MICHAEL ARENS' SOUL TRAIN - Your monthly Mag for Soul, Funk, RnB, Smooth Jazz & Urban Grooves |
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KOLUMNE / COLUMN |
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Cherry Red Records/Rough Trade Remastered, Reissued & Expanded - Soul-, Funk- & Jazz-Klassiker neu aufgelegt!
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Cherry Red Records/Rough Trade Remastered, Reissued & Expanded - Soul-, Funk- & Jazz-Klassiker neu aufgelegt!
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Cherry Red Records/Rough Trade Remastered, Reissued & Expanded - Soul-, Funk- & Jazz-Klassiker neu aufgelegt!
Der SOUL TRAIN wird nicht Müde, darüber zu berichten: Soul, Funk und Jazz brachten immer schon unzählige Stilblüten, Klassiker und obskure Trittbrettfahrer in Form von Künstlern und Alben hervor, welche bis heute die Klangfarbe des Genres bunter machen, nachhaltig verändern und schließlich ausmachen.
Das britische Cherry Red Records-Label und der deutsche Rough Trade-Vertrieb bringen seit geraumer Zeit regelmäßig große, kleine und bemerkenswerte Klassiker des weit verzweigten Soul-, Funk- und Jazz-Genres der Siebziger und Achtziger Jahre auf CD heraus.
Diese erscheinen wahlweise als Reissue, als Album-Doppelpack (2 Original-Alben auf einer CD), als Remastered Original-Album oder als Expanded Edition mit einer Menge faszinierendem Zusatzmaterial wie Bonus Tracks jeglicher Couleur, Liner Notes von versierten Kennern des Soul-Genres, Fotostrecken, Coverabbildungen und allerlei weiteren interessanten Zusatzfeatures.
Der SOUL TRAIN nimmt sich im Rahmen dieser Kolumne regelmäßig diesen Klassikern in neuem, teils edlem Gewand an und wird ausführlich über alle Aspekte der Veröffentlichungen wie die Musik, den bzw. die Künstler, den Sound, die Hintergründe, die Philosophie und nicht zuletzt das Produkt als Ganzes berichten.
Die SOUL TRAIN-Redaktion wünscht viel Spaß beim Lesen und Studieren sowie, last but not least, beim Hören!
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3. FOLGE: The Three Degrees of Funk
Beginnen wir die dritte Folge mit Neuauflagen großer, kleiner, fast vergessener und immer wieder besonderer, fast immer rarer Alben aus Soul, Funk, Jazz und Disco der Siebziger und Achtziger Jahre mit gleich drei Alben, welche beeindruckend die Grenzen zwischen knallharten Funk, wie ihn seinerzeit George Clinton und dessen Parliament- und Funkadelic-Projekte machten, aufzeigen.
Quazar war ein Alleingang diverser mehr oder weniger abtrünniger Clinton-P-Funk-Jünger, die sich mit dem 1978 erschienenen Album gleichen Namens zwar keinen Platz im Funk-Olymp der Unvergesslichkeit erarbeiteten, aber dem großen, vermeintlich unantastbaren George Clinton durchgehend bissig die Zähne zeigten.
So macht auch die mit der üblichen Fülle an Informationen und Bonus-Tracks gespickte Remasters-Edition von “Quazar“ heute einen nach wie vor sehr frisch klingenden Eindruck, der spritzig und nachdrücklich von Funk immer wieder in melodischen Soul abgleitet, nur um in nächster Instanz umso heftiger mit bewusst schwülstigen Funk-Breaks zurückzukommen – auch heute noch ein abwechslungsreiches und vor allen Dingen unterhaltsames Zeitzeugnis eines der kleineren Kapitel des sehr eigenen Funk-Genres.
Diese Beschreibung passt ebenfalls hervorragend auf die Neuauflage des viel zu selten gewürdigten “A-Nal-Y-Sis“-Longplayers der Nite-Liters, dass im Original bereits 1973 das Licht der Funk-Welt erblickte.
Das überzeugendste Argument, das Album auch heute noch zu lieben, ist der Instrumentale Ansatz, den sich die Formation damals zur Aufgabe machte und der heute gerade in seiner spielerischen Komplexität druckvollen Hörspaß bereitet.
Will Layman steuerte ausführliche, faszinierende Liner Notes zum Album bei, dass für mich bis heute fraglos nichts an seiner musikalischen aber auch stilistischen Funk-Spritzigkeit verloren hat.
