MICHAEL ARENS' SOUL TRAIN

 

 

 

 

 

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INTERVIEW

 

 

 

 

 

Titiyo - Soul Avantgarde

Aktuelles Album: Titiyo - Hidden (Titiyo Music/Despotz Records/Cargo Records)

 

 

 

Titiyo - Soul Avantgarde

Aktuelles Album: Titiyo - Hidden (Titiyo Music/Despotz Records/Cargo Records)

 

 
     

Schweden wurde im SOUL TRAIN ja bereits des öfteren erwähnt. Als eine Art neues Zentrum des Soul, als erfrischender Quell zeitgenössischer Musik mit Groove und Fingerabdruck macht sich das große Land im hohen Norden seit vielen Jahren, angefangen in den frühen Neunzigern, immer breiter, geht es um die Vorherrschaft in Sachen innovative Beats.

 

Titiyo dürfte vielen sicher als Teil dieser Initialzündung Anfang der Neunziger Jahre ein Begriff sein. Als fester Bestandteil, Frontfrau und Gründungsmitglied der Blacknuss Allstars, einer Art Talentpool der schwedischen Soul-, Funk- und Jazzszene mit Hauptaugenmerk auf Disco-Soul, auf Boogie der alten Schule, schrieb Titiyo schwedische und nicht zuletzt europäische Musikgeschichte.

 

Die Halbschwester von Neneh Cherry (erinnert sich noch jemand?) bildete gemeinsam mit Jennifer Brown und der zwischenzeitlich zum Superstar avancierten Robyn zum Kern jener Blacknuss Allstars-Verbindung, deren Alben bis heute Kultstatus haben.

 

Die Musik der Allstars sprach dabei aber eben auch nur jene an, die sich mit der Soul/Disco-Bewegung der späten Siebziger und frühen Achtziger Jahre identifizieren konnten (hierzu mehr im SOUL TRAIN-Interview mit John Morales: ...weiter lesen›››).

 

Titiyo Yambalu Felicia Jah, so ihr vollständiger Name, legt nun mit “Hidden“, ihrem fünften Studioalbum ihr neuestes Werk vor. Eines vorweg: Mit der im Funk und Soul geerdeten Titiyo der Neunziger Jahre hat das zunächst mal nur bedingt zu tun.

 

Denn bewusst wendet sich Titiyo, die ihr neues Werk selbst geschrieben hat, hier ab von alten, ausgetretenen Pfaden, derer sie Müde und überdrüssig geworden war. Zugleich, ist man ehrlich, waren ihre Solo-Alben seit ihrem Erstling 1990, “Titiyo“, immerhin nahezu 20 Jahre alt, stets von einem starken Hang zum Individualismus und einer grundsätzlichen Verweigerung dem Genretechnischen Schubladendenken gegenüber geprägt. Titiyo war musikalisch halt schon immer Titiyo, nicht mehr, nicht weniger.

 

“Hidden“ ist voll von Melancholie und Nachdenklichkeit, aber eben auch von schleppender Schönheit, bewusst bildhafter Mystik und einem durchgehenden, sehr zarten Soul-Gefühl. Irgendwie ein Album, dass ich so als nächsten logischen Schritt in Titiyos Karriere erwartet habe. Zumindest hat es mich nicht sonderlich überrascht, nach acht Jahren seit ihrem letzten Album “Come Along“ eine veränderte Titiyo vorzufinden.

