MICHAEL ARENS' SOUL TRAIN - Your monthly Mag for Soul, Funk, RnB, Smooth Jazz & Urban Grooves |
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INTERVIEW / PORTRÄT / KONZERTBERICHT |
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Ova Steel / The Jim Rockford Band / Oliver Hanf “Pferdestall”, Schloss Westerholt, Herten-Westerholt, 06.03.2008 |
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The Jim Rockford Band |
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Soul im Pferdestall
Als ich vor einigen Monaten in der Lokalzeitung meiner Heimatstadt Herten, zugleich Sitz des SOUL TRAIN, ahnungslos über einen Artikel über ein anstehendes Soul-Konzert in einer kleinen, feinen hiesigen Lokalität (Bistro “Pferdestall“ des Schloss Westerholt, Herten-Westerholt, NRW) stolperte, ahnte ich freilich nichts von dem Hintergrund. Den Namen des Stars des Abends, Ova Steel, hatte ich zwar schon mal vernommen, sagte mir aber weiterhin nichts. Auch von der Backing-Band, der Jim Rockford Band, eine Soul-Cover-Band, sagte mir, da bin ich ehrlich, nichts.
Also ab ins Internet. Und da wurde mir bereits nach wenigen Klicks klar, dass es eine Pflichtübung für den SOUL TRAIN ist, die Nase und die Ohren in diese Veranstaltung zu stecken. Jeden ersten Donnerstag im Monat findet im bereits erwähnten „Pferdestall“ eine waschechte Soul-Party statt. Eine Live-Party. Die Jim Rockford Band fungiert dabei in der Regel als Band, lediglich die Sängerinnen und Sänger wechseln im monatlichen Rhythmus. Ron White, Deborah Woodson, Tesireé Priti oder eben Ova Steel, der gerne der “Ice Breaker“ genannt wird, sind dabei nur einige wenige der Namen, die auf der Veranstaltungsreihe, die seit 2005 ein fester, regionaler Bestandteil in Sachen Soul wurde, stehen.
Ova Steel
Im “Pferdestall“ angekommen, mache ich mich sofort daran, die Jim Rockford Band und Ova Steel unter Beschuss zu nehmen. Soul kommt zu Soul. Zunächst mal: Ova Steel war kurzzeitig die Stimme der Bad Boys Blue, stieg jedoch schnell wieder aus. Das Kapitel sollte erwähnt werden, baute darauf immerhin ein teil seines weiteren Erfolges als Soul-Musiker auf. Ola: “Mit Bad Boys Blue war das nur eine sehr kurze Zeit. Das war ja auch kein Soul. Eher Euro-Dance. Seit ich weg von den Boys bin, habe ich in vielen Bands gespielt… Soul, Reggae. Ich habe natürlich schon früher, auch schon vor Bad Boys Blue, Soul-Musik gespielt und gesungen. Ich habe dann, unter meinem eigenen Namen und mit anderen Bands, CDs gemacht. Seit langer Zeit bin ich jetzt nur noch unter eigenem Namen unterwegs. Sogar Weltweit - Südafrika, Finnland, Kanada, USA, England… Erst letzte Woche war ich für einen Auftritt in St.Moritz. Und heute Herten! Kleinere Gigs wie hier, aber auch größere, mit ein paar Leuten mehr…“
Bei so viel Soul im Blut bleibt eine tiefer gehende Diskussion um das Genre, um das sich offensichtlich nicht nur der SOUL TRAIN so bemüht, natürlich nicht aus. Und so melden sich immer wieder Günter Asbeck, Bassist und eine der eigentlichen Stimmen der Jim Rockford Band, und Rockford-Saxofonist Marc Leymann zu Wort: “Also die Liebe zum Soul ist natürlich groß. Aber deutsche Soulsänger gab es leider lange nicht, gibt es auch eigentlich erst in letzter Zeit wieder… Xavier Naidoo ist ja eigentlich auch ein Soulsänger. Es gibt viel mehr Mädels, die aus Deutschland kommen und soulig singen. Und natürlich die Amerikaner…“
The Jim Rockford Band - Definiton von Soul
