas (Bass, Gitarre), Everton McCalla (Schlagzeug, Percussion), und Andy Stennett (Keyboard, Piano) waren die weiteren Mitglieder der Freeez-Formation) sowie ausführliche Liner Notes und ein Kommentar von Superproduzent Arthur Baker, der federführend “Gonna Get You“ produzierte. Alle sonstigen notwendigen Infos zu den sagenhaft guten Songs machen aus den zwei Silberlingen das Highlight der diesmaligen SOUL TRAIN-Kolumne um Reissues, Remasters, Expanded Editions und sonstigen Neuauflagen der großen Klassiker aus Soul, Funk, Jazz und Pop der Siebziger und Achtziger Jahre aus dem Hause Cherry Red Records (im Vertrieb von Rough Trade).

 

        

 

Gar nicht so weit weg vom Freeez-Sound waren auch Direct Drive und First Light, die zwei ersten Projekte des Briten Paul Hardcastle, einem der meistbeschäftigsten und umtriebigsten Musiker und Produzenten der britischen Soul-, Funk- und Jazzszene überhaupt.

 

In Deutschland dürfte Hardcastle besonders mit seinem Achtziger Jahre-Megahit “19“ in aller Ohren sein und wird seitdem eher als One Hit Wonder wahrgenommen, was seinem quantitativen und ganz sicher qualitativ hochwertigen Output alles andere als gerecht wird. Insbesondere Japan war und ist ein überaus erfolgreicher Markt für Paul Hardcastle, der unter eigenem, vollständigem Namen sowie unter unzähligen Projektnamen wie Hardcastle, The Jazzmasters, Kiss The Sky, Zero One oder eben aus den Anfängen der Achtziger Jahre Direct Drive oder First Light eine schier unüberschaubare Zahl an Alben (es müssen alles in allem weit über 40 sein - insbesondere, wenn man die Kompilationen mitzählt) veröffentlichte.

 

Die vorliegende Kompilation Direct Drive & First Light featuring Paul Hardcastle  - “Time Machine - The Oval Recordings 1981-1983“ nimmt sich nun dieser frühen Schaffensperiode Paul Hardcastles an und präsentiert elf Stücke lang das Beste, was das Thema zu bieten hat.

 

“Time Machine“ von Direct Drive oder die unverwüstliche Version des America-Hits “A Horse With No Name“ und der Pop-Chart-Hit “Don’t Be Mistaken“ von First Light sind dabei nur die Speerspitze des Sounds, den Hardcastle – heute ein Markenzeichen von eben nur ihm – in einer Vorwärtsbewegung aus Discotauglichen Soulbeats mit schnellen Jazzbreaks und einem unvergleichlich mitreißenden Groove anlegte und damit seiner besonders in Deutschland breit angelegten Fanbase erst das richtige Werkzeug in die Hand gab.

 

Alben beider Formationen – Direct Drive und First Light – erschienen damals bei Oval Recordings, was dem Album seinen Namen gibt, aber auch Oval Recordings ehemaligen Mastermind Charlie Gillett die Berechtigung, unglaublich ausführliche Liner Notes im Booklet zu spendieren. Eine Unmenge an Fotos und Coverabbildungen lassen die Mega-Kompilation zu einem weiteren echten Hingucker- bzw. Hinhörer dieser Kolumne werden.

 

        

 

Doch für den Moment erst einmal zurück zum eigentlichen SOUL TRAIN–Thema. Enchantment war einer der unbekannteren Soul-Formationen der Siebziger Jahre. Wie viele andere stammte die Band aus der Heimat des Motown-Sounds, Detroit, USA. Obwohl sie sich bereits in den Sechziger Jahren gründeten, erschien ihr selbstbenanntes Debütalbum “Enchantment“ erst 1976 und konnte solide Erfolge feiern, was schnell zum  Folgealbum “Once Upon A Dream“ 1977 führte.

 

Nachdem jedoch nach ihrem dritten Album “Journey To The Land:.. of Enchantment“ 1978 die Erfolge immer mehr ausblieben war nach ihrem letzten Album “Utopia“ 1983 Schluss für die Formation, die zugleich so viel Gutes und Erfolgreiches zu bieten hatte – noch heute sind “Gloria“, “Hold On“ und “Dance To The Music“ vom Debütalbum als auch “If You’re Ready (Here It Comes)“, “It’s You That I Need“ oder “Silly Love Song“ vom “Once Upon A Dream“-Set zeitlose und unangefochtene Soul-Klassiker, die beispielhaft die typische Klangfarbe des Genres der Siebziger Jahre aufzeigen.