Diesen Funk bespielte auch der heute fast vergessene Keith Barrow, als er 1977 sein Selbstbetiteltes Album herausbrachte. Auch heute strahlt die Eleganz, wie Barrow von Funk-Attitüde zu butterweichen Soul-Schmerz wechselt, einen unwiderstehlichen Reiz aus, der besonders durch Keith Barrows Stimme eine eigene Handschrift findet.
Das Album, dass seinerzeit von Discosoul-Routinier Bobby Eli produziert wurde, lebt insbesondere von seinem geschlossenen Konzept, dass dem Album einen sehr runden Lauf gibt, dass es auch heute noch zu einem kleinen, aber sehr wahrhaftigen Vertreter der mittlerweile fast vergessenen Idee des Konzept-Albums macht.
Christian John Wikane, der immer wieder für die Liner Notes der Big Break Records/Cherry Red Records/Rough Trade-Reissues verantwortlich ist, überrascht hier mit einem exklusiven Interview mit Bobby Eli im umfangreichen Booklet, in dem noch einmal das Andenken Keith Barrows, der das Album mit nur 22 Jahren aufnahm und lediglich sieben Jahre später an AIDS starb, hochgehalten wird. Trotz nur eines Bonus Tracks sicher eines der besten Alben der heutigen, dritten Cherry Red Records/Rough Trade-Reissues-Runde.
Ob dieses Statement auch auf das nächste Album zutrifft, mag jeder für sich selbst entscheiden. Einmal muss es aber ganz klar und direkt gesagt werden: Musikalisch ist das 1974er “Rock Your Baby”-Album von George McCrae mit dem weltweiten Megahit gleichen Namens alles andere als ein Meilenstein. Abgesehen vom Funkgetränkten “Look At You“ und dem für unzählige Sample-Orgien verwendeten Pseudo-Instrumentalstück “I Get Lifted“ ist der Sound eigentlich der des Superhits “Rock Me Baby“, der für McCrae bis heute Fluch und Segen zugleich ist, blieb der Song doch mit unglaublich großem Abstand sein größter, internationaler Erfolg. Der war dann aber auch gleich so gigantisch, dass alleine die Sogwirkung dieses einen Songs so unglaublich viel für die Entwicklung der Disco-Bewegung der Siebziger Jahre sowie der Black Music überhaupt bedeutete.
So scheint auch die Neuauflage seines legendären “Rock Your Baby“-Albums heute eher wie eine Art Zeitzeuge des großen Muttergenres Soul und weckt insbesondere in Form des von H.W. Casey und Richard Finch produzierten gleichnamigen Gassenhauers (ältere SOUL TRAIN-Leser werden den überaus treffenden Begriff kennen und in diesem Zusammenhang sicher bestätigen können) eher nostalgische Gefühle.
Ausführliche Liner Notes von J. Matthew Cobb und unzählige Abbildungen zum Megahit und Album “Rock Your Baby“ unterstreichen die Bedeutung des Albums und damit auch dieses Remasters für die Welt von Black Music aber auch populärer Musik überhaupt.
Musikalisch interessanter und vielschichtiger zeigte sich George McCrae seinerzeit auf diversen Veröffentlichungen mit seiner damaligen Frau Gwen McCrae, einer nicht minder legendären Soul-Chanteuse, die es im Gegensatz zu George jedoch schaffte, kontinuierlichere, wenn auch nicht so absolute Erfolge wie “Rock Your Baby“ in Sachen Soul, Funk und Disco aufzuweisen.
Die Neuauflage ihres gemeinsamen Longplayers “Together“ aus dem Jahre 1975 schlüsselt dieses Verhältnis der Zwei Soul-Ikonen noch einmal auf und begeistert neben dem immens informativen Booklet mit sechs Bonus Tracks von George McCrae, die teils Rares, wenn auch nicht Revolutionäres repräsentieren.
Revolutionär ist ein Begriff, der nicht immer auf alle Alben der noch immer größten lebenden Soul Musik-Diva, Aretha Franklin, zutrifft. Denn Aretha ist neben ihrer Aufgabe als absolute Ikone und Vorzeigekünstlerin des wunderschönen Soul-Genres auch eine knallharte Geschäftsfrau, die sich in den runden fünf Jahrzehnten ihres Schaffens immer wieder auch aktuellen musikalischen Strömungen zwischen Kunst und wohlbedachtem Kommerz unterworfen hat.
Kaum eines ihrer Alben macht das so deutlich wie ihre für mich unerreichte Longplayer aus dem Jahre 1982 (“Jump To It“) und “Get It Right“ aus dem Folgejahr 1983.