Ova: “Jeder kann und sollte seine eigene Interpretation von Soul haben. Es ist halt, wie das Wort ja schon sagt, alles, was von der Seele kommt.“ Warum man ihn den Eisbrecher nennt, wird mir hinterher sofort von Beginn des eigentlichen Konzertes an klar: Er heizt ein. Und rückt schlagartig den Charakter der Jim Rockford Band ins richtige Licht: Denn die Band ist nicht nur eine Soul-Cover-Band, sondern zugleich auch eine Party-Band. Und als solches leistet sie auch heute, im “Pferdestall“, ganze Arbeit. “Wir sind eigentlich alles freiberufliche Musiker“, erklären sie, und ergänzen: „Wir arbeiten also nicht nur in einer Band. Immer Projektbezogen. Zum Einen, und das kann man ruhig sagen, ernährt einen die Mitarbeit in einer einzigen Band nicht mehr. Zum Anderen ist uns allen die Vielschichtigkeit wichtig. Das heißt, wir treffen uns alle andauernd irgendwo, in irgendeiner anderen Band, in unterschiedlichen Konstellationen usw. wieder, und spielen dann zusammen.“
Party-Soul
Und genau da hat Ova seine eigene Meinung, die so nur von einem echten “Ice Breaker“ kommen kann: “Wie du es fühlst, so bringst du es auch rüber. Das Publikum soll einfach eine schöne Zeit haben und die Musik genießen.“ Und wie es das tut. Auch, wenn die Location nicht die größte ist, brummt das Haus. Der Soul ist die Party. Die Rockfords dazu: “Heute spielen wir nur Covers, aber wir haben natürlich alle auch eigene Songs, die wir auf den entsprechenden Events spielen…“ und fügen augenzwinkernd hinzu: “Also heute Abend haben wir keinen künstlerischen Auftrag…“
Das ist freilich nicht böse gemeint und unterstreicht die Party, an der es allen liegt sowie den ungezwungenen, natürlichen Charakter, den die Band und Ova versprühen. Donnerstags im Pferdestall. Und doch schwenkt die Diskussion immer wieder zum Kern-Thema – zum Soul zurück. Asbeck und Leymann weiter: “Soul ist ja eigentlich auch eine alte Musik. Heißt ja heute auch RnB. Das ist dann mehr der aktuelle Soul, also fast eine andere Baustelle. Es gibt auch diese Soul-Enklaven wie Köln, Frankfurt oder auch Mannheim. Dort gibt es, wahrscheinlich wegen der Nachkriegs-Geschichte, viele Schwarze, die Soul machen. Viele sind auch hier hängen geblieben, weil sie in irgendwelchen Musicals wie “Hair“ mitgemacht haben.“
Soul-Lobby
Dass der Soul in Deutschland, verglichen zu Jazz zum Beispiel, all zu kurz gehalten wird, davon können auch die Jim Rockford Band-Mitglieder im wahrsten Sinne des Wortes ein Lied singen: “Soul ist vielleicht auch nicht so interpretierbar wie Jazz. Es sind ja auch eher Theoretiker, die Jazz hören. Soul dagegen ist im Ursprung ja Tanz-Musik. Aber das ist schon ganz komisch. Man hört nie mal ein Album, in Deutschland wird das immer einfach wegignoriert. Und Live geht das sehr viel über die Cover-Schiene. Du spielst halt die ganzen Klassiker von James Brown, Sam & Dave, Otis Redding, usw., aber dass was Modernes dazu kommt, ist halt relativ selten. Manche Sachen wie Amy Winehouse werden ja viel in der Mainstream-Presse besprochen. In der Bravo, den ganzen Jugendmagazinen, sogar im Spiegel. Und da frage ich mich natürlich, was Amy Winehouse im Spiegel zu suchen hat… von ihrer Drogenkarriere mal abgesehen. Nicht, dass sie nicht eine sehr gute Performerin oder Sängerin ist.“
Beyoncé, Amy Winehouse, Justin Timberlake, Duffy, Rihanna, usw. machen alle RnB und Soul im weitesten Sinne, werden aber nicht als die Vertreter dieser Musik wahrgenommen sondern als reine Pop-Acts. Und trotzdem besitzt der Jazz, obwohl er sich durch deutlich geringere Verkaufszahlen charakterisiert als der Soul und der RnB, eine große Akzeptanz, eine Lobby, und ein deutsches Bewusstsein - wie mir die Jim Rockford Band bestätigt: “Jazz ist ja eine sehr amerikanische Musik. Das ist Soul aber auch. Das komische ist, dass es beim Jazz so eine große Lobby gibt, obwohl Jazz viel weniger als Soul gehört wird. Ich glaube aber auch, dass Soul von vielen gehört wird, aber zu sehr mit amerikanischer Musik identifiziert wird. Das haben mir Leute sogar schon selbst gesagt. Diese Leute würden zwar zu einem Konzert wie heute Abend kommen und sich das ansehen, aber sich trotzdem keine fünf Soul-CDs kaufen. Würden sich da praktisch gesehen nicht so Reindenken. Komischer Weise. Das habe ich nie verstanden…“