 

Doch zunächst einmal möchte ich im Zuge des SOUL TRAIN-Interviews etwas ganz profanes von Titiyo wissen, etwas, das mich seit meinem Faible für das schwedische Soul-Mädel begleitet und beschäftigt – ihr Name. Titiyo: “Der Name Titiyo hat eigentlich keine Bedeutung. Mein Vater hat mir zwar gesagt, dass es soviel heißt wie “süßes Mädchen“. Als ich aber in die Heimat meines Vaters, Sierra Leone, kam und die Menschen fragte, sagten sie dort, dass es absolut gar keine Bedeutung hat.“ (lacht)

 

Dann also zum Soul. Denn der ist, trotz aller erst einmal offensichtlichen Abwendungen auf “Hidden“ für mich nach wie vor ein unter der Oberfläche hellwacher, wichtiger Bestandteil zumindest ihrer Stimme: “Meine Stimme birgt schon einen gewissen Soul in sich.“ bestätigt sie und ergänzt: “Auch, wenn die Musik erst einmal anders ist. Ich bin ja auch mit Soul aufgewachsen. Er war immer da und wird immer da sein. Zumindest als unauslöschliche Ahnung in meiner Stimme. Ich denke überhaupt sehr viel über meine Stimme und die Kontrolle darüber nach. Gerade auf diesem Album wollte ich keine übermäßigen Background-Vocals haben, sondern alles sehr sauber und aufgeräumt belassen. Einfach, aber mit einem starken Nerv.“

 

Dass das Album von bösen Zungen als “traurig“ bezeichnet wird, passt Titiyo gar nicht: “Ich würde es eher melancholisch als traurig nennen.“ erklärt sie und fährt fort: “Wenn man über schwedische Musik allgemein spricht, kommt dieses Wort, Melancholie, sehr oft vor. Wir Schweden sind allgemein sehr gut darin, sehr melancholische, dunkle Musik zu machen. Zugleich mit einem gewissen Glanz an der Oberfläche.“

 

Es dauerte geschlagene acht Jahre, bis Titiyo sich zu einem neuen Studioalbum, zu “Hidden“, bewegen konnte. Titiyo dazu: “Ich mache das jetzt seit etwa 20 Jahren. Da war es an der Zeit mich hinzusetzen und mir zu überlegen, was ich wirklich will und brauche - ich will ja nicht immer das gleiche machen. Aber dann macht man sich zugleich auch selbst Druck, herauszufinden, was wirklich wichtig ist, und was nicht. Ich hatte diese Zeit in meinem Leben immer mal wieder, wo ich einfach nur raus wollte und sogar einen völlig anderen Job suchte. Raus aus der Musik. Andererseits wäre es auch seltsam, wenn man diese Gedanken nicht hätte, wenn man immer nur den einen Weg weitergeht, ohne nachzudenken. Leer, so was. Und beängstigend.“

 

Wie kam es also schließlich und endlich zur Arbeit und zur Aufnahme des neuen Albums? Titiyo: “Ich habe zu Hause mit der Arbeit am Album angefangen. Ich war es immer gewohnt, mit anderen an Musik zusammen zu arbeiten. Aber es kamen einfach keine echten Ideen mehr aus mir heraus. Ich wollte also auch dieses mal mit anderen zusammen arbeiten, konnte mich aber nie richtig entscheiden. Ich war damit also irgendwie gezwungen, mich auf mich selbst zu konzentrieren. Mich hinzusetzen und zu sehen, was passiert. Ich bin dann zu allererst in einen Musikladen gegangen, und habe das scheißigste und schlechteste Keyboard verlangt, dass sie hatten. (lacht) Ich wollte überhaupt keinen Luxus, ich wollte wirklich von ganz unten anfangen. Von da aus ging es dann stetig bergauf. Ich habe viele Nächste zu Hause damit verbracht, und all diese Sachen, die jetzt auf “Hidden“ zu finden sind, aufgebaut. Nach etwa einem halben Jahr, als alles bereits zusammen war, fing ich langsam an, andere Leute zu kontaktieren. Sehr scheu und zurückhaltend. Ich habe dann mit ganz wenigen Leuten zusammengearbeitet, von denen ich wusste, dass sie mich und meine Musik verstehen würden. Ich habe bei der Entstehung nicht einmal an die Radiotauglichkeit oder sonstige derlei Dinge gedacht. Ich habe die Musik noch nicht einmal als Titiyos neues Album gesehen. Mir war klar, dass es mir eigentlich egal war, wenn die Songs NICHT im Radio gespielt würden. Fuck it! Ich hätte trotzdem nichts am Album geändert!“