 

Die remasterten Neuauflagen beider Enchantment-Alben werden durch die üblichen, hochwertigen Liner Notes, diverse Abbildungen und eine ordentliche Anzahl Bonus Tracks insbesondere unter dem Sammler-Aspekt rarem Soul-Materials zu einem unverzichtbaren Stück Soul-Geschichte, dass sich echte Soul-Junkies auf keinen Fall entgehen lassen sollten.

 

Ähnlich verhält es sich auch mit dem “Thelma Jones“-Album von der Sängerin gleichen Namens aus dem Jahre 1978. Obwohl das von Bert deCateaux und Brad  Shapiro produzierte Werk teils unglaublich erdige, authentische, ganz persönliche Versionen Jones’ diverser großer Soul-Klassiker wie etwa dem O’Jays-Tune “Now That We Found Love“ lieferte, blieb der ganz große Erfolg aus.

 

Streicher, so weit das Auge blicken bzw. das Ohr hören kann, in sich geschlossene, fast klassisch wirkende Arrangements und Thelma Jones’ eindrucksvolles, voluminöses Organ machen die zehn Original-Tracks zum echten Leckerbissen für Freunde von wahrem Soul-Sound.

 

Einmal mehr zeigt die Remastered-Reihe aus dem Hause Big Break Records/Cherry Red Records/Rough Trade hier beispielhaft, was, sozusagen als Sahnehäubchen, das Medium CD und dessen Peripherie hergibt: Drei Bonus-Tracks sowie eines der wohl umfangreichsten Booklets der heutigen Reissue-Kolumne mit einer beeindruckenden Fotostrecke, einer kleinen Thelma Jones-Biografie von Quentin Harrison und den Original Liner Notes von David Nathan sowie eine Fülle an Infos zu den einzelnen Songs des Sets machen aus “Thelma Jones“ ein kleines Meisterwerk des Genres als auch des Cherry Red Records-Reissue-Rosters.

 

        

 

Die “Expanded Edition“ von Bobbi Humphreys klassischem Soul-Longplayer “Freestyle“ ist ein weiterer Beleg für den liebevollen Umgang mit der Geschichte des Soul und Funk. Das Booklet liefert die Liner Notes von, einmal mehr, David Nathan, Mastermind des vorab erwähnten SoulMusic.com-Labels, das sich eben jenen großartigen Kleinoden wie diesem Album mit Haut und Haar widmet.

 

Das Besondere an “Freestyle“, dass im Original 1978 veröffentlicht wurde, ist selbstredend aber auch im Besonderen sein Sound, der Dank des Album-Produzenten und Perkussionisten Ralph MacDonald, damals einer der meistbeschäftigsten Studiomusiker des Soul- und Funk-Genres überhaupt, dem Album einen fast symphonischen, instrumentalen, sehr musikalischen, sehr handwerklichen und insbesondere sehr jazzigen Sound unterhebt.

 

Bobbi Humphreys sensible Kopfstimme sowie eine beeindruckende Vielzahl an Albumgästen wie Gitarrist Eric Gale, Keyboarder Richard Tee, Bassist Marcus Miller, Schlagzeuger Steve Gadd, Soul- und Funk-Stimme Gwen Guthrie (Background Vocals!) oder – mal eben ganz nebenbei – Stevie Wonder (Mundhamonika bei “Home-Made Jam“) veredeln das Werk bis heute und geben ihm diesen Instrumentalen, sehr geschickt ineinander verzahnten Soul-Sound mit Jazz-Kick, der das Set bis heute extrem hörenswert macht - der Albumtitel spricht Bände.

 

“An Original Classic Jazz Funk Album“ lautet der Untertitel der Neuauflage von “Freestyle“ und zeigt so sehr direkt und nachvollziehbar auf, was es mit dem Album im Wesentlichen auf sich hat. Zwei Bonus-Tracks, darunter die “Extended Version“ von “Home-Made Jam“ gibt’s obendrein.

 

Anders, als der erste flüchtige, vielleicht sogar laienhafte Blick auf das Cover des Brooklyn Dreams-Albums “Sleepless Nights“ suggeriert, ist das Trio alles andere als eine Fusion Jazz-Formation wie etwa die Jeff Lorber Fusion (der SOUL TRAIN berichtete bereits mehrfach) – so irreführend kann die Optik sein.

 

Vielmehr machten Joe “Bean“ Esposito, Eddie Hokenson und Bruce Sudano alias Brookyln Dreams zum Zeitpunkt der Album-Veröffentlichung 1979 klar Disco-orientierte Soul-Symphonik, die in den Spitzen immer mal wieder nach dem Blue Eyed Soul der Doobie Brothers oder nach der gefühlten Spielfreude von – da sind wir wieder beim Jazz – Bands wie eben jener Jeff Lorber Fusion und stimmlich immer wieder nach der legendären Kopfstimme eines Smokey Robinson klingt.

