MICHAEL ARENS' SOUL TRAIN - Your monthly Mag for Soul, Funk, RnB, Smooth Jazz & Urban Grooves |
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Nicolay - Slow Food Soul Journey Aktuelles Album: Nicolay - City Lights Vol.2: Shibuya (Foreign Exchange/Hard Boiled/Groove Attack)
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Nicolay - Slow Food Soul Journey Aktuelles Album: Nicolay - City Lights Vol.2: Shibuya (Foreign Exchange/Hard Boiled/Groove Attack)
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Nicolay - Slow Food Soul Journey Aktuelles Album: Nicolay - City Lights Vol.2: Shibuya (Foreign Exchange/Hard Boiled/Groove Attack)
2008 hatten wir im SOUL TRAIN bereits das Vergnügen, Nicolay zu interviewen. Obwohl sein damaliges Album, “Time:Line“ vom Hip Hop-Duo Nicolay & Kay, an der Oberfläche eher dem Sprechgesang zugeordnet wurde, lag damals bereits eine erdige, soulige Tiefe vor, die uns überhaupt erst veranlasste, uns dem Thema zu widmen (hier geht's zum Interview mit Nicolay & Kay: ...weiter lesen›››).
In der Folge neigte sich Nicolays Musik, immer wieder begleitet von seinem kreativen Weggefährten Phonte Coleman (hier wären besonders die brillanten Alben von Foreign Exchange, wie sich Nicolay und Phonte für das Projekt nennen, zu erwähnen), nach und nach immer mehr in Richtung anspruchsvoller, irgendwie edel und auf selbstverständliche, unaufdringliche Weise exquisit wirkende Soul- und Clubmusik, die mit dem vorliegenden Album, dem zweiten Teil der “City Lights“-Reihe, “City Lights Vol.2: Shibuya“, ihren vorläufigen, kaum zu überbietenden Höhepunkt erreicht.
2006 war es, als Nicolay zu Besuch in Japan war. Ein Besuch, der seine Sichtweise von Musik und vom Leben selbst grundlegend umkrempeln sollte. Die Einflüsse waren so weitreichend, dass er diesen Erfahrungen gleich ein ganzes Album widmete – eben “City Lights Vol.2: Shibuya“, dass sich im Titel übrigens auf den wohl bevölkerungsreichsten Stadtteil und Schmelztiegel Tokios, Shibuya, bezieht.
Das Ergebnis ist für mich eines der besten Alben der vergangenen zwölf Monate, vermutlich sogar eines der konzeptionell besten Alben überhaupt. Auf der einen Seite strotzt das 15 Titel lange, zugleich bescheiden wirkende Werk (das mit drei Instrumental-Stücken als Bonus noch mal eine Besonderheit aufweist, die zu erwähnen mir an dieser Stelle sehr wichtig ist) vor japanischen Floskeln und Weisheiten, bietet Mitschnitte aus der Tokioter U-Bahn oder kleine Geschichten aus dem alltäglichen Leben, Nachtleben, Tokios an.
Auf der anderen Seite wurde das Ganze in teils Messerscharfe Soul-Grooves verpackt, die oft melancholisch wirken, mitunter nachdrücklich Basslastig sind, aber auch mal housig erscheinen oder an Hip Hop-Beats angelehnt sein dürfen.
Zugleich gibt es eine melodische, harmonische Vermischung mit hochaktueller elektronischer Musik, mit Versatzstücken aus House und Ambient und kurzen, sich in den Klangteppich wunderbar rührend eingebenden Folklore-Spitzen, die das Album zu einer echten, kleinen, kristallklaren Miniatur-Rundreise durch das Land der aufgehenden Sonne machen. Das alles auf einem extrem hohen produktionstechnischen Niveau, das einen wichtigen Fokus auf schiere Klangqualität legt.
Und dann ist da noch das Ausrufungszeichen des Albums: Carlitta Durand, eine junge Sängerin, die den echten, warmen, funkelnden Soul-Zucker in der Stimme hat und durch ihren Gesang bei vier der 15 ansonsten instrumentalen Stücke dem Gemälde “City Lights Vol.2: Shibuya“ erst die richtige Körnung, die edle Struktur und die Soul-mässige Nachvollziehbarkeit bringt.
Um es kurz zu machen: “City Lights Vol.2: Shibuya“ ist ein Meisterwerk, von dem wir in der SOUL TRAIN-Redaktion sicher noch in vielen Jahren sprechen werden. Hat man sich einmal darauf eingelassen, einem Album mit der gleichen Konzentration wie einem Film beim Kinobesuch zu begegnen, öffnet sich hier eine ganze Welt voller Bilder, Schönheit und Soul, die es so lange nicht gab und vermutlich auch lange nicht noch einmal geben wird.