Unverkennbar wurden beide Alben von keinem geringeren als dem unvergessenen Luther Vandross produziert, der der Klangfarbe beider Werke damals den sehr angesagten Stempel des Discosoul – des Boogie – aufdrückte und trotzdem soviel Charme mit auf den Weg gab, dass die großen Hits der Sets – die jeweiligen Titeltracks – bis heute als absolut zeitlose Klassiker des Early Eighties Discosoul, des Boogie, des Street Soul gelten.
Die Neuauflagen der Alben kommen in gewohnt üppiger Aufmachung, mit einer schieren Fülle an Infos und einer gesunden Runde an Bonus-Tracks, von denen mir besonders die “Instrumental Version“ von “Get It Right“ im Ohr bleibt.
Im Ohr bleiben ist eine Eigenschaft, die ganz sicher auch auf eines der wundervollsten Soul-Alben überhaupt zutrifft: Dee Dee Warwicks “Foolish Fool“ ist als Expanded Edition aber auch im Original aus dem Jahre 1969 ein bombastisches, symphonisches Soul-Wunderwerk, dass neben der unverwechselbaren Stimme von Dionne Warwicks Schwester vom klassischen Orchesterräderwerk als von den unwiderstehlichen, voluminösen und mitunter regelrecht nach Soundtrack klingenden Streichern gleichermaßen lebt.
Dabei hinterlässt neben meinem Lieblingstrack des Sets, dem schlichtweg umwerfenden “That’s Not Love“, auch die sagenhaft magische Neubearbeitung des Burt Bacharach/Hal David-Klassikers “Alfie“ auch über vier Jahrzehnte nach der Original-Veröffentlichung einen mehr als bleibenden Eindruck.
Die Wiederveröffentlichung hat dabei alles, was diese ehrenwerte Kolumne um Neuauflagen großer Soul-Alben der Sechziger, Siebziger und Achtziger Jahre auf dem Cherry Red Records-Label, in Deutschland von Rough Trade vertrieben, ausmacht: umfangreiche und tatsächlich informative und spannende Liner Notes (hier von David Nathan), eine Menge Abbildungen, Infos zu den einzelnen Songs des Albums sowie diverse Bonus-Tracks.
“Foolish Fool“ war bereits ein zeitloser Klassiker des Souls vor dieser Neuveröffentlichung. Mit dieser Expanded Edition wird Dee Dee Warwicks Album ein Denkmal gesetzt, dass für alle Zeiten belegt, wie präzise und anspruchsvoll nahezu perfekt produzierte Soul-Musik sein kann.
Das gleiche gilt auch für Freda Payne, deren Expanded Edition ihres “Stares And Whispers“-Albums aus dem Jahre 1977 ebenfalls mit Liner Notes von SoulMusic.com Records-Mastermind (das Label, dass die Neuauflage herausgebracht hat) David Nathan aufwartet und beispielhaft für die Ära die Gratwanderung zeigt, die teils symphonischer Soul und Dancefloor-tauglicher Discosoul besonders in der zweiten Hälfte der Siebziger Jahre vereinte.
So wundert es kaum, dass einer der drei Bonus-Tracks der Expanded Edition des ansonsten grundsoliden Soul-Feuerwerkes das Duett “I Wanna See You Soon“ mit den Tavares ist.
Noch mehr Discosoul integrierte 1978 Angela Bofill in ihren Soul und legte ihr “Angie“-Set noch bewegter aber auch wieder etwas feinfühliger an, was gerade ihr eigenwilliges Organ einmal mehr in den Mittelpunkt der Produktion stellt.
Das Who-Is-Who der damaligen Soul-Musik-Szene gab sich hier im Studio ein Stelldichein: Jazz- und Soundtrack-Ikone Dave Grusin, Drummer Steve Gadd, Percussionist Ralph MacDonald oder Gitarrist Eric Gale sind nur einige wenige der Namen, die den leichtfüßigen und sehr attraktiven, immer wieder von perfekt inszenierten Streichern umschmeichelten Sound von “Angie“ ausmachen.
Die Expanded Edition kommt neben Liner Notes von A. Scott Galloway mit einer Fülle an Informationen zum Album und zur großartigen Angela Bofill selbst – fraglos ein weiterer Höhepunkt der heutigen Reissue-Kolumne im SOUL TRAIN.