Neues Material
Ob es da nicht an der Zeit wäre, auch mal die Jim Rockford Band auf CD zu bannen, frage ich und blamiere mich: “Ja, es gibt einige CDs.“, überraschen die Jungs mich. “Allerdings alle mit Coverversionen. Oliver (Hanf), der sonst auch ein fester Bestandteil der Jim Rockford Band ist, hat ein eigenes Album. Das Problem ist, dass wir eine Coverband sind. Wenn du ein Coveralbum aufnimmst, und dieses in Umlauf bringen willst, ist das sehr, sehr schwer.“
Und auch Ova Steel rührt die Werbetrommel: “Ich bin gerade aktuell im Studio dabei, eigene Songs aufzunehmen. Sogar jede Menge Songs. 14, um genau zu sein. Es wird überwiegend Soul sein, aber auch ein wenig Reggae und Hip Hop. Überwiegend eigene Sachen übrigens. Glaub es mir – das Album wird richtig Klasse; einschlagen wie eine Bombe!“ Wenn ich den Mann so auf der Bühne sehe, erwarte ich eigentlich auch nichts anderes. Seine Stimme ist klar, drückt die Party nach vorne, und hat dieses gewisse etwas, dass an einigen Eckchen seine Herkunft (Ova stammt aus der Demokratischen Republik Kongo, vormals Zaire) als Ahnung verrät. Was eben genau jenen Schmiss ergibt, den seine Stimme zum prädestinierten Werkzeug für waschechten Soul macht. Ein ausgezeichneter Entertainer ist Ova obendrein. Ist sich auch nicht zu schade, die Party mit Spielchen mit dem Publikum anzufeuern.
Soul, Soul, Soul
Doch zurück zum Anfang. “Die Jim Rockford Band ist ganz klar eine Soul-Cover-Band. Die Klassiker…“ stellt die Band noch einmal klar: “Die Sänger wechseln häufig und oft. Ova ist oft dabei, aber auch Sänger aus Holland, aus Bochum, etc.. Man findet in diesem Soulbandcoverwanderzirkus unfassbare Leute. Profis. Letztens habe ich mit einer Sängerin zusammengearbeitet, die mit den Preluders zusammen gearbeitet hat. Eine andere war mit Jan Delay im Studio. Wir haben alle mit einer Vielzahl an legendären Musikern zusammen gearbeitet. Zum Beispiel mit Rick Braun, Vonda Shepard, Peter White, Tony Scott, den Soul Cats bis zu den Soul-Legenden Bobby Byrd und George McCrae! Oder wir treffen Leute aus Casting-Shows, wie Deutschland sucht den Superstar… da tauchen auf einmal alle möglichen Leute auf. Leute wie Marla Glen zum Beispiel, die lange in Köln gelebt hat. Ich kenne alleine bestimmt 30 Leute, die bei ihr in der Band gespielt haben. Soul-Musik ist in Deutschland ein Sammelbecken für gute Sänger.“
Ob nun Soul oder Party, Party oder Soul, es wird jedenfalls nicht das letzte Mal sein, dass ich die Musik am „Donnerstag im Pferdestall“ genieße. Dafür ist mein Eindruck einfach zu sehr geprägt von der Spielfreude der Jim Rockford Band, die es schafft, mit minimalen technischen Equipment (aufgrund der sehr kleinen Location kamen die Drums vom Band) maximale Konzert- und Party-Power rauszuholen. Keyboarder Bobby ist es wohl im Besonderen zu verdanken, dass die Beats passgenau auf das Publikum strahlen. Zwar ist die Auswahl der Songs vom Kopfgefühl her leicht eigenwillig (u.a. “Georgy Porgy“ von Toto oder Gassenhauer “Sweat (A La La La La Long)“ von Inner Circle bis zu Stings “Fragile“, das aufgrund Günters überraschend sensiblen Soul-Gesang eines der besten Stücke des Abends wurde), doch die Party funktioniert. Und wie war das noch genau? Die Jim Rockford Band ist eine Party-Band. Eine Soul-Cover-Party-Band. Mit ganz viel Soul… und Ova Steel, der kurz vor Ende noch einmal zu mir kommt und betont, das sein kommendes Album echter Soul wird. Ich glaube ihm und seiner Stimme und Stimmung. Nachzuhören Donnerstags im Pferdestall Herten-Westerholt.