Das alles rief selbstredend den SOUL TRAIN auf den Plan, um Nicolay, zusammen mit Phonte Arrangeur, Produzent und Mastermind des “Shibuya“-Projektes, gleich ein zweites mal auf seine musikalische Philosophie und das herausragende Album-Event namens “City Lights Vol.2: Shibuya“ anzusprechen…
Michael Arens: “Im SOUL TRAIN rede ich oft davon, dass es Alben gibt, die sich nicht durch einzelne Songs, sondern durch ihre Gesamtheit definieren. Die erst dann richtig Sinn ergeben, wenn man sie von Anfang bis Ende konzentriert anhört. Bei deinem aktuellen Album “City Lights Vol.2: Shibuya“ ist das definitiv so…“
Nicolay: “Das ist genau die Art und Weise, die ich mir von den Hörern wünsche, das Album von Anfang bis Ende durchzuhören. Mein Besuch in Japan 2006 war für mich mehr als nur die Motivation für das Album. Dort wurde mir damals klar, dass man sich immer für andere Dinge öffnen sollte, und alles mitnehmen sollte, was einem auf dem Lebensweg begegnet, anstatt sich ständig zu zensieren oder zu behindern, nur weil du denkst, dass es deinen Fans, deinen Freunden oder wem auch immer nicht gefallen könnte. Diese Japan-Erfahrung hat mir also eine Menge Extra-Freiheiten gegeben, wenn es darum geht, Musik zu machen.“
Michael Arens: “Es gibt viel Musik, die zwar ebenso harmonisch und melodiös ist wie “City Lights Vol.2: Shibuya“. Da fällt mir zum Beispiel das Smooth Jazz-Genre ein. Allerdings habe ich selten ein Werk gehört, das gleichzeitig so deep ist, bedeutungsvoll - tiefschürfend, sozusagen. Weißt Du, was ich meine?!“
Nicolay: “Ja, ja, sehr genau sogar. Eine Art roter Faden für mich, das Album und alle meine bisherigen Arbeiten, ist, dass es an der Oberfläche viel zu hören gibt, ich aber zugleich sehr viel Tiefe in die Musik einbringe. Eine Menge Schichten und sogar Gewicht, wenn man denn so will. Ich möchte einfach stets sicherstellen, dass ein Album auch nach wiederholtem Hören interessant ist. Dass man selbst nach dem 10. oder 15. mal noch Sachen hören kann, die einem zuvor noch nicht aufgefallen sind. Die Musik heutzutage ist allzu oft von der Stange, vorgefertigt, um den Massen zu gefallen. Wie Fast Food. Ich vergleiche unsere Musik, meine und Phontes, lieber mit Gourmet-Essen, Cuisine, wenn du so willst. Ein ausgewählter Geschmack.“
Michael Arens: “Verstehe. Slow Food sozusagen. Das passt auch wunderbar auf Carlitta Durand und ihre harmonische, zuckersüße Soul-Stimme, die mich ein wenig an die Brillanz einer Amel Larrieux erinnert. Gerade dieser sehr pointiert eingesetzte Gesang bringt dem Ganzen eine ziemlich exquisite Note und schafft eine wunderschöne Balance zwischen der zu erzählenden Geschichte und dem harmonischen, melodiösen Soul-Ansatz…“
Nicolay: “Ich wollte den Leuten, denen die reine Musik als solches wichtig ist, die Möglichkeit schaffen, einen leichteren Einstieg ins Album zu bekommen. Abenteuerlich zu sein ist eine Sache. Aber man kann nicht immer von Leuten erwarten, den Dingen, wie du sie siehst, folgen zu können. Besonders, wenn man etwas wie dieses Album macht, das irgendwie anders ist. Deswegen dachte ich mir, dass es eine gute Idee sei, einige Songs wie eine Art Buchende zu haben, eines am Anfang, eines etwa in der Mitte, eines am Ende, sozusagen als Führungslinie, um den Leuten den Einstieg in die Journey, die Reise, etwas leichter zu machen.“
Michael Arens: “Reise, Journey, ist ein sehr treffender Begriff für “City Lights Vol.2: Shibuya“!“
Nicolay: “Ja, darum dreht sich im Kern alles. Phonte und ich sehen dieses Album eigentlich als eine Art Audio-Postkarte. Eine Art akustische Erinnerung an all die Dinge, die ich in Japan sah.“
Michael Arens: “Ich muss noch mal auf Carlitta Durand zurückkommen, die eine absolut faszinierende Stimme hat. Der Name sagte mit, ehrlich gesagt, vor diesem Album, nichts. Erzähl’ mir mehr von ihr.“
Nicolay: “Carlitta hat diese Aura um sich, die man sonst nur von Produktionen großer Major-Labels hört. Ihre Stimme ist sehr rein, sehr unverdorben, ursprünglich, aber auch sehr leicht. Phonte und ich fühlten, dass sie genau die Richtige für diese Musik ist. Wir hatten bereits zuvor mit ihr gearbeitet, und sie hat noch nicht allzu viel Erfahrung in diesem Geschäft. Sie ist auch erstaunlich jung, gerade Anfang 20. Wir arbeiten gerne mit ihr, versuchen aber nicht, sie zu trainieren oder so was, da sie genau weiß, wer sie ist und was sie will.“