Viele werden sich dieses Umstandes nicht bewusst sein, doch der Jackson-Clan um den unvergessenen und ungekrönten King Of Pop Michael Jackson bestand aus einem kleinen Universum aus Familienmitgliedern, die mit durchaus unterschiedlichen Qualitäten und Erfolgen aufwarten konnten. Neben den Jackson Five und den damit verwobenen Solo-Karrieren von Michael und Jermaine, aber auch Randy und Marlon Jackson waren es im Hause Jackson vor allen Dingen auch die Frauen, die von sich reden machten.
Neben der unterschätzten Rebbie Jackson dürfte es vor allen Dingen Janet Jackson sein, die heute einem weltweiten Publikum in Ohr und Auge ist. Dabei war es gerade die heute eher durch ihre mitunter bizarren Auftritte in der Öffentlichkeit berüchtigte LaToya Jackson, die gerade in den Siebziger und Achtziger Jahren relativ beständig als Solo-Act aktiv war.
Auch, wenn ihre Kopfstimme alles andere als voluminös war, sind ihre Alben doch mit wenigen Ausnahmen durchweg vorzeigbar. Das gilt besonders für dieses kleine, feine, sehr schlüssig produzierte Selbstbenannte Solo-Set aus dem Jahre 1980.
Kein Geringerer als ihr Bruder Michael Jackson sowie Larry Farrow und last but not least der damals Hochgehandelte Soul-Produzent Ollie E. Brown waren hinter den Reglern für den sehr amerikanischen Discosoul-Sound von “LaToya Jackson“ zuständig, das nun als Neuauflage mit ausführlichen Liner Notes, diversen Abbildungen im Booklet sowie sämtlichen Songtexten neu aufgelegt wurde.
Ebenfalls eine Art musikalische Familien-Saga im Zeichen des Soul und des Pop wie die Jacksons machten in den Siebziger und Achtziger Jahren auch die Sylvers durch. Mit international zwar deutlich weniger Erfolg als die Jackson aber in Amerika zum Kultstatus avanciert sorgte die Familienbande The Sylvers besonders mit den auf diesem Reissue- Doppelpack vorliegenden Alben “Showcase“ (1976) und “New Horizons“ (1977) für ein grundsolides Fundament, dass Disco-Dancefloor, Soul-Freunde als auch das damalige nordamerikanische Verständnis von Teenie-Pop gleichermaßen bediente.
Kein Geringerer als Soul-Produzenten-Ikone Larkin Arnold schrieb das Vorwort zur Neuauflage der zwei jeweils zehnteiligen Alben als Doppelpack, das besonders für Sammler ein großes Aha-Erlebnis darstellen dürfte.
Jenem Discosoul-Sound der Sylvers nicht unähnlich machten sich The Joneses 1977 mit ihrem Selbstbenannten Album auf, dem Phänomen Discosoul mit all seinen wunderbaren Farbschattierungen von Motown-Soul bis zu Philly-Soul einen neuen Namen zu geben.
Entsprechend frisch klingt der Sound des Sets auch heute noch: Mit einer klaren Vorwärtsbewegung und einem Fokus auf Streichergetriebene Soul-Melodien klassischer Bauweise schwang sich das von Bobby Eli (siehe dazu auch Keith Barrow in dieser Kolumne) produzierte Werk auf, bis heute zu einem eher unbekannten, dafür qualitativ immens hochwertigen Soul-Album der Ära und der Extraklasse zu werden.
Faszinierende Infos zur spannungsgeladenen Musik des Sets sowie zu den Joneses selbst im mitgelieferten, lohnenswerten Booklet machen die Remasters-Edition von “The Joneses“ zu einem waschechten, goldenen Soul-Album, dass besonders Fans, die ganz tief in die Soul-Materie eintauchen wollen, Begeisterungsstürme verschaffen dürfte.
Siebziger- und Achtziger Jahre Philadelphia-Überproduzent Nick Martinelli war bereits wiederholte male der Fokus dieser Kolumne. Die Remasters-Neuauflage des Cashmere-Longplayers “Let The Music Turn You On“ aus dem Jahre 1983, dem Jahr, das als der absolute Siedepunkt der Bewegung, die wir im SOUL TRAIN als Discosoul bzw. Boogie zu schätzen wissen, gilt, glänzt auf ganzer epischer Breite.
Da haben wir Harmonien, Melodien, straffe Streicher, coole Funk-Breaks, zuckersüßen Gesang und tighte Soundbasteleien, die den Boogie von Cashmere hier schlichtweg magisch erscheinen lassen.