 

Das Set wurde seinerzeit von Bob Esty produziert, liegt dem musikalischen Charakter der Siebziger Jahre-Discowelle um Giorgio Moroder, Pete Bellotte und Donna Summer aber deutlich näher. Kein Wunder also, dass sogar ein Song mit Unterstützung der Drei entstanden ist: “Heaven Knows“ ist der einzige Songs des Albums, der nicht von jenem Bob Esty, sondern von Moroder und Bellotte als Duett mit der unvergessenen Donna Summer produziert wurde.

 

Die neu abgemischte “Remasters“-Edition kommt wie immer mit allem, was ein Standard-Album, Klassiker oder Nischenprodukt, erst zum richtigen Sammlerstück macht: Hintergrundinfos, Liner Notes (einmal mehr von Christian John Wikane) und eine Menge Abbildungen.

 

 

Alles andere als eine Kopfstimme besitzt eine der größten Sängerinnen des Soul-Genres – Gladys Knight. Gleich drei Alben von Gladys Knight & The Pips beenden als Neuauflagen bzw. als “Remasters“-Edition die heutige SOUL TRAIN-Reissues-Kolumne.

 

Da wäre zum ersten das 1980er “About Love“-Album von Gladys Knight & The Pips als Teil der “Remasters“-Reihe mit drei Bonus-Tracks, Liner Notes von Soul-Journalisten-Ikone David Nathan (der Name begegnete uns dieses Mal immer wieder…) und einem Sound, der beispielhaft für den Wandel von Gladys Knight & The Pips steht und typisch ist für den Soul-Sound der Ära ist: eine große Portion des Albumsounds ging damals (und heute?!  - das stelle ich hier zur Diskussion…) auf das Konto des bzw. der Album-Produzenten. Nickolas Ashford und Valerie Simpson waren damals hinter den Reglern aktiv und versüßten das Gesamtbild des ohnehin sehr homogen klingenden Discosoul-Klassikers mit Supersingles wie “Taste Of Bitter Love“ und “Bourgie’, Bourgie’“ zu einem echten Soul- und Discosoul-Highlight der Ära – ohne wenn und aber.

 

Nur ein Jahr später, 1981, kam “Touch“ auf den Markt und beweist meine vorab erwähnte Theorie vom Produzenten-Sound eines ganzen Albums nachhaltig, denn auch hier waren einmal mehr Nickolas Ashford und Valerie Simpson, die sich in ihrer Eigenschaft als Produzenten übrigens stets mit vollem Namen statt ihres Namens als Soul-Duo – Ashford & Simpson – in den Credits zeigten, am Werk, was man beiden Werken von den Haarspitzen bis in die wippenden Füße anhört.

 

Liner Notes von Bob Fisher veredelt die Neuauflage des Albums, dass damals bei CBS (heute Sony Music) erschien und der man in der Reissue-Variante gerne ein paar Bonus Tracks hätte gönnen können. So spricht die Musik für sich selbst – was bei Gladys Knight & The Pips sowieso bereits alles Notwendige sagt.

 

Das dritte Album im Reissues-Bunde von Gladys Knight & The Pips, das 1981er “Visions“-Set, begeistert als Highlight der drei Longplayer mit der stilistisch vielseitigeren Seite von Gladys mit mal symphonischen Sound, mal Discosoul-Vibe, Boogie oder Street Sounds-Groove bis zu jazzigeren Funk-Nummern wie etwa “Save The Overtime (For Me)“.

 

Im Zentrum des Geschehens steht dabei immer wieder neben dem umwerfenden Gebrauch von Streichern das Organ von Gladys Knight, das einen immens hohen Wiedererkennungswert hat und bis heute seinesgleichen sucht. Highlight von “Visions“, das übrigens optisch ebenfalls ein Jazz-Album denn ein knackiges Soul-Set suggeriert, ist fraglos das bewegte “Don’t Make Me Run Away“ aus der Feder von Michael Lovesmith sowie die sehr coolen, im Street Sounds-Kleid daher kommenden “Seconds“ und “Oh La De Da“, die beispielhaft zeigen, dass Gladys Knight (mit oder ohne die Pips), neben klassischem Soul, Disco, Jazz und Gospel stets auch den Finger am Puls des jeweiligen Musikalischen Zeitalters hatte.

 

Mit dem Klappentext von Malcome Dome und, last but not least, dem großartigen Original-Albummaterial von Produzenten wie, unter anderem, Wilmer Raglin, Joey Gallo, Gladys Knight selbst sowie dem ausführenden Produzenten Larkin Arnold verabschieden wir uns von der heutigen zweiten Cherry Red/Rough Trade-Remastered, Reissued & Expanded-Soul-Klassiker-Kolumne im SOUL TRAIN – wir sehen uns wieder in der Folge 3!

 

© Michael Arens

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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