CD-BESPRECHUNG / CD-REVIEW

Jeff Cascaro - The Other Man (Herzog Records/Edel/finetunes)

Paul Carrack - A Different Hat (Carrack-UK/Absolute/Universal)

Jeff Cascaro - The Other Man (Herzog Records/Edel/finetunes)

Das gibt es in Deutschland viel zu selten – Soul. Handgemachter, warmer, erdiger authentischer Soul, wie ihn Jeff Cascaro macht.

Bereits 2008 berichteten wir im SOUL TRAIN ausführlich über den Mann mit der beseelten Stimme, der Soul, Blues und Jazz gleichermaßen vereint (...weiter lesen›››).

Sein neuester Longplayer setzt stolz und wie selbstverständlich die Album-Reihe Cascaros fort, die 2006 mit “Soul Of A Singer“ begann, 2008 mit “Mother And Brother“ die Reifeprüfung ablegte und nun schließlich im neuen abendfüllenden Album “The Other Man“ gipfelt.

Was zunächst mal auffällt, ist einmal mehr der klassischste Baustein Jeff Cascaros und seinen Alben – seine Stimme. Diese ruht auch hier äußerst selbstbewusst und warmherzig auf einer fluffigen Wolke aus Glaubhaftigkeit und Nachvollziehbarkeit – man nimmt Cascaro jedes Wort der Dutzend Songs ab.

Das geschieht zugleich auf einem wohlwollenden Bett aus Rhodes, funky Basslinien, verspielten, aber zielgerichteten Grooves und handwerklich ausgeklügelten Akkorden, die stets glaubhaft darauf bedacht sind, gerade in den schnelleren Passagen zurückhaltend und irgendwie edel zu wirken.

Das alles klingt unglaublich lebendig und herzlich und macht keinen Unterschied zwischen gefühlvollen Balladen, Fußwippenden Midtempos oder schweißtreibenden Uptempos.

Einmal mehr gibt es hier ein Wiedersehen mit einigen der schillerndsten, zugleich zurückhaltend aufspielenden Figuren der mitteleuropäischen Soul-, Funk-, Blues- und Jazzszene wie Bassist Christian von Kaphengst (der SOUL TRAIN berichtete bereits mehrfach), Gitarrist Bruno Müller (war unter anderem Gitarrist bei Mezzoforte – der SOUL TRAIN berichtete: ...weiter lesen›››) oder Schlagzeuger Flo Dauner, um nur einige wenige zu nennen.

Der Fluss von “The Other Man“ ist dabei ein Ausgewogener, der es schafft, dem gerade in “ernsthafter“ Musik wie Jazz oder Blues so verpönten Unterhaltungswert eine wichtige Rolle zuzuschanzen - Co-Produzent Ulf Kleiner und Allroundtalent Jeff Cascaro schaffen es hier gemeinsam, Entertainment und Tiefgang in eine sehr natürlich wirkende Schnittmenge zu gießen, ohne irgendwie aufgesetzt zu wirken oder mit erhobenem Zeigefinger daher zu kommen.

Mal scheint waschechter Südstaaten-Soul durch das eng ineinander greifende Songgeflecht, mal ist es leiser, aber sehr lebendiger Blues, mal bewusst auf zeitgenössische Groove-Elemente ausgelegter Jazz mit Funk-Attitüde, die den gefühlten Kern von “The Other Man“ ausmachen.

Das alles ist umso erstaunlicher, ist das Album doch mitnichten ein Werk aus Birmingham, Alabama oder Memphis, Tennessee sondern eines des Soul Man aus dem strunzehrlichen Ruhrpott – vielleicht ist bereits diese Tatsache ein erster Hinweis auf das Wieso und Warum des Soul von Jeff Cascaro.

Diskutiert werden darf übrigens gerne, ob es denn nun zwingend notwendig war, eine erneute Coverversion des unvergleichlichen “Let’s Stay Together“ von Al Green mit auf das Album zu packen – sei Jeffs Interpretation auch eine noch so Gelungene.

Mir persönlich lag soundtechnisch und konzeptionell besonders am Intro und am Outro des Albums, zwei kurzen, aber unglaublich beeindruckenden Instrumentalen, die den Soul in Cascaro erst in einen abgerundeten, supergeerdeten Kontext setzen und aus “The Other Man“ von Deutschlands Soul-Stimme Nummer Eins, Jeff Cascaro, ein einfach richtig gutes, gesundes, ehrliches und fettes Soul-Album machen. Lecker.

© Michael Arens

Album des Monats

März 2012:

Jeff Cascaro -

The Other Man

(Herzog Records/

Edel/finetunes)

ebenfalls erhältlich:

UP