ALBUM-BESPRECHUNG / ALBUM-REVIEW

Anne Hartkamp & Thomas Rückert - Dear Bill (JazzSick Records/ESC Medien/In-Akustik)

Anne Hartkamp & Thomas Rückert - Dear Bill (JazzSick Records/ESC Medien/In-Akustik)

"Dear Bill", ein spontan entstandener Jam Session-Mitschnitt von Sängerin Anne Hartkamp und dem Pianisten ihres Quintetts, Thomas Rückert, sieht sich als Hommage an den großen, unvergessenen Jazz-Pianisten Bill Evans - der SOUL TRAIN berichtete wiederholte male über alle genannten. So weit, so gelungen.

Zugleich ist es erfreulich, dass hier eben nicht nur stupide Songs von Evans runtergespult und damit runtergespült werden, sondern durch die Vermischung mit eigenem Material und dem Nutzen von Bill Evans' Schaffen eher eine Sprungbrettfunktion zugeordnet wird - es geht um das Gusto Evans', und sei es nur im Bauchgefühl, das entsteht, wenn sich großartige Musiker wie etwa Bassist John Goldsby ebenfalls im Studio einfinden, ihrem spontanen Bauchgefühl freien Lauf zu lassen.

So entstanden ein Dutzend sehr persönlich, intim wirkender Songs, deren bescheiden klingendes und wirkendes Erscheinungsbild nahtlos ineinander zu fließen scheint, egal ob das Material nun von Giganten des Jazz und des Great American Songbook wie eben Bill Evans oder Johnny Mandel, Irving Berlin, Michel Legrand oder Alan & Marilyn Bergman (der SOUL TRAIN berichtete immer wieder über alle genannten) oder von Anne Hartkamp oder Thomas Rückert selbst stammt - das Songübergreifende, scheinbare Treiben lassen ist hier das Ziel.

Die Tempi von "Dear Bill" von Hartkamp/Rückert sind entsprechend entspannt und passt sich dem beseelten Bill Evans-Unterbau wunderbar harmonisch an - wer interpretatorisch hochtrabende Kopfschmerz-Soli mit Jazz-Polizei-Siegel sucht, wird hier kaum fündig, und das ist gut so.

Anne Hartkamp und Thomas Rückert gelingt mit "Dear Bill" eine magische, lebensnahe, griffige, bewusst und organisch entschleunigte Liebeserklärung an den Geist und die Seele des nicht nur in Jazz-Kreisen unvergessenen und hochverehrten Bill Evans - schlicht schön, das.

© Holger S. Jansen

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