 

Dabei und vielleicht deswegen scheint “Hidden“ mit Abstand ihr persönlichstes und intimstes Album zu sein, denn die Musik ist alles andere als Oberflächlich. Au contraire. “Hidden“ ist tief, intensiv, doppelbödig, ehrlich. Auch das bestätigt Titiyo: ““Hidden“ ist tatsächlich das erste Album, das ich als persönlich bezeichnen würde. Ich liebe alles, was ich bis dahin gemacht habe, aber es waren in der Regel die anderen, die bei meinen bisherigen Projekten den Ton angaben. Ich bin immer nur zu einem gewissen Stadium der Produktion eingestiegen und habe meinen Teil beigetragen. Bei keinem meiner bisherigen Alben war ich mein eigener Chef. Das ist bei diesem Album zum ersten mal der Fall!“

 

Böse Zungen sagen Titiyo ebenfalls einen krassen Bruch mit der Tradition nach, die sie in wichtigen Zügen mitgeprägt hat, schwedischen Clubsoul der Extraklasse, von dem, soviel Ehrlichkeit muss sein, “Hidden“ tatsächlich recht weit entfernt ist. Die Wahrheit ist so schlicht wie nachvollziehbar: “Es wurde einfach wirklich langweilig, immer dieselbe Sache zu machen. Soul, RnB… Ich würde ertrinken und verschwinden, hätte ich das noch mal machen müssen. Der Grund, warum ich in der Musikindustrie so lange überlebt habe und noch immer Alben verkaufen kann, ist doch, dass ich einfach loslasse und das mache, was von alleine passiert. Soul trifft auf Rock trifft auf elektronische Musik trifft auf akustische Musik. Tatsächlich kannst du gerade bei “Hidden“ hören, dass ich von Leuten wie Aretha Franklin oder Folk-Musik inspiriert wurde. Ich muss diesen Mix einfach machen. Nur einfach wieder Soul/RnB/Mainstream zu machen, würde mir einfach keinen Spaß mehr machen!“

 

Und dann, ganz zum Schluss unseres Gespräches, kommt Titiyo doch wieder zurück auf die Tugenden und auch ein wenig auf den Soul, der in Europa nicht nur in der Musik, sondern auch im Umgang mit Musik allgegenwärtig scheint. Soul nicht nur als Genre, auch als Gusto; als Ideal, die Welt zu entdecken: “Eine Menge Menschen besonders in Amerika, mochten meine Musik immer sehr. Allerdings waren sie auch immer sehr verwirrt. Haben nie wirklich verstanden. Ob ich nun weiß oder schwarz bin, ob ich nun Pop, Rock oder Soul mache. Und das ist das Gute an Europa, du kannst Musik machen, die total vermischt ist, ohne dass die Menschen den roten Faden in der Musik verlieren. Das kann ich an Amerika nicht so gut ab, dieses Schwarz- und Weiß-Denken. Mein Album, meine Musik, ist jedenfalls offen in alle Richtungen, für alle Genres. Und für Experimente. Ich denke, dass wir in Europa viel mehr mit Musik experimentieren. Gerade in Deutschland liebe ich das Publikum. Wenn ich in Deutschland auftrete, bin ich immer beeindruckt, wie positiv das Publikum ist. Und neugierig. Das ist sowieso erstaunlich an den Deutschen. Sie sind sehr detailverliebt. Besonders die Journalisten, mit denen ich spreche. Sie wissen ganz genau, wovon sie schreiben und sie kennen jedes Detail über meine Musik, wenn sie mit mir sprechen. Und so ist das auch mit dem Publikum. Ich liebe das.“

 

© DJ Dare  /  Fotos © Annika Aschberg

 

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