Michael Arens: “Vielleicht wäre es an der Zeit, ein Solo-Album mit ihr zu produzieren?“
Nicolay: “Ja, das ist derzeit ein Zeit-Problem. Aber wir arbeiten an der Idee…“
Michael Arens: “Zurück zum Album. Durch das ganze Album zieht sich diese Spur aus japanischen Sounds, vermeintlichen japanischen Musik-Anleihen und klassischen japanischen Instrumenten. Sind alle diese Sounds authentisch, oder hast Du Dinge auch, sozusagen, “auf japanisch getrimmt“?“
Nicolay: “Es ist ein Mix. Einige der Sachen sind Aufnahmen, die ich selbst in Japan gemacht habe. Kleine Dinge. Die Basis der Songs sind schon Sachen, die wir aufgenommen haben und dann mit den kleinen Details aus meinen japanischen Mitschnitten veredelt haben, um sozusagen die Collage drumherum zu kreieren. Ein Menge der Sounds des Albums, wie etwa bei “Meiji Shrine“ oder etliche Sachen am Anfang des Albums wie die Gebetsrituale oder die U-Bahn-Ansagen, sind beispielsweise alle an genau diesen Orten aufgenommen. Diese musikalische Schicht war mir sehr wichtig, da diese Effekte eine Art visuelle Komponente zum Sound hinzuaddieren. Es gibt der Sache eine Art Ambient-Effekt. Das hilft den Menschen, sich an diese Plätze, an Japan und Shibuya, zu versetzen.“
Michael Arens: ““Shibuya“ ist bereits das zweite Album der “City Lights“-Reihe.“
Nicolay: “Ja, ich sehe die Serie mehr als Album-Reihe, die irgendwie was mit eben genau diesem Thema zu tun hat: den Lichtern einer Stadt – City Lights. Obwohl der erste Teil sich mit New York, den Hip Hop- Wurzeln und so weiter befasste, steht mir dieser Teil in seiner Authentizität näher. “Shibuya“ ist auch deutlich elektronischer geworden. Ich mache ungern immer das gleiche. Deshalb kann ich mir bei einem möglichen dritten Teil auch vorstellen, dass es musikalisch wieder etwas komplett anderes sein wird. Es wird aber auf jeden Fall meine Erfahrungen widerspiegeln.“
Michael Arens: “Japan scheint ja, soviel ist sicher, einen großen Eindruck bei dir hinterlassen zu haben. Lass uns darüber noch mal sprechen, denn es ist ja die zentrale Aussage des Albums.“
Nicolay: “Ich habe schon eine sehr spezielle Verbindung zu Japan. Es ist eine der faszinierendsten Kulturen der Welt. Es gibt eine Menge Paradoxa in Japan. Auf der einen Seite gibt es eine Menge sehr alte, traditionelle, historische Dinge, die ihre Wurzeln oft vor tausenden von Jahren haben. Auf der anderen Seite ist die japanische Gesellschaft eine der modernsten der Welt. Und diese beiden Welten stoßen ständig aufeinander. Und genau das fasziniert mich.“
Michael Arens: “So oft, wie ich selbst das Album von vorne nach hinten durchgehört habe, kenne ich eigentlich schon deine Antwort, ich frage trotzdem: Möchtest Du den Lesern des SOUL TRAIN noch etwas Wichtiges in Bezug auf das Album mit auf den Weg geben?“
Nicolay: “Ja, dem Album eine Chance zu geben, sich so zu präsentieren, wie es gemeint ist: als Ganzes. Das Album sollte von A-Z durchgehört werden. Ich weiß natürlich, wie das ist. Ich selbst switche manchmal hin und her auf einem Album. Auf “City Lights Vol.2: Shibuya“ sollte man aber definitiv dem Ganzen als solches eine Chance geben und es komplett und der Reihe nach hören. Denn so macht es einfach deutlich mehr Sinn. Einzelne Stücke für sich selbst machen da nicht viel Sinn. Aber in der richtigen Reihenfolge, wo ein Stück in das andere überleitet, und die Stücke ineinander greifen, macht das Album richtig Sinn. Alben, die ich selbst wirklich mag, wecken in mir am Ende eines jeden Songs das große Verlangen, dass ich unbedingt den Nächsten hören will. Und das ist heute eine verlorene Kunstform, die ich mit “City Lights Vol.2: Shibuya“ hoffentlich wieder beleben konnte.“
© Michael Arens |
Nicolay
Nicolay
Aktuelles Album: Nicolay - City Lights Vol.2: Shibuya (Foreign Exchange/ Hard Boiled/ Groove Attack)
Nicolay ...there is a spirit in the city tonight...
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