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SOUL TRAIN-INTERVIEW

 

 

 

 

 

Meshell Ndegeocello - Soul Evolution

Aktuelles Album: Meshell Ndegeocello - Pour un âme souveraine-A Dedication to Nina Simone (Naïve/Indigo)

 

 
 

Meshell Ndegeocello

 

 

Meshell Ndegeocello - Soul Evolution

Aktuelles Album: Meshell Ndegeocello - Pour un âme souveraine-A Dedication to Nina Simone (Naïve/Indigo)

 

 

 

   

Michelle Lynn Johnson alias Meshell Ndegeocello (der SOUL TRAIN berichtete bereits mehrfach) gehört seit ihren Anfängen als Sängerin und Allroundmusikerin vor rund zwei Dekaden zu einer der innovativsten und eklektischsten Persönlichkeiten des breit gefächerten Black Music-Universums.

 

Tief in Soul ruhend (O-Ton Neshell Ndegeocello: “Ich bin mir sehr bewusst, dass das Fundament all meiner Musik Soul ist!“), ließ sich Meshell, die übrigens in Berlin als Tochter eines US-Amerikanischen Armeeoffiziers geboren wurde, nie in ihrer individuellen Entfaltung einschränken und behandelte musikalisch neben jenem Soul immer wieder auch Elemente aus Jazz, aus Rock und Pop, aus Hip Hop, House, Electronica oder sogar Technoiden Club-Vibes, aber auch aus Blues und Weltmusik, um nur einige wenige zu nennen.

 

Auch ihr Name (Ndegeocello bedeutet “frei wie ein Vogel” auf Swahili), den sie sich bereits mit 17 Jahren zulegte, spricht die deutliche Sprache eines verschmitzten Querdenkers, auch, wenn die Schreibweise sich über die Jahre immer wieder, bewusst oder unbewusst, gewandelt hat – der Namensverwirrung eines anderen Black Music Genies – Prince – nicht unähnlich.

 

Nach ihrem Erstlingswerk “Plantation Lullaby“, 1993 auf Madonnas Maverick-Label erschienen, dass mit Lob weltweit regelrecht überschüttet wurde und zunächst fälschlicher Weise eher der damals hochschwappenden Nu Soul-Bewegung zugeschrieben wurde, arbeitete Meshell Ndegeocello konsequent am Ausbau ihres eigenen Musikverständnisses und addierte mit jedem ihrer bisher insgesamt zehn Alben neue Aspekte ihres musikalischen Charakters hinzu.

 

So wundert es wenig, dass ihr neuester Longplayer, eine Hommage an die (musikalische) Gedankenwelt der unvergessenen Nina Simone mit dem etwas sperrigen Titel “Pour un âme souveraine-A Dedication to Nina Simone“, erschienen auf Naïve und in Deutschland über Indigo vertrieben, einmal mehr ganz weit über den Tellerrand des Soul-Gefühls, dass ihre Werke bis heute begleitet, hinausblickt.

 

Songs, die von Nina Simone inspiriert sind oder sogar Coverversionen großer und kleiner Simone-Songs sind, wurden in teils völlig losgelöste Musiksphären gedreht, die mit den Originalen (Meshells Version von “Suzanne“ überrascht hier wohl am Nachdrücklichsten) oft nur noch kurze Textstellen gemein zu haben scheinen.

 

Stilistisch arbeitet Ndegeocello hier einmal mehr das ganze Spektrum bekannter Black Music-Welten ab – Soul, Jazz, Blues, Gospel, Electronica, ja sogar Folk, Reggae, bis zu Country werden hier durch den stets durchdachten und vielschichtigen Musikwolf der Frau Meshell Ndegeocello gedreht und halten so einen immens eindrucksvollen Spannungsbogen aufrecht, der ihr neues Werk durch und durch begeistern lässt.

 

Zeit also für den SOUL TRAIN, einer sehr ruhigen, besonnenen und aufgeräumten Meshell Ndegeocello ausgerechnet am Trauertag des 11. Septembers hinsichtlich ihres neuen, abendfüllenden Longplayers “Pour un âme souveraine-A Dedication to Nina Simone“, dass als Gäste unter anderem Sinead O’Connor oder Lizz Wright beherbergt, auf den Zahn zu fühlen…

 

 

Michael Arens: “Bevor wir über dein neues Album sprechen: Heute ist der 11. September… Bringt das irgendwelche Gefühle in Dir hoch?“

 

Meshell Ndegeocello: “Ich denke über diese Dinge immer etwas anders. Der Tag hat geschichtlich gesehen die Menschen durchaus verändert. Ich blicke zwar auch zurück, aber grundsätzlich bin ich eher ein Mensch, der nach vorne blickt. Für mich ist das eher ein neuer Tag, an dem ich hoffe, dass die Dinge in unserer Gesellschaft irgendwann einmal besser werden…“

 

Michael Arens: “…ist das auch was, was Du mit deiner Musik erreichen willst?“

 

Meshell Ndegeocello:  (lacht) “Definitiv! Ich versuche stets, positiv und kreativ zu sein, mein Ding zu machen…“

 

Michael Arens: “Ich mag dein neues Album. Wie alle deine Alben zuvor ist es irgendwie unvorhersehbar und voll von musikalischen Fallstricken… Gleichzeitig scheinst Du ruhiger und entspannter geworden zu sein…“

 

Meshell Ndegeocello: “Danke. Na das hoffe ich doch auch… (lacht) Es wäre doch eine Schande, so lange auf diesem Planeten zu leben und keine Art von Wachstum an den Tag zu legen und irgendwie zur menschlichen Evolution beigetragen zu haben. Ich habe mit so vielen Musikern gearbeitet, mich mit so vielen unterschiedlichen Menschen umgeben… Das hat mir definitiv geholfen, an diesen Punkt zu kommen.“