Das damals auf Philly World Records veröffentlichte Werk kommt in seiner Neuauflage unter anderem mit ausführlichem Klappentext zu Cashmere und dem unwiderstehlichen “Let The Music Turn You On“-Set mit insgesamt fünf Bonus Tracks, die es allesamt in sich haben. Insbesondere die “12“ Instrumental“ Versionen von “Try Your Lovin’“ und dem Megahit “Do It Anyway You Wanna“, zugleich der wohl beste Song des Albums, sind echte Hinhörer und werden lediglich von der “12“ Version“ vom Song gleichen Namens übertrumpft.
Just zu eben dieser Zeit, als sich gegen Mitte der Achtziger Jahre der Discosoul langsam seinem Zenith und damit seinem Ende näherte, betrat ein Produzent und Künstler das Geschehen, der bis heute gerade in Sachen Boogie Maßstäbe setzte: Kashif Saleem.
Obgleich dieser bereits zuvor als Mitglied von B.T. Express und als Mann hinter den Reglern diverser Hits von Whitney Houston oder Evelyn “Champagne“ King war, entfaltete sich sein ganzes Potential erst als Solo-Künstler.
Denn die Mischung seiner unnachahmlichen, im Schmelz der Soul-Magie zergehenden Stimme zusammen mit teils vertrackten, Midtempo-verliebten Soul-Perlen jenseits des Normalen machte den Sound von Kashif erst zu einem, der bis heute einen ganz eigenen Stellenwert in Sachen Soul-Geschichte einnimmt.
Gleich zwei CDs gönnt Cherry Red Records/Rough Trade hier den beiden zeitlosen Kashif-Alben “Kashif“ von 1983 und “Send Me Your Love“ von 1984 und packt noch sehr schlüssige Liner Notes von Malcolm Dome sowie diverse Abbildungen oben drauf, aus der Doppel-CD mit seinen zwei Bonus-Tracks (darunter einer raren Live-Version von “Help Yourself To My Love“) und insgesamt 19 Tracks ein kleines Meisterwerk zu machen, dass gerade als Respektsbekundung für einen der meistunterschätzten Soul-Acts überhaupt lange überfällig war.
Für Soul überaus große Hits gibt es auf dem Kashif-Wiederveröffentlichungsdoppelpack zu Hauf: “I Just Gotta Have You“, “Help Yourself To My Love“, “Stone Love“, “Baby Don’t Break Your Baby’s Heart“ oder “Send Me Your Love“ sind nur einige wenige der Highlights der zwei Silberlinge.
Nachwievor steht Kashif für mich aber vor allen Dingen auch für die kleinen, feinen, oft überwiegend instrumentalen Soundhaschereien zwischen den Zeilen, für das Stücke wie “The Mood“ vom “Kashif“-Album beispielhaft die Fahne für Individualität und Spielfreude hochhalten.
Diese Beschreibung passt fraglos auch auf Patrice Rushen, die jenseits ihres bis heute zu Tode gesampelten Megahits “Forget Me Nots“ so viel mehr für Soul und Jazz geleistet hat, als es an der Oberfläche scheint. Ihr 1977er “Patrice“-Album ist ein Beispiel dafür, wie virtuos und spielerisch bzw. stilistisch offen ein zeitgenössisches Album aus der Schnittmange aus Soul und Jazz sein kann.
Patrice Rushen höchstpersönlich, die seinerzeit das Album gemeinsam mit Charles Mims Jr. produziert hat, zeigt hier, dass es nicht immer einen sensationell neuen Gedanken oder eine theatralische Soul-Stimme braucht, richtig guten Soul zu machen.
Ihre vorzügliche, zu wahrem Discosoul wie zu zeitgenössischem Jazz zugleich perfekt passende Kopfstimme ist dabei bis heute eines der großen Markenzeichen von Patrice Rushen, die auch dieses Album, dass unter anderem Schlagzeuger James Gadson, Bassist Freddie Washington oder Percussionist Paulinho Da Costa als Gäste beheimatet, als kleines, sehr eigenes Meisterwerk zu ihrem ganz eigenem Universum aus Soul, Jazz und individuelleren Klangwelten macht.
Alle notwendigen Infos zu den vorhandenen Songs sowie ausführliche Liner Notes von Soul-Schreiber-Legende Jeff Lorez machen die Wiederveröffentlichung des absoluten Jazzfunk-Klassikers mit dem bescheidenen Namen “Patrice“ zu einem weiteren Highlights der heutigen Kolumne um die Soul, Funk- und Jazz-Neuauflagen aus dem Hause Cherry Red Records/Rough Trade.
