MICHAEL ARENS' SOUL TRAIN - Your monthly Mag for Soul, Funk, RnB, Smooth Jazz & Urban Grooves |
|
SOUL TRAIN-PORTRAIT |
|
|||
|
|||||
|
|
|
|||
|
|||||
Bazillus - Beat Kennel erinnert sich…
Anfangs der 50er-Jahre kam der “Entertainment Jazz“ in unsere Künstlerfamilie. Meine Eltern benützten diesen Sound auch für ihre legendären “Atelier-Haus-Feste“. Das war Jazz von Satchmo, Miller, Basie, Ella, Sinatra, Ellington usw. Mein ältester Bruder Maurice schickte uns 1957 nebst Super-Spider-Batman-Mad-Heften auch Jazzplatten mit Parker, Gillespie und Roach aus New York City.
Die Jazz-Eruption anfangs der 60er-Jahre war für mich eine der kreativsten Zellteilungen im Jazz: Für einen jungen Kunstschüler genau das richtige, um meinen progressiven Vater herauszufordern! Bei den expressiven Coltrane-Solos verließ er jeweils das Wohnzimmer.
Die neuen, zu 90% afroamerikanischen Jazzcats waren für mich das hipste, was es gab. Ihre abgefahrenen Sounds, ihre ausgesuchten Outfits und angesagten Platten-Hüllen (vor allem Blue Note!) haben mich definitiv sozialisiert. Dieser N.Y.-Groove kam über Vinyl auch nach Zürich und wurde von uns vereinnahmt, als hätten wir das alles selber kreiert. Waren wir cooool!
Als der legendäre Club “Africana“ 1967 geschlossen wurde, war es für mich Zeit, nach der Grafik-Lehre abzuhauen, um im Ausland zu arbeiten. Auch, um in der Fremde Schlagzeug zu spielen.
Kopenhagen und die freie dänische Gesellschaft waren eine Alternative und so kam ich dann 1967 im “Jazzhus Montmartre“ mit vielen bekannten Musikern in persönlichen Kontakt, wie Dexter Gordon, N.H.Ø.P. u.a. Bei Albert “Tootie“ Heath nahm ich Schlagzeug-Unterricht und spielte in einem Jazz-Quintet (mit Mads Vinding u.a.).
Inspiriert durch die Erfahrungen im “Jazzhus Montmartre“ und “Huset“ kam ich 1968 auf die fixe und verflixte Idee, in Zürich auch so ein Jazz-Haus zu realisieren. Ich erfand den Namen BAZILLUS. Wir fanden vorerst kein geeignetes Lokal. Bis 1970 waren es einzelne Konzerte und abgefahrene Projekte wie den Wiebelfetzer-Workshop mit 12 Musikern und ein großes Jazz-Spektakel mit 50 Musikern auf vier Bühnen. Ab April 1973 leitete ich bis 2013 mit verschiedensten Mitstreitern/innen an sieben verschiedenen Orten diverse Bazillus-Live-Klubs.
Zudem entstanden Festivals und etliche Musikproduktionen. Wenn die Klubs illegal (kein Ausschank-Patent) waren, operierte ich unter dem Decknamen “B-Flat“.
Erst Mitte der 80er-Jahre wurden seitens der Stadt Kulturgelder für unsere Ideen bewilligt. Ohne Unterstützung war es zwar cooler gewesen, finanziell aber auf die Länge nicht machbar. Mit Subventionen und Gönnergeldern kam zwar die finanzielle Absicherung, aber es folgten auch Abhängigkeiten. Ich fühlte mich als “Intendant“ bald wie ein Durchlauferhitzer von Kulturgeldern. Das hieß, auf Teufel komm Raus jeden Monat Musikprogramme zusammenzustellen. Subventionierte Klub-Kultur unterbindet eine freie Denkweise und macht es sehr schwer, neue Wege zu beschreiten. Das alte Lied.
Zürich ist eine der teuersten Städte der Welt. Für uns hieß das immer: Hohe Investitionen = hohe Mieten. Dadurch sieht man sich gezwungen, für bezahlbare Insider-Konzerte höchstmöglichen Umsatz an der Bar zu machen, was aber wiederum schwierig ist bei experimentellen Projekten. Ein Teufelskreis. Die Schließung des letzten www.bazillusclub.ch war auch eine logische Folge, weil die Miete einfach zu hoch geworden war. Zudem war ich nach 40 Jahren, zugegeben, etwas erschöpft. Bin aber trotzdem sehr glücklich, dass wir unsere “ad-hoc-Projekte“ an der Ausstellungsstrasse 21 über zehn Jahre live mitgeschnitten haben. Mit unserem “virtuellen Bazillus“ www.bazillusmusic.com können wir zeigen, was passiert, wenn Musiker in eigener Verantwortung und relaxter Atmosphäre frei musizieren können.
Anfangs der 90er-Jahre verließ ich die Jazz-Szene. Mein Ausstieg war erfolgt, weil ich eine gefühlte Überdosis hatte von den tausenden Jazz-Solos. Die kompositorische Ruhe, die in den 90ern international hörbar wurde mit der dank Sampletechnik produzierten Musik, die in den Clubs lief, erinnerte mich an den ruhigen Cooljazz von Miles. Meine neue Ausrichtung: organisiert “ad hoc“ spielen, rhythmisch interessant, wenig solistisch, aber trotzdem frei. Ich schloss mich mit Musikern zusammen, die diesen neuen Style reflektierten (Hip Hop, Funk, Elektro, natürlich auch aufgeschlossene Jazzer und vor allem die modernen Produzenten, die mit Laptops anrückten und neue, geile Beats einbrachten).
Ich bin zudem froh, dass ich einige der Jazz-Protagonisten der 60er-Jahre später backstage persönlich kennen lernen durfte. Es entstanden langjährige Freundschaften, unvergessliche Konzerte, Afterparties bis in die frühen Morgenstunden... auweia! In diesen 50 Jahren hatte ich auch mit allen hiesigen Musikern zu tun. Sie haben vor allem dazu beigetragen, dass wir die Bazillus-Institution so lange am Leben erhalten konnten.
© Beat Kennel |
|||||
Beat Kennel |
Bazillus |
||||
Bazillus-Aktivitäten chronologisch: 1969-73 Konzerte, Projekte und ein Festival 1973-79 Bazillusworkshop Albisriederplatz 1979-04 Neuer Bazillusworkshop, Ausstellungsstrasse 21 1980-82 Bazillus Musikrestaurant, Stampfenbachstr. – der größte BazillusKlub mit ca. 200 Plätzen 1984-87 Bazillus/Hotel Hirschen – der coolste Bazillus mit Hotel – erstmals Subventionen der Stadt 1988-90 das illegale B-Flat Weinbergstr. –in meinem ehemaligen Loft 1993-04 B-Flat Ausstellungsstrasse – Probelokal und illegale Konzerte 2004 endlich grünes Licht für einen Umbau in einen legalen Klubbetrieb 2004-2013 Bazillus ad hoc live club Ausstellungsstr. 21 www.bazillusclub.ch ab 2013 Bazillus goes virtual: www.bazillusmusic.com
© Beat Kennel |
|||||
Mehr Infos über Bazillus gibt es hier: |
|||||
|
|||||
|
|||||
|
|||||