© Michael Arens |
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Ova Steel
The Jim Rockford Band
Mehr zur Jim Rockford Band gibt es hier:
The Jim Rockford Band:
JRB-Artists Jim Rockford Band-Management:
Günter Asbeck, Bassist: www.myspace.com/guenterasbeck
Marc Leymann, Saxofonist: www.myspace.com/marclyman
Oliver Hanf, Gitarrist: www.myspace.com/oliverhanf
Informatives rund um Ova Steel, die Jim Rockford Band, die Musiker und die Auftritte findet sich hier:
www.schlosshotelwesterholt.de/
www.viersen-live.de/Musiker.htm
Einige Links zu den Seiten diverser Jim Rockford Band-Solisten:
Tesireé Priti: Zeeteah: Pamela O’Neal: Worthy Davis: Ismael Diallo: Genuine Men: Alex Vesper: www.myspace.com/alexvespermusic
Mehr zum allgemeinen Thema Soul gibt es auf unserer Seite "PHILOSOPHIE": ...weiter lesen›››
Ova Steel
The Jim Rockford Band
Ova Steel & Michael Arens |
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Oliver Hanf - After The Years (Oliver Hanf)
Was soll ich sagen? Ich freue mich wie ein kleines Kind, dass endlich mal jemand in Deutschland den Mut hat, Soul zu machen. Oliver Hanf, Solo-Künstler und Gitarrist der Jim Rockford Band, ist mit „After The Years“ nicht nur ein wichtiger Schritt nach vorne für die deutsche Soul-Szene gelungen, sein Album gehört, ohne jede Übertreibung, zum Besten, was ich seit Wochen in den CD-Player bekomme.
Bewusst zähflüssiger, erdiger Soul, akkurate Spritzer aus Jazz, eine winzige Prise Rock und ein Schleier aus Blues-Atmosphäre zeichnen die elf Songs aus. Die durchweg von Hanf selbst und seinem Jim Rockford Band-Mitstreiter Günther Asbeck (sein Name wird in verschiedenen Quellen mit und ohne „h“ geschrieben) komponierten und produzierten Songs strotzen vor Leben, aber auch vor warmer, angenehmer Zurückhaltung.
Tesireé Priti und Sonia Kaitesi versüßen den Reigen durch samtene Vocals, die einfach nur ein rundes, wohliges Bild abgeben. Soulful. Groovy. Auch schon mal nachdenklich. Dabei ist das Album alles andere als langweilig und wechselt zwischen Midtempos, coolen Balladen und tiefen, an Southern Soul erinnernde, fast poetische Soulhymnen. Dass Hanf selbst den Gesang übernahm, spricht dabei alleine schon Bände.
Fazit: Ein Hochgenuss, und ein wichtiger Baustein in der Aufbauarbeit in Sachen Soul in und für Deutschland!
© Michael Arens |
Oliver Hanf "After The Years" (Oliver Hanf)
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