Ganz ähnliche Qualitäten aus der Zwischenwelt des Soul und Jazz hatten die Alben des amerikanischen Organisten Ronnie Foster. Die zwei über SoulMusic.com Records über den Cherry Red Records/Rough Trade-Kanal neu herausgegebenen Siebziger Jahre-Alben “Love Satellite“ aus dem Jahre 1978 und “Delight“ von 1979 zeigen das bis heute auf umwerfend überzeugende und charmante Art und bringen den Charakter der kongenialen Musik des Jazz- und Soul-Grenzgängers noch einmal so richtig zum leuchten.
Das klingt so mal nach Michael Franks oder nach Harvey Mason, an anderen Stellen wie eben jene Patrice Rushen oder auch nach einem richtig runden Philly Soul-Album. Beide Neuauflagen kommen einmal mehr mit Liner Notes von A. Scott Galloway, unzähligen Abbildungen sowie diversen Bonus Tracks. Beide Alben darf man mit Fug und Recht als herausragend und in all ihrer Bescheidenheit beispielhaft für die Möglichkeiten des großen Soul-, Funk- und Jazz-Genres bezeichnen.
Tommy Browder ist der wahre Name von August Darnell, der in den Siebziger und Achtziger Jahren international gigantische Erfolge mit bzw. als Kid Creole & The Coconuts feierte. “Annie I’m Not Your Daddy“ oder die “Lifeboat Party“ waren nur zwei der Hits, die Darnell zwei Jahrzehnte lang zu einem Enfant Terrible der internationalen Black Music-Szene machte.
Unzählige Seitenprojekte wie Don Armando’s Seventh Avenue Rhumba Band, Elbow Bones And The Racketeers (dazu später Mehr), Dr. Buzzard’s Original Savannah Band oder dem Solo-Album der Coconuts säumten vor und nach der Kid Creole-Ära sowie währenddessen – Solo-Projekte eingeschlossen - immer wieder seinen eigenen sowie den Weg seines Wegbegleiters Andy Hernandez, besser bekannt als Coati Mundi.
Dr. Buzzard’s Original Savannah Band unterschied sich dabei eigentlich nur in den Spitzen vom Gusto der darauf folgenden Kid Creole & The Coconuts-Formation, die den musikalischen und insbesondere stilistischen Idealen der gedachten und gelebten Musikwelt eines Cab Calloway, von Zoot Suit und den Zwanziger Jahren frönte – eine gesunde Portion Selbstironie und Spielspaß inklusive.
Soul, Funk und Jazz waren dabei ebenso Bestandteile der Musik wie gesunde Anteile aus Discosoul und immer wieder lateinamerikanischer Musik. Dabei waren die musikalischen Ausdünstungen der Band mit dem sperrigen Namen geprägt von immens hohem produktionstechnischen Niveau. So wird im umfangreichen Booklet der Neuveröffentlichung, die das 1976er “Dr. Buzzard’s Original Savannah Band“-Set sowie das 1978er “Dr. Buzzard’s Original Savannah Band Meets King Penett“-Album der Band mit gleichem Namen enthält, vom Who-Is-Who der involvierten Ideengeber, Musiker und Menschen hinter den Reglern wie Sandy Linzer, Charles Callello oder Jimmy Haskell berichtet.
Die CD kommt neben einem ausführlichen geschichtlichen Abriss zur Bandgeschichte mit allen insgesamt 15 Original-Albumtracks. Alleine die Tatsache, dass diese beiden gerade für den späteren Erfolg von Kid Creole & The Coconuts so wichtigen Alben nun als CD erhältlich sind, macht diese Reissue so immens wichtig.
Nicht weniger wichtig ist auch die Neuauflage des “New York At Dawn“-Albums (1983) der bereits erwähnten Elbow Bones And The Racketeers, ebenfalls eines der unzähligen Projekte von August Darnell und Coati Mundi.
Stilistisch sind die Unterschiede aller Darnell- und Mundi-Ergüsse grundsätzlich nur marginal und bedienen so auch hier einmal mehr die lateinamerikanisch geprägte Black Music der Roaring Twenties mit einer Spur zeitgenössischem Discoul-Anspruch, der hier etwas weniger im Vordergrund steht als bei Dr. Buzzard’s Original Savannah Band.
Ausführliche Liner Notes von Christian John Wikane und unzählige Abbildungen sowie die stolze Zahl von sechs Bonus Tracks machen die Neuauflage des Albums zu einem unbedingten Muss für alle Sammler und Fans des (damaligen) Geschehens rund um August Darnell und Coati Mundi, die gerade in den Siebzigern und Achtzigern Musik machten, wie sie niemand anderes zu machen wagte.
Nach dem selbstironischen Wirrwarr von Darnell, Mundi und Co. wenden wir uns nun wieder dem klassischen Soul zu. Billy Paul gilt bis heute als eine der besten Stimmen des großen Muttergenres. Warum das so ist, belegt die Remasters-Edition (einmal mehr auf Big Break Records erschienen und durch Cherry Red Records/Rough Trade vertrieben) seines klassischen “Ebony Woman“-Albums aus dem Jahre 1970.
Noch bevor sich Billy Paul zwei Jahre später mit dem unvergleichlichen Superhit “Me And Mrs. Jones“ selbst ein musikalisches Denkmal setzte, mit dem er als Segen und Fluch zugleich bis heute identifiziert wird, veröffentlichte er dieses sehr eigenwillige Album, dass zwar grundsätzlich eben jenen Soul anbietet, jedoch durch seine Strukturierung durchaus mit Jazz und Pop und sogar Elementen aus Musical und Broadway liebäugelt.
So sind unter anderem Coverversionen wie Simon & Garfunkels “Mrs. Robinson“ oder Michel Legrands “Windmills Of Your Mind“ dabei. Andy Kellman weiß in dem Reissue des großartigen, aber nicht ganz gewöhnlichen Albums die Geschichte Billy Pauls sowie die des Albums, dass übrigens von den Urvätern des Philly Soul – Gamble-Huff (Kenneth Gamble und Leon A. Huff) produziert wurde, zu erzählen – unzählige Abbildungen veredeln die CD einmal mehr.
So sehr jene Gamble-Huff in den Siebziger Jahren den Soul von Philadelphia aus einfärbten, so sehr waren die nordamerikanischen Soul-Szenen stilistisch voneinander unverkennbar zu unterscheiden.
Da gab es selbstverständlich den aus der Motortown Detroit kommenden Motown-Sound, den in Birmingham, Alabama stammenden Southern Soul oder aber den Chicago Soul, um nur einige wenige zu nennen. Jede Region trug ihre Herkunft mit Stolz, was bei den Chi-Lites, einer der erfolgreichsten Soul-Bands der Siebziger Jahre überhaupt, sogar dazu führte, dass sie ihre Heimat im eigenen Bandnamen stolz präsentierten.
Zwei Alben der Chicagoer Supersoul-Band The Chi-Lites, “Happy Being Lonely“ aus dem Jahre 1976 und “The Fantastic Chi-Lites“ aus dem Folgejahr 1977, finden als weitere Folge der auf SoulMusic.com Records erschienenen “Two Original Classic Soul Albums On One CD“-Reihe hier eine gebührende Wiederbelebung, deren Hintergründe sich im ausführlichen Klappentext von Chris Rizik nachlesen lässt.
Zwar missstimmt das Fehlen von Bonus Tracks hier ein wenig, doch die Fülle an Coverabbildungen und Fotos im Booklet sowie die Musik selbst der insgesamt 18 Songs der beiden Alben auf einer CD fegen alle Bedenken einfach hinweg. Lupenreiner, ehrlicher Soul, wie er Beispielhafter für die Siebziger Jahre nicht stehen könnte.
Wobei wir beim heutigen unangefochtenen Höhepunkt der Cherry Red/Rough Trade-Reissue-Kolumne im SOUL TRAIN wären – den Three Degrees.
Die Siebziger Jahre waren wie schon bei den Chi-Lites der Siedepunkt der Three Degrees, die sich auf vier Alben, “The Three Degrees“ (1973), “International“ (1974), “Standing Up For Love“ (1977) und schließlich “New Dimensions“ (1978), ihr eigenes, ewiges Soul-Denkmal setzten. Drei davon (“Standing Up For Love“ wird hoffentlich noch folgen) finden nun ihre verdiente Neuauflage.
Internationale Megahits wie ihr sagenhaftes “When Will I See You Again“, das dreckige “Dirty Ol’ Man“, das leicht melancholische “Take Good Care Of Yourself“ oder “Giving Up, Giving In“ sind bis heute unangefochtene, schmachtende Klassiker des Phillysoul-Genres, das ohne diese drei legendären Alben (besonders “The Three Degrees“ (1973) und “International“ (1974) sind echte Monumente des Soul-Genres) sicher anders verlaufen wäre.