 

Michael Arens: “Was mich zu den Details deines neuen Albums bringt. Trotz aller Ecken und Kanten, die dein neues Werk mit diesem langen Titel “Pour un âme souveraine-A Dedication To Nina“ bewusst hat, besitzt das Album einen irgendwie erhabenen, souligen Musikfluss, der erst als das, was wir in grauer Vorzeit mal als Konzeptalbum kannten und nachfolgenden Generationen nahezu unbekannt ist, so richtig Sinn ergibt. War es schwierig, diesen Fluss so hinzubekommen?“

 

Meshell Ndegeocello: “Das ist irgendwie eine seltsame Frage. Ich denke über so etwas nämlich eigentlich gar nicht nach. Ich bin glücklich, dass Du diesen Fluss raushörst… Ich hatte bei meinem Album “Cookie: The Anthropological Mixtape“ (2002, Maverick Records, Anm. D. Verf.) mal was eingebaut, dass wenn man das Album auf Repeat hört, dann gibt es vom letzten zum ersten Song einen nahtlosen Übergang, sodass es zu einem einzigen großen, scheinbar endlosen Stück wird. Das haben vermutlich nicht allzu viele Leute bemerkt…“

 

Michael Arens: “Also kommt das ganz natürlich mit dem Fluss?“

 

Meshell Ndegeocello: “Ja. Musik ist einfach Spaß für mich. Sie ist kreativ. Als ich aufgewachsen bin, habe ich eine Menge Konzept-Alben gehört. Das ist ein Teil in mir, der noch immer lebendig ist, auch wenn die Massen an Menschen da draußen lieber einzelne Songs bei i-Tunes usw. runterladen.“

 

Michael Arens: “Dein neues Album wirkt gleichzeitig auch wesentlich selbstbewusster als deine Letzten.“

 

Meshell Ndegeocello: “Ich bin eine deutlich selbstbewusstere Musikerin geworden. Ich weiß, woran ich arbeiten muss, gehe meine Musik deshalb etwas forscher an. Ich habe mir auch nichts mehr zu beweisen, bin längst aus der unsinnigen Arroganz ausgestiegen. Man kann halt nicht jeden glücklich machen.“

 

Michael Arens: “Das Album hast Du gemeinsam mit Chris Bruce produziert. Erzähl’ mir mehr von dieser Zusammenarbeit!“

 

Meshell Ndegeocello: “Ja. Chris und ich haben so viele gleiche Geschmäcker und Neugierden. Es ist gut, mit jemanden zu arbeiten, der deinen Geschmack kennt, der dir in dieser Richtung zuarbeitet…“

 

Michael Arens: “War das dann bei der Arbeit, beim Handwerk selbst im Studio, leicht umzusetzen? Und wie war das mit der Nina Simone-Thematik? Wie passte das alles zusammen? Ich erspare mir übrigens, dich nach dem Warum der Album-Thematik zu fragen. Ich glaube, dass jede ernstzunehmende Künstlerin aus dem Black Music-Bereich, insbesondere aus Soul, Blues und Jazz an irgendeinem Punkt ihrer Karriere Nina Simone als Inspiration sieht…“

 

Meshell Ndegeocello: “Ich habe mir natürlich Songs ausgesucht, denen ich gerecht werden kann. Nina Simone war eine sehr technische Sängerin. Sie hat schon gesungen, als es noch keine technischen Hilfsmittel gab wie etwa pitching und sogar bevor es mehrere Takes gab und mehrere Spuren. Ich bin nicht wirklich so gut. Ich habe mir also Songs ausgesucht, denen ich melodisch begegnen konnte oder die ich sonst musikalisch irgendwie abändern konnte. Mit der Band haben wir dann diskutiert, was wir von jedem Song wollen. Und manchmal funktioniert es schon beim ersten Versuch gar nicht und wir haben etwas ganz Anderes daraus gemacht. Deswegen habe ich genau die Musiker ausgesucht, die ich hatte. Es sind alles herausragende Musiker. Wir kommen alle aus einer Art Old School-Verständnis, in dem es keine Notwendigkeit gibt, etwas einfach zu zerstückeln oder schnöde rüber zu kopieren. Ich nehme meine Platten wie ein echter Jazz-Künstler auf. Der erste oder zweite Take muss es sein. Beim Dritten oder Vierten wäre vermutlich alles perfekt… aber wer will das schon…“

 

Michael Arens: “Eine Platte muss auch natürliche Fehler haben, damit sie erdig und lebendig klingt…“

 

Meshell Ndegeocello: “Genau. Das mit dem ersten Take ist mir wichtig. Allerdings singe ich meine Vocals auch nicht immer selbst, wie Nina Simone. “See Line Woman“ zum Beispiel war einer der Songs mit einem einzigen Take… Ich mag zwar Technologie, und damit umzugehen. Aber ich möchte am liebsten alles einfach immer schlichtweg gut spielen können. Das ist alles.“

 

Michael Arens: “War deshalb das Album bereits nach nur Rekordverdächtigen zehn Tagen im Kasten?“

 

Meshell Ndegeocello: “Deshalb, aber auch wegen dem Budget. Wir leben in einer neuen Welt, in einer neuen Realität. Auch deswegen versuche ich, Alben wie ein Jazz-Musiker aufzunehmen. Hoffentlich sieht auch meine Plattenfirma, dass ich das kann!“ (lacht)

 

© Michael Arens

 

 

Meshell Ndegeocello

 

 

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Aktuelles Album:

Meshell Ndegeocello -

Pour un âme souveraine-

A Dedication to Nina Simone

(Naïve/Indigo)

 

 

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