Mélinée - Berline (Timezone Records)

Können sich Gegensätze, wie es so schön heißt, tatsächlich anziehen? Sicher ist etwas wahres an dieser oft so gedankenlos bemühten Weisheit, die im Falle von "Berline" der Wahlberlinerin Mélinée allerdings durchaus seine Berechtigung hat, zeigen doch bereits die erste Töne ihres wunderbaren Albums einen einzigartigen Wechsel zwischen fast sommerlichen, klassischen Franko-Chanson-Strukturen und einer überaus ungewohnten, raffinierten, frischen Verwendung ihrer eigenen, französischen Sprache und der angenommenen Deutschen.

Elegant erzählt das Album in der Folge die Geschichte Berlins und Mélinées Augenaufschlag in Richtung der der Befindlichkeiten der deutschen Hauptstadt und dem Deutschtum überhaupt. Mélinée webt so geschickt deutsche Begrifflichkeiten, Plattitüden, Begriffe, Parolen ein, nimmt den selbst ins Spiel gedrehten Sprachball auf, dem zarten Klangteppich eine stets aufblühende Vorwärtsbewegung zu geben - experimentelle Methode, die passt.

Dazu hat Mélinée die nahezu perfekte Stimme: klar genug, um Ausdrucksstark zu sein und zu bleiben, rau genug, ihr auch tiefgehende Momente voller Emotion und Lebenserfahrung abzunehmen und akzentuiert genug, auch dem strengen Ohr der deutschen Jazzpolizei bestehen zu können.

Nun ist nicht, um eine weitere Killerphrase zu verwenden, alles Gold was glänzt, und der Stilmix in Vernetzung mit dem Franko-Berlinern der elegant erscheinenden Hauptdarstellerin Mélinée nicht immer der leichteste, zugänglichste, doch das Albumerlebnis mit seinen immerhin 17 Titeln lohnt sich - gerade wegen der vielen verschiedenen Facetten der Musik als auch dem Motor von "Berline", einer authentischen Weltbürgerin namens Mélinée.

Ein prall gefülltes, optisch und haptisch schlicht wunderbares Äußeres macht "Berline" von Mélinée zu einem abendfüllenden Musikgenuss, dem man auch nach wiederholten Hören immer neue Aspekte und Emotionalitäten abgewinnen kann. Schön.

© Dominique Dombert-Pelletier