Eine Fülle an Infos und teils seltenen Bonus Tracks (darunter der Tom Moulton Mix von “Dirty Ol’ Man“ – eben “A Tom Moulton Mix“) machen die drei Remasters zu einem Muss für jede echte Soul-Sammlung, ein Attribut, das ganz bestimmt auch auf diverse Alben der Stylistics zutreffen dürfte, ebenfalls eine der erfolgreichsten und legendärsten Soul-Formationen der Siebziger Jahre.
Zwei Ihrer Alben von 1978, “In Fashion“, und 1979, “Love Spell“, erscheinen nun als Doppel-CD im Namen von SoulMusic.com Records von Soul-Ikone David Nathan. Und auch, wenn beide Sets nicht mehr den Zenith der Stylistics mit Megahits wie “You Make Me Feel Brand New“ oder “Betcha By Golly, Wow“ erreichen konnten, sind beide doch bis heute Paradebeispiele für richtig runde Konzept-Soul-Alben, welche die Siebziger Jahre nachdrücklich mitprägten.
Das Doppelpack bietet neben allen insgesamt 19 Titeln ausführliche Liner Notes sowie eine Fülle an Coverabbildungen und Fotos der Stylistics. Womit wir schon am Ende der heutigen Kolumne um Neuauflagen großer, kleiner und mitunter unbekannter Soul-, Funk- und Jazz-Alben der Sechziger, Siebziger und Achtziger Jahre aus dem Hause Cherry Red Records/Rough Trade im SOUL TRAIN wären.
Harold Melvin & The Blue Notes beenden gleich mit drei Remasters-Neuauflagen klassischer Alben die dritte Folge der heutigen Kolumne. “I Miss You“ aus dem Jahre 1972 belegt einmal mehr, warum die Band um den legendären Melvin bis heute zu einem der erfolgreichsten, sicher aber talentiertesten Formationen des Soul-Genres gehört: “If You Don’t Know Me By Now“ ist bis heute unangefochten eines der größten Soul-Songs der Siebziger und vielleicht sogar aller Zeiten – pure Soul-Magie - nur ein Jahr später erschien “Black & Blue“ und zeigte mit “The Love I Lost“ ein mal mehr die fesselnde Magie der Formation.
1984 war die magische Zeit des Philly-Sounds, des Motown-Soul, des Chi-Sounds zwar bereits ein Teil der großen Soul-Geschichte, doch das hinderte die großen Bands wie eben Harold Melvin & The Blue Notes nicht, den Zeitsprung und alle Entwicklungen, die dieser mit im Fahrwasser führte, mitzumachen, und weiter qualitativ hochwertige Alben zu veröffentlichen.
“Talk It Up (Tell Everybody)“ war so ein Album, dass zwar nicht mehr den Glamour und die Authentizität und die Magie der zwei bereits erwähnten Monster-Alben erreichen konnte, aber trotzdem gerade wegen seines Bezugs auf die musikalischen und technischen Entwicklungen seiner Zeit mehr als eine einfache Daseinsberechtigung hatte.
Alle drei Alben der gerade in der SOUL TRAIN-Redaktion unvergessenen Harold Melvin & The Blue Notes-Formation kommen wie bei der Remasters-Serie von Big Break Records üblich mit fesselnden, informativen Liner Notes, unzähligen Abbildungen sowie diversen Bonus-Tracks (unter anderem einem Live-Mitschnitt von “If You Don’t Know Me By Now“ aus San Francisco aus dem Jahre 1973), wobei besonders “Talk It Up (Tell Everybody)“ mit immerhin sieben Bonus-Songs brilliert.
Jenes “If You Don’t Know Me By Now“ würde rein inhaltlich auch auf diese Cherry Red Records/Rough Trade-Remastered, Reissued & Expanded-Soul-Klassiker-Kolumne im SOUL TRAIN zutreffen. Wer die bisherigen zwei Folgen verpasst hat, sollte das ganz schnell nachholen (...weiter lesen›››: “ARCHIV“). Mal sehen, was uns kommende Folgen zu bieten haben. Den eines steht zweifelsfrei fest: Die Geschichte des Muttergenres Soul und seiner Geschwistergenres Funk und Jazz bietet glücklicher Weise eine schier unendliche Fülle an Material - lang lebe der Soul!
© Michael